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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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vier.«
    Decker blickte auf seine Uhr. Jetzt war es fast drei. »Sie waren früh da?«
    »Ja, um aufzuräumen. Sie wissen ja, wie das mit den Bautrupps ist«, sagte Tinsley. »Sie verteilen ihren ganzen Scheiß übers Gelände. Ich versuche sie dazu anzuhalten, ihren Dreck abends wegzuräumen, aber wenn’s ein harter Tag war, lass ich’s sein. Es ist einfacher, selbst Klarschiff zu machen, wenn keiner von denen rumsteht. Und genau das habe ich getan. Wenn die Bauabnahme ansteht, muss die Baustelle sauber sein.«
    »Also waren Sie um dreizehn Uhr fünfundvierzig da … womit haben Sie unmittelbar nach Ihrer Ankunft angefangen?«

    »Zeugs eingesammelt. Nägel aufgehoben, übriges Holz aufgeschichtet, vergessenes Werkzeug eingesammelt, Müll weggeschmissen  … viel Müll.«
    »Hatten Sie einen Müllbeutel bei sich?«
    »Na klar.«
    »Wo ist der Beutel jetzt?«
    Tinsleys kniff verwirrt die Augen zusammen. »Weiß nicht so genau. Wahrscheinlich habe ich ihn beim Anblick der Leiche fallen gelassen.«
    »Wie lange waren Sie schon auf der Baustelle, als Sie die Leiche bemerkten?«
    »Vielleicht fünf Minuten. Ich sah ’ne Menge Fliegen und dachte, dass dort ein Scheißhaufen liegt, den ich wegputzen muss. Nicht dass ich oft Hundescheiße im Haus finde, aber ich dachte, was sollte denn wohl sonst so viele Fliegen anziehen?«
    »Und was haben Sie dann getan?«
    »Ich glaube, ich hab einen Plastikbeutel oder so was entdeckt, mit dem ich die Scheiße aufsammeln wollte. Danach verschwimmt alles. Ich könnte wohl geschrien haben. Dann habe ich gekotzt. Dann habe ich per Handy die Neun-Eins-Eins angerufen.«
    »Sie haben auch den Bauunternehmer angerufen?«
    »Ja, den auch. Er sagte mir, er würde sich verspäten und es hoffentlich noch vor dem Bauaufseher schaffen. Aber dann habe ich ihm von der Leiche erzählt und dass ich die Polizei angerufen habe und dass er die Bauabnahme abblasen soll.«
    »Und was haben Sie nach dem Anruf beim Bauunternehmer gemacht?«
    »Ich kann mich nicht genau erinnern … die Polizei kam ein paar Minuten später. Jemand sagte mir, ich solle im Auto warten, es käme gleich jemand zu mir. Ich sagte, mir sei ein bisschen schlecht, und dann gab mir jemand die Limonade. Und das war’s.«

    »Haben Sie den Leichnam berührt? Vielleicht nach dem Puls gefühlt?«
    Tinsley wurde grün im Gesicht. »Vielleicht. Ich kann mich nicht genau erinnern.«
    »Haben Sie sich das Gesicht genau angesehen?«
    »Nur flüchtig. Es … sie sah nicht mehr wie ein Mensch aus.«
    »Kennen Sie sie, oder haben Sie sie schon mal in der Gegend gesehen?«
    »Ehrlich, ich habe nicht lange hingeschaut.«
    »Würden Sie sich die Tote noch mal kurz ansehen, ob Sie sie vielleicht identifizieren können?«
    »Ich denke schon …«
    Decker ging mit ihm zu dem Leichnam. Die Gerichtsmedizin hatte ihr Okay gegeben, sie vom Balken zu schneiden. Nun lag sie auf einer Bahre mit einem Laken über dem Kopf. Die Spurensicherung nahm gerade ihre Fingerabdrücke ab. Decker zog sanft das Tuch weg, um ihr Gesicht zu entblößen. Es war immer noch rot und geschwollen, aber etwas weniger entstellt. Der Vorarbeiter starrte das Gesicht ein paar Sekunden lang an und wandte dann den Blick ab. Er schien seinen Mageninhalt zurückzuhalten. »Ich kenne sie wirklich überhaupt nicht.«
    »Danke für Ihre Mühe.« Decker führte ihn vom Tatort weg und ging mit ihm zum Streifenwagen zurück.
    Tinsley lachte gequält. »Wenigstens habe ich mich diesmal nicht übergeben. Wann kann ich gehen?«
    »Wir sind fast fertig«, meinte Decker. »Ich hätte es gerne, wenn Sie ganz genau aufschreiben, was Sie mir erzählt haben, inklusive der Tatsache, dass Sie den Leichnam nicht identifizieren konnten.«
    »Äh, klar. Kein Problem.«
    Decker reichte ihm einen Stapel gelbes liniertes Papier. »Sie können sich zum Schreiben in den Streifenwagen setzen. Ich nehme Ihnen die Limodose ab. Wollen Sie noch eine?«

    »Ja, wenn’s keine Umstände macht.« Tinsley übergab Decker die Dose.
    »Das macht es nicht. Könnten Sie mir gerade den Namen und die Handynummer des Bauunternehmers sagen?«
    »Er heißt Keith Wald. Die Nummer muss ich auf meinem Handy nachsehen, weil ich momentan zu durcheinander bin, mich daran zu erinnern, auch wenn ich sie schon tausendmal angerufen habe.«
    »Ich suche mir die Nummer auf Ihrem Handy raus. Wären Sie vielleicht damit einverstanden, dass ich Ihr Handy mal überprüfe? Ich hätte gerne die genauen Uhrzeiten Ihrer Anrufe.«
    »Klar.«

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