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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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in E, oder?«
    »Ja, in E. Können Sie Noten lesen?«
    »Vom Blatt zu spielen ist noch besser«, sagte Gabe.
    »Sie liegen auf dem Klavier«, wies Mrs. Kent ihn an. »Decker, Sie helfen den Kleinen mit den Stühlen.«

    Gabe entdeckte in einer Ecke ein kleines Spinett, das zur Bühne hin ausgerichtet war. Die Marke war Gulbransen, also nicht gerade ein deutscher Steinway, aber man konnte ganz passabel darauf spielen. Er setzte seine Brille auf, dann berührte er mit den Fingern der rechten Hand die elfenbeinfarbenen Tasten vom mittleren C bis zwei Oktaven höher. Die Finger der linken Hand spreizte er vom mittleren C bis zwei Oktaven darunter. Dann spielte er die schwarzen Tasten. Der Klang entsprach ungefähr dem, was man von einem Klavier mit einem so kleinen Klangkörper erwarten konnte. Es war sauber gestimmt, auch wenn nicht alle Töne perfekt klangen. Das würde ihn stören. Alles, was nicht musikalisch perfekt war, störte ihn, aber er hatte gelernt, damit zu leben. Er ging selten zu Live-Konzerten außer auf die von Trash-Metal-Bands, weil dort der Sound sowieso verzogen und schief war, da zählten Tonlagen eh einen Dreck. Popsänger waren am schlimmsten. Trotz aller Computerprogramme in Tonstudios gab es nur sehr wenige Sänger, die immer jeden Ton trafen.
    Er warf einen Blick auf die Noten. Dafür brauchte man Stimmvolumen. Kein Zweifel, dass der Chor das Lied massakrieren würde, genau wie Hannah vorhergesagt hatte. Er mochte Hannah. Sie war freundlich, aber zurückhaltend. Sie machte Konversation, lenkte das Gespräch aber von allen privaten Themen ab. Sie war selbstbewusst, ohne arrogant zu sein.
    In dem Chor sangen dreiundzwanzig Kinder, aufgereiht auf den Setzstufen. Sobald die Lehrerin mit ihnen zu arbeiten begann, drifteten seine Gedanken ab. Ungefähr fünf Minuten später stellte Gabe fest, dass sie mit ihm redete.
    »Entschuldigung?«
    Mrs. Kent stieß einen dramatisch klingenden Seufzer aus. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie das Stück jetzt spielen könnten.«
    »Klar.«

    »Klar?«
    »Ja, klar.« Gabe lächelte. »Das ist nicht Rachmaninow.«
    Mrs. Kent sah ihn durchdringend an. »Sie müssen mit Hannah verwandt sein. Derselbe Humor.«
    Gabe lächelte wieder, enthielt sich aber eines Kommentars.
    »Wir können dann anfangen, wann immer Sie bereit sind.«
    »Ich bin bereit.«
    »Dann fangen Sie an.«
    Gabe verbiss sich einen Lacher. Kaum hatte er mit den ersten Takten begonnen, sah er, wie sich die Augen der Chorleiterin weiteten. Er fand es bescheuert, dass sie so geschockt war. Warum sollte er behaupten, er könne Klavier spielen, wenn er es dann nicht könnte? Es war eine motorische Fähigkeit – unmöglich so zu tun, als ob.
    Wie von Hannah zu Recht angekündigt, war der Chor grauenvoll; das Falschsingen kam besonders häufig bei den Sopranen vor. Seine Ohren litten Höllenqualen. Nach der Hälfte des Stücks hörte er auf zu spielen. Die Lehrerin unterbrach den Chor und fragte ihn, was los sei.
    »Ich will ja nicht vorlaut sein, aber das hier ist ein bisschen zu hoch für eure Stimmen. Möchten Sie, dass ich’s auf Es-Dur spiele? Oder vielleicht eine ganze Note runter auf D. Eigentlich versetz ich nur ungern Songs aus erhöhten Tonlagen in erniedrigte. Aber das ist meine persönliche Macke.«
    Mrs. Kent starrte ihn an. »So etwas können Sie?« Ohne seine Antwort abzuwarten, sagte sie schnell: »Ja, ich weiß, das hier ist nicht Rachmaninow. Okay, dann geben Sie uns die Ausgangsnote.«
    Gabe spielte ein D für sie, und sie sangen das Lied noch ein paar Mal. Es war immer noch furchtbar, aber wenigstens übertrieben es die Soprane nicht mehr so stark. Als Mrs. Kent fünf Minuten Pause ausrief, kam Hannah ans Klavier. »Es dauert ungefähr noch eine Stunde. Entschuldige, dass es so spät wird.«

    »Ich hab nichts anderes vor. Wenn dein Dad mir was zu sagen hätte, dann ruft er mich doch an, oder?«
    »Na klar. Tut mir echt leid.«
    Gabe zuckte mit den Achseln.
    »Dein Klavierspiel ist echt irre.«
    Gabe lachte. »Jeder Blödmann mit ein bisschen Übung könnte das spielen.«
    »Näh, das glaube ich nicht.«
    »Stimmt aber. Dafür, dass ich schon so lange spiele, müsste ich besser sein.«
    »Wie könntest du noch besser sein?«
    Sie hatte die Frage vollkommen ernst gemeint. Gabe musste lächeln. »Danke. Ich ruf dich an, wenn ich mal wieder was fürs Ego brauche.«
    »Wir sind ziemlich schlecht, oder?«
    »Nicht so schlimm.«
    Mrs. Kent kam zu ihnen herüber. »Wie lange werden Sie uns

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