Women of Primrose Creek 02 - Zeit der Liebe, Zeit des Gluecks
es genauso gut hinter sich bringen und alle wissen lassen, dass sie sich nicht von ihrer Missbilligung einschüchtern ließ. »In Ordnung«, stimmte sie zu, und sie musste ein wenig unsicher geklungen haben, denn sie sah etwas wie Mitgefühl in Webbs Augen.
Sie hasste Mitgefühl; es war nahe verwandt mit Mitleid, und das konnte Megan nicht ertragen. Vor Jahren, als sie und Christy mit der Frau, von der sie annahmen, es sei ihre Mutter, nach England gereist waren, wurden sie sofort nach St. Marthas gebracht, eine ehrwürdige Internatsschule, die von ihrem engli-sehen Stiefvater ausgewählt worden war. Dort waren sie als ungehobelte Kolonialisten aus einem Land betrachtet worden, in dem Sklaven gehalten wurden. Sie waren ohne einen Penny und krank vor Heimweh nach Großvater und der Farm gewesen, und diejenigen Schüler, die sie nicht verachtet hatten, waren voller Mitleid für sie gewesen. Einige hatten sie verachtet und bemitleidet.
»Was geht in Ihrem Kopf vor?«, fragte Webb geradeheraus.
Wieder fühlte sich Megan gezwungen, auf der Hut zu sein. Sie war nicht bereit, die Erinnerungen, die sie gelegentlich noch immer verwirrten, immer noch in den Winkeln ihrer Seele quälten, mit jemandem zu teilen. Sie hatte Skye nichts von diesen seelischen Verletzungen erzählt, nicht einmal Christy. »Ich habe daran gedacht, dass Sie Mehl und Zucker brauchen, ganz zu schweigen von Fett«, log sie. »Sind Hühner da?«
»Hühner?«, echote er, als hätte er das Wort noch nie gehört.
»Sie wissen doch«, erklärte sie fröhlich, »diese Tierchen mit Knopfaugen und Federn. Sie legen Eier und ergeben eine wunderbare Sonntagsmahlzeit, gebraten und mit Stampfkartoffeln serviert.«
In seinen Augen leuchtete wieder Heiterkeit auf. »Oh«, sagte er. »Die. Nun, nein. Ich nehme an, dazu bin ich noch nicht gekommen.«
»Sie müssen Hühner haben«, sagte Megan.
»Ich werde einen Hühnerstall machen, während Sie aus der Stadt besorgen, was Sie brauchen«, erwiderte Webb. »Es macht Ihnen doch nichts aus, allein zur Stadt zu fahren, oder?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte die Fahrt natürlich oft gemacht, und sie war es gewohnt, die Dinge allein zu erledigen.
Zwanzig Minuten später fuhr Megan im leichten Wagen ihres Arbeitgebers gen Primrose Creek, eine Einkaufsliste in einer Tasche ihres Kleides und eine hübsche Summe von Mr. Strattons Geld in der anderen. Es kam ihr in den Sinn, dass sie einfach weiterfahren, das Geld, den Wagen und das Gespann behalten könnte, doch sie erwog den Gedanken nie ernsthaft. Sie war keine Diebin, und sie würde nicht davonlaufen, wenn es sich vermeiden ließ. In der vergangenen langen Nacht hatte sie den Entschluss gefasst, sich zu behaupten und zu bleiben.
Einiges von diesem Vorsatz geriet jedoch ins Wanken, als sie schon angestarrt wurde, als sie die Stadt erreichte und über die Main Street fuhr. Entschlossen stoppte sie den Wagen vor dem General Store des alten Gus und band die Zügel des Gespanns fest, wobei sie aus dem Augenwinkel beobachtete, wie sich eine schnatternde Schar aufgetakelter Frauen auf dem Gehsteig vor dem Geschäft versammelte. Sie hörte das Getuschel, und das Blut stieg ihr ins Gesicht, doch sie schaffte trotzdem ein höfliches Lächeln. Schließlich war sie Schauspielerin gewesen, und eine gute obendrein.
»Ihre Augen trügen nicht, Ladys«, sagte sie, breitete die Arme aus und machte einen großartigen Knicks. »Megan McQuarry ist mit all ihrem Ruhm nach Primrose Creek zurückgekehrt.«
Die Frauen murmelten miteinander und tauschten Blicke, wie um sich gegenseitig zu versichern, ja, sie sahen tatsächlich dieses schamlose Weib, hörten tatsächlich, dass sie es wagte, sie in einer so unverschämten Art und Weise anzusprechen.
»Das ist die Höhe!«, sagte eine fette, weißhaarige Frau, kaum größer als die Jockeys aus Metall, die als Haltepfosten zum Anbinden von Pferden vor dem Farmhaus der McQuarrys gedient hatten. In ihrem schwarzen Kleid wirkte sie wie eine gedrungene Krähe.
Als irgendwo in der Nähe ein weibliches Lachen ertönte, wandten Megan und all die Ladys den Kopf und sahen Diamond Lil ein Stück entfernt auf dem Gehsteig stehen. Lil war ein prächtiges Geschöpf, groß und schlank, mit pechschwarzem Haar und bernsteinfarbenen Augen. Sie trug die jüngste San Franciscoer Mode in pinkfarbener und goldener Seide, und ihr mit Spitze besetzter Sonnenschirm war schon ein Kunstwerk an sich.
»Machen Sie sich nichts aus dem Begrüßungskomitee«, sagte
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