Wollust - Roman
hatte?«
Decker dachte nach und versuchte, sich Terrys Hände in Erinnerung zu rufen. Dann fiel sein Blick auf die Füße der Frau – mit knallrot lackierten Zehennägeln. »Bei unserem ersten Gespräch war sie barfuß, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass ihre Nägel lackiert waren.« Eine Pause. »Sie könnte es später noch gemacht haben, nachdem ich weg war, aber wie wahrscheinlich ist das, außer sie hat es im Schönheitssalon des Hotels erledigen lassen.«
»Ich ruf an und frage nach«, sagte Marge.
Er starrte das Gesicht an. »Sie ist es nicht.«
»Du bist dir sicher.«
»Fast.« Er betrachtete ihre Gesichtszüge und schüttelte dann den Kopf. »Haben wir irgendwelche Spuren – Samen, Fingerabdrücke, Schuhabdrücke, vielleicht ein paar Reifenmuster in diesem Bereich? Ganz schön staubig und dreckig hier, da sollte es uns doch gelingen, irgendwas vom Boden aufzusammeln.«
»Ich habe Müll eingetütet«, sagte Oliver.
»Hast du die Fundstellen markiert?«
Oliver hielt ein paar orangefarbene Kegel mit aufgedruckten Nummern in die Luft.
»Was hast du aufgesammelt?«, fragte Decker.
»Vor allem Einwickelpapier von Fast-Food-Sandwiches und Packungen von einem mobilen Schnellimbiss. Die Spurensicherung ist unterwegs, ebenso wie ein paar Rechtsmediziner aus der Crypt.«
»Wenn das hier eine Baustelle ist, frage ich mich, wo die gerade bauen?«, bemerkte Decker.
»Die bauen nirgends, weil sie darauf warten, dass der Bauaufseher alles absegnet. Der Termin war für vier Uhr heute Nachmittag angesetzt. Der Vorarbeiter, er heißt Chuck Tinsley, war als Erster hier und wollte über das Grundstück gehen und dafür sorgen, dass alles ordentlich aussieht. Er wartete gerade auf den Bauunternehmer und den Architekten, als er den Leichnam entdeckt hat. Er rief die Neun-Eins-Eins an und dann den Bauunternehmer, der bald eintreffen wird.«
»Wo ist Tinsley jetzt?«
Marge deutete auf einen Streifenwagen. »Er hat sich da rein verzogen. Soll ich ihn holen?«
Decker nickte, während er weiterhin die sich leicht hin- und herdrehende Leiche betrachtete. Seine Gedanken schweiften ab zu verschiedenen Plätzen in seiner Erinnerung, und keiner davon war angenehm.
7
Die hintere Beifahrertür des Streifenwagens stand offen, und eine Polizistin, die sowohl auf die Fracht als auch auf das Auto selbst aufpasste, direkt davor. Wenn Decker die Augen zusammenkniff, konnte er eine zusammengekauerte Gestalt auf dem Rücksitz erkennen, die die Arme so eng um den Körper geschlungen hatte, als steckten sie in einer Zwangsjacke. Als Decker sich dem Wagen näherte, nickte er der Polizistin zu und deutete auf die offene Autotür. Die Uniformierte beugte sich herunter und sprach zu dem in sich versunkenen Mann. Als er aus dem Auto stieg, zeigte sich, dass Tinsley durchschnittlich groß war, ein ziemlicher Kerl mit langen, muskulösen Armen, dunklen Augen, einem ausgeprägten Kinn und einem Gesicht mit getrimmtem Dreitagebart. Die Polizistin geleitete ihn zu Decker, der auf ihr Namensschild schielte.
»Danke, Officer Breckenridge, ab hier übernehme ich.« Er streckte dem Vorarbeiter seine Hand entgegen, der unter seinem Stoppelbart aschfahl war. Er hatte braune Augen, eine römische Nase und schmale Lippen. Seine Frisur bestand nur aus Wirbeln. Er schien so Mitte dreißig zu sein. »Ich bin Lieutenant Peter Decker.«
»Chuck Tinsley.« Er hatte eine tiefe Stimme, die momentan leicht zittrig klang. »Das hier ist… ich stehe ein bisschen unter Schock.«
»Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt, und auch ich habe einen ziemlichen Schock«, sagte Decker.
Tinsley lachte nervös. »Wenn Sie irgendwo was Erbrochenes sehen, dann ist das wahrscheinlich von mir.«
»Wie geht es Ihrem Magen jetzt?«, fragte Decker.
Er hielt eine Dose Limonade hoch. »Jemand war so nett, mir das hier zu geben. Ich glaube, die Polizistin da. Ich bin ein bisschen durcheinander.«
Decker zückte seinen Notizblock. »Warum erzählen Sie mir nicht erst einmal, was passiert ist?«
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Ich war früher hier, um aufzuräumen, bevor der Bauunternehmer kommt.« Er kaute auf seiner Lippe herum. »Dann habe ich die Leiche entdeckt.«
»Können wir noch mal kurz zurückgehen?«
»Klar.«
»Wann kamen Sie auf der Baustelle an?«
»Ungefähr Viertel vor.«
»Viertel vor was?«
»Oh, Viertel vor zwei. Dreizehn Uhr fünfundvierzig.«
»Und wann sollten Sie sich mit dem Bauunternehmer treffen?«
»Gegen halb vier,
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