Women of Primrose Creek 02 - Zeit der Liebe, Zeit des Gluecks
Müßiggang.
Als das Essen vorüber war, verfütterte Megan die wenigen Reste an Augustus, der geduldig gewartet hatte, ausgestreckt auf dem Läufer vor dem Kamin in der Küche und ein Auge halb geöffnet, um die Vorgänge am Tisch zu beobachten. Die Männer bedankten sich höflich und gingen, einschließlich Jesse. Zu zweit und dritt verschwanden sie in der Abenddämmerung, Kaffeebecher in den Händen, bis Megan mit Webb allein war.
»Das war eine prima Mahlzeit«, sagte Webb. Er verweilte am Tisch, beobachtete sie, und das Licht der Lampen schimmerte golden in seinem Haar.
Sie lächelte ihn an. »Warum scheint es Sie stets zu überraschen, Mr. Stratton, wenn ich etwas gut mache?«
Er hatte den Anstand, gekränkt zu wirken. Er wurde sogar ein wenig rot am Haaransatz. Er musste sich dringend rasieren, doch in Megan stieg trotzdem der Wunsch auf, über seine Bartstoppeln zu streicheln. Umso mehr war sie darauf bedacht, Distanz zu ihm zu wahren.
»Ich meine, Sie sehen mehr wie eine Schauspielerin aus, weniger wie eine Haushälterin«, sagte er.
»Ich wusste nicht, dass Sie einen Bruder haben«, erwiderte sie, weil seine Bemerkung sie durcheinander brachte - auf nicht ganz unangenehme Art - und sie das Thema wechseln wollte.
»Ah, ja. Jesse. Er lief mir in Virginia City über den Weg. Es stellte sich heraus, dass er vor über zwei Jahren von zu Hause fortgeritten ist.«
Megan begann im Becken unter dem breiten östlichen Fenster Geschirr zu waschen. Dort fielen des Morgens die rosafarbenen und goldenen Strahlen der aufgehenden Sonne herein. »Von zu Hause?«, fragte sie sehr leise. »Sie meinen die Familienranch in Montana?« Wenn er nicht antworten wollte, wenn er die Frage zu direkt fand, konnte er immer noch so tun, als hätte er sie nicht gehört.
»Für mich ist das Zuhause hier am Primrose Creek«, sagte er ohne zu zögern.
Sie war seltsam erfreut über die Antwort, auch wenn sie den Verlust dieses Landes betrauerte, das einst ihr gehört hatte. »Warum sind Sie dort fort?«, fragte sie, spülte einen Teller und vermied es, Webb anzusehen. Was veranlasste sie, so kühn zu sein? Webb Strattons Vergangenheit ging sie nichts an.
Er schwieg lange. Dann seufzte er. »Ihre Familie ist eng verbunden«, sagte er. »Bei meiner ist das anders.«
Sie wartete.
»Wir kamen nie miteinander aus, Pa und ich. Tom junior - das ist unser älterer Bruder - und ich konnten es kaum im selben Zimmer miteinander aushalten.«
Bei seinen Worten empfand sie eine Seelenverwandtschaft mit Webb, denn auch sie hatte ihren Anteil an familiären Streitigkeiten erlebt. »Was ist mit Ihrer Mutter?«, fragte sie behutsam.
»Meine Mutter«, sagte er nachdenklich. Megan wagte es, aus dem Augenwinkel verstohlen zu ihm zu blicken, weil etwas an seinem Tonfall ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte, und sie sah, dass er in die Ferne starrte, die Hände um seinen Kaffeebecher gekrampft. Er schien etwas weit jenseits der Holzwand des Hauses zu sehen, das ihn stark beunruhigte. »Sie starb, als ich fünf war, und ich erinnere mich kaum an sie. Pa heiratete Jesses Ma, Delia, nachdem meine noch nicht mal ein halbes Jahr vorher verstorben war - in all der Zeit, die ich sie kannte, hörte ich ihn nie ihren Vornamen aussprechen. Er nannte sie stets nur >Frau<.«
Megan konnte nicht anders, sie trat hinter Webb und legte ihm leicht eine Hand auf die Schulter und fand Trost in der Tatsache, dass er sich nicht zurückzog. »Wie war sie? Jesses Mutter, meine ich?«
Er lächelte, doch ein Schatten von Traurigkeit senkte sich über seine Augen. »Zart. Hübsch. Fast noch ein Mädchen, als sie auf die Ranch kam. Sie verlor mehrere Babys, bevor sie es schaffte, Jesse zu empfangen, und dann starb sie an Fieber, als er erst drei war. Wir hatten keine Frau mehr im Haus, bis Tom junior aus dem Osten zurückkehrte und Ellie heiratete.«
Ellie. Irgendetwas an der Art, wie er den Namen ausgesprochen hatte, versetzte Megan einen Stich. Sie wartete, wagte nicht zu reden, doch er sagte nichts mehr über die Frau seines Bruders.
»Wie ist es mit Ihnen, Megan?«, fragte er mit rauer Stimme. »Haben Sie jemals Ihr Zuhause in Virginia vermisst?«
Sie dachte an die Farm im grünen und fruchtbaren Shenandoah Valley, an ihren geliebten Großvater, und ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken an alles, was sie geliebt, für sicher gehalten und schließlich verloren hatte. Einst hätte sie geantwortet wie Webb und behauptet, Primrose Creek sei der Platz, an den sie gehörte.
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