Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)
Bistro um die Ecke, wenn es etwas zu besprechen gibt, das andere nicht unbedingt hören müssen«, sagte er geradeheraus.
»Hm«, machte ich.
»Aber gutes Essen allein reicht heute ja längst nicht mehr aus, du musst den Frauen schon etwas Action bieten.«
»Hm«, machte ich. Bei diesem Thema schien er langsam aufzutauen.
»Meiner letzten Freundin habe ich was geboten, das wird sie den Rest ihres Lebens nicht mehr vergessen.«
»Ahm«, machte ich.
»Ein Flug mit einem Heißluftballon! Ich hatte ihr vorher natürlich nichts davon erzählt. Wir sind scheinbar ziellos raus aufs Land gefahren, und dann stand er da mitten in der Pampa.« Er packte sein Geschlecht, als würde ihn der Anblick des Heißluftballons noch heute in Erregung versetzen.
»Und das hat funktioniert?«, fragte ich erschrocken. Bei mir löste schon Treppensteigen leichte Schwindelgefühle aus.
»Es war ja nicht nur das«, fuhr er begeistert fort, »nach einer Stunde sind wir irgendwo zwischengelandet und haben mitten auf dem Feld fürstlich gepicknickt. Schampus, Käse und so was. Alles im Preis inbegriffen. Danach hat’s dann richtig funktioniert, wenn du verstehst, was ich meine.«
Ich nickte schnell in der Hoffnung, dass mir nähere Details erspart blieben.
»Würde ich immer wieder machen, kann ich dir nur empfehlen. Damit rechnet ja keine Frau.«
Derweil fragte ich mich, was Gunnar mit »gutes Essen allein reicht heute ja längst nicht mehr aus« gemeint haben könnte. Ob Jutta sich langweilte, wenn ich zum Abendessen nur klassische Musik anbot? Sollte ich etwa eine karibische Band engagieren, die im Hintergrund irgendwelche Samba-Rhythmen spielte?
»Aber steuern muss man das Dings nicht selbst?«, fragte ich vorsichtshalber nach.
»Um Gottes willen, nein!«
Tatsächlich dachte ich in diesem Moment ernsthaft daran, Jutta mit einer Heißluftballonfahrt zu überraschen. Denn wenn sie dieses Erlebnis wirklich nie mehr vergaß, hätte ich zumindest die verbleibenden Jahre Ruhe vor weiterer Action.
Auf dem Parkplatz vorm Squashcenter verabschiedeten wir uns. Ich nickte nur, ohne meine Hand zu bemühen, und ging zum Auto, während es bei Jutta erwartungsgemäß etwas länger dauerte.
»Na, gute Männergespräche geführt?«, fragte Jutta augenzwinkernd, als wir den Parkplatz verlassen hatten. Ich versuchte, Gunnars Golf Cabrio zu folgen, und drückte aufs Tempo.
»Ein richtiger Weiberheld, dein Gunnar«, sagte ich beiläufig. Dass sie mir überhaupt zutraute, »Männergespräche« zu führen, ließ mich wieder hoffen.
»Er gibt eben manchmal ein bisschen an.«
»Wenn es nur halb stimmt, was er erzählt hat«, sagte ich, während ich, ohne zu blinken, im dritten Gang abbog, »dann ist er ein ganz schlimmer Finger.«
»Eigentlich ist er ein netter Kerl«, sagte Jutta ungeachtet meiner schweren Anschuldigungen. Hörte sie mir überhaupt zu?
»Solange man nur beruflich mit ihm zu tun hat«, sagte ich herausfordernd.
»Auch privat ist er ein netter Kerl«, erwiderte Jutta zu meinem Entsetzen, »oder war es heute etwa nicht nett?«
Unterdessen fuhren wir Richtung Stadtautobahn. Was mir Gunnar an PS -Stärke voraushatte, machte ich durch meine rücksichtslose Fahrweise wieder wett. Ich ließ niemanden mehr vor. Ich ignorierte Zebrastreifen. Das gelbe Ampelsignal betrachtete ich als zusätzlichen Ansporn, über die Kreuzung zu rasen. In Tempo-30-Zonen fuhr ich locker das Doppelte. Ich befürchtete, dass ich bald auch in der Lage sein würde, jemanden zu vergiften.
Jutta hatte die ganze Zeit nichts zu meinem neuen Fahrstil gesagt. Vielleicht genoss sie auch nur die ungewohnte Action. Erst als wir an einer Kreuzung hielten und sie vor uns das große blaue Autobahnschild bemerkte, wurde sie stutzig.
»Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«
Ich reagierte nicht, denn zu meiner Linken stand Gunnar, der uns noch nicht gesehen hatte. Er trug eine dunkle Sonnenbrille, seine Zeigefinger tippten ungeduldig aufs Lenkrad. Ich tippte ebenfalls aufs Lenkrad, merkte jedoch schnell, dass mir die ungeduldige Ausstrahlung vollkommen fehlte. Stattdessen drückte ich jetzt mehrmals kurz hintereinander aufs Gaspedal. Der Motor schnaubte wie ein wütender Stier, der sich jeden Augenblick mit gesenkten Hörnern nach vorne stürzen konnte. Ich spürte die Kraft des Motors in meinem Hintern. Ich spürte die ungeheure Energiezufuhr, die mein leichtes Fußdrücken bewirkte.
»Ist das nicht Gunnar?«, fragte Jutta mit einem Mal in die angespannte Stille
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