Wollust - Roman
ungemacht.«
»Irgendwelche Kampfspuren?«
»Sieht eher so aus, als sei sie eine Schlampe und das hier kein Tatort.«
»Was ist mit kürzlichem Sex?«
»Keine benutzten Kondome. Das Zimmer riecht nicht sonderlich sauber, aber es müffelt auch nicht nach Sperma. Das Badezimmer ist ebenfalls schmuddelig, aber es gibt nichts augenfällig Grausiges wie blutige Handtücher oder Spritzer an der Wand. Und bei dir?«
»Für eine Schlampe hat sie gerade einen ziemlichen Großputz in ihrer Küche veranstaltet.«
Oliver blickte sich um. Wie bei ihrem ersten Besuch lag dreckiges Geschirr in der Spüle, und die Arbeitsflächen waren schmutzig. »Wie meinst du das? Das hier ist doch der reinste Saustall.«
»Aber sie hat ihren Kühlschrank ausgeräumt.« Die beiden sahen sich an. »Oder jemand hat ihren Kühlschrank ausgeräumt.« Marge legte ihre Hand um den Griff eines alten weißen Kühlschranks der Marke Amana und zog ihn ruckartig nach unten.
Ein Arm klappte ihnen entgegen.
Ein Körper kam nicht hinterher.
Die beiden Polizisten glotzten ins Innere des Kühlschranks. Der nackte Körper von Crystal Larabee war so fest hineingestopft worden, dass es nicht einmal der Schwerkraft gelang, sie aus ihrem kalten Sarg zu befreien. Jemand hatte die Einschübe entfernt, um genug Platz für den Körper zu schaffen. Sie war wie ein Akkordeon zusammengefaltet worden. Ihre Füße waren an den Knöcheln nach oben gebogen und ihre Beine an den Knien so abgeknickt worden, dass ihre Oberschenkel an ihrem Bauch und ihrer Brust klebten. Ihren Kopf hatte man nach vorne gezogen und nach rechts verdreht und dann zwischen ihre Knie und das oberste, nicht herausnehmbare Regal gequetscht.
Oliver stieß Luft aus. »Ruf du in der Gerichtsmedizin an. Ich hole das Tatort-Set aus dem Auto.«
Marge nahm ihr Handy aus der Tasche. »Wenn du unten bist, rede bitte mit Sela Graydon. Wir sollten sie im Auge behalten.«
»Als mögliche Verdächtige oder mögliches Opfer?«
»Im Moment halte ich sie eher für ein Opfer.« Marge wählte Deckers Nummer. »Wir wissen noch nicht, was hier abgeht. Und ganz bestimmt wollen wir keinen Fall, in dem zwei Freundinnen erledigt sind und die dritte als Nächste dran ist.«
Sela saß auf der Rückbank des zivilen Polizeiautos. Die arme Frau hatte ihr Abendessen erbrochen. Im Moment zitterte sie am ganzen Körper und schluchzte. »Warum … passiert … das alles?«
»Es muss Ihnen wie ein Alptraum vorkommen«, sagte Marge.
»Es ist ein Alptraum!« Sela schluchzte in ihr Taschentuch. »Ich habe Angst. Was, wenn das hier so etwas ist wie in einem
dieser Horrorfilme? Jemand … aus der Highschool hat es auf uns abgesehen und führt einen Rachefeldzug?«
»Leben Sie allein?«
»Ja.«
»Gibt es jemanden, bei dem Sie über Nacht bleiben könnten?«
»Meine Eltern…« Sie brach in eine neue Serie Schluchzer aus. »Ich will nach Hause!«
»Wo wohnen Ihre Eltern?«
»In Ventura.«
Ungefähr fünfundsechzig Kilometer von Los Angeles entfernt. »Ich glaube nicht«, sagte Marge, »dass Sie momentan in der Verfassung sind, selbst zu fahren. Ich könnte Ihre Eltern anrufen und sie bitten, Sie hier abzuholen?«
»Ich brauche mein Auto.« Sela putzte sich die Nase. »Ich muss morgens zur Arbeit fahren. Ich bin mit allem hintendran, weil ich so abgelenkt bin … wegen Adrianna.«
»Sind Ihre Eltern verheiratet?«
»Ja, natürlich.«
»Vielleicht können Sie gemeinsam herkommen und dann mit zwei Autos zurückfahren.«
Sela wischte sich über die Augen. »Ich rufe sie sofort an.«
»Davor würde ich Ihnen gerne noch ein paar Fragen stellen.« Marge schlug ihren Notizblock auf. »Wen soll ich wegen Crystal anrufen?«
»Oh Gott!« Die Tränen fingen wieder an zu laufen. »Vermutlich ihre Mutter. Sie lebt nicht mehr in Los Angeles. Sie ist weggezogen.«
»Haben Sie ihre Nummer?«
Sela schüttelte den Kopf.
»Wissen Sie, wie sie heißt?«
»Pandy Hurst.« Sela buchstabierte es. »Eine Abkürzung für Pandora.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wo sie jetzt wohnt?«
»Ich bin mir sicher, dass ihre Nummer in Crystals Handy gespeichert ist.«
»Gut. Wir werden sie finden.« Marge schwieg einen Moment. »Können Sie sich vorstellen, warum jemand Crystal und Adrianna so etwas antut?«
»Das Einzige, was mir dazu einfällt, ist dieser Kerl, mit dem Adrianna sich in der Bar unterhalten hat. Vielleicht ist er ein Serienmörder.«
»Ja, wir nehmen ihn schon genauer unter die Lupe. Unter uns gesagt, haben wir es
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