Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Titel: Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
kann der Altruismus zum Teufel gehen. Das Motto der wirklich Starken. Oder der unglaublich Egoistischen.«
    Wir schwiegen einen Moment lang. Dann fragte sie: »Wenn ich recht verstehe, sind Werwölfe also keine Kannibalen?«
    »Du meinst damit, ob wir Menschen fressen, nicht andere Werwölfe – das wäre streng genommen Kannibalismus.«
    »Du betrachtest dich also nicht als Mensch?«
    »Mal mehr, mal weniger. Ich persönlich sehe mich immer noch als halb Mensch, halb Wolf. Cla… andere tun das nicht. Sie betrachten Werwölfe als eine eigenständige Spezies. Ich versuche damit nicht, der Frage auszuweichen. Rudelwölfen ist es verboten, Menschen zu fressen. Es gibt keinen Grund dafür. Menschen zu fressen würde keinen Zweck erfüllen außer dem, einen Hunger zu stillen, den wir genauso gut an einem Stück Wild stillen können.«
    »So einfach ist das?«
    »Schön wär’s. Unglücklicherweise geht es nicht nur um den Hunger. Da gibt es auch noch den Jagdinstinkt, und ich muss zugeben, den befriedigen Menschen besser als jedes Tier.«
    Cassandras Augen glitzerten. »Das gefährlichste aller Spiele.«
    In diesem Moment dachte ich, wie seltsam es war, mit einer anderen Frau über diese Dinge zu sprechen. Ich schüttelte das Gefühl ab und fuhr fort: »Das Problem ist, es ist so schwer, zu jagen und dann nicht zu töten. Es ist möglich, aber gefährlich; man riskiert immer, dass man sich nicht mehr beherrschen kann, bevor man tötet. Werwölfe außerhalb des Rudels jagen, töten und fressen Menschen. Die Versuchung ist zu groß, und die meisten haben kein Interesse daran, ihre Impulse zu kontrollieren.«
    Der Kellner erschien wieder, um zu fragen, ob wir ein Dessert wollten. Ich wollte schon ablehnen, wie ich es meistens tat, wenn ich mit einer anderen Frau am Tisch saß; dann fiel mir ein, dass es diesmal nicht darauf ankam. Cassandra würde es nicht stören, wenn ich jetzt noch drei Stück Kuchen aß. Also bestellte ich Tiramisu und einen Kaffee. Beim Kaffee schloss Cassandra sich an. Als der Kellner sich abwandte, streckte sie den Arm aus und griff nach seinem Handgelenk.
    »Lieber entkoffeiniert, bitte«, sagte sie.
    Als sie sprach, ließ sie die Hand auf seinem Handgelenk liegen, den Daumen über dem Puls. Der Kellner war jung und auf eine mediterrane Art attraktiv, mit großen dunklen Augen und glatter olivfarbener Haut. Fiel ihm auf, dass sie seinen Arm zu lange festhielt? Keine Spur. Als sie ihn zurückrief und die Bestellung abänderte, hielt sie den Blick auf seine Augen gerichtet, als sei er der faszinierendste Anblick weit und breit. Und er starrte zurück wie eine Maus im Bann einer Kobra. Hätte sie ihn gebeten, mit ihr hinaus vor den Lieferanteneingang zu gehen, wäre er vor Eifer fast über die eigenen Füße gefallen. Als sie seinen Arm schließlich losließ, zwinkerte er einmal verblüfft, und dann flog etwas wie Enttäuschung über sein Gesicht. Er versprach, sich mit dem Kaffee zu beeilen, und kehrte in den Speisesaal zurück.
    »Manchmal kann ich kaum widerstehen«, sagte Cassandra, als er verschwunden war. »Selbst wenn ich keinen Hunger habe. Der Rausch der Macht. Eine hässliche Sucht, aber sehr schwer loszuwerden, findest du nicht?«
    »Es ist … reizvoll.«
    Cassandra lachte. »Bei mir brauchst du nicht so zu tun, als ob, Elena. Macht ist eine wundervolle Sache, vor allem für eine Frau. Ich habe sechsundvierzig Jahre lang als menschliche Frau im Europa des siebzehnten Jahrhunderts gelebt. Ich hätte für die Aussicht auf Macht einen Mord begangen.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem tückischen Grinsen. »Aber andererseits, genau das habe ich ja auch getan, stimmt’s? Die Entscheidungen, die man trifft.« Sie lehnte sich zurück und musterte mich; dann lächelte sie wieder. »Ich glaube, wir werden uns vertragen, du und ich. Ein seltenes Vergnügen, eine andere Jägerin zu treffen, die kein selbstbezogener Vampir ist.«
    Unser Kaffee und mein Dessert kamen, und ich fragte Cassandra, wie es war, wenn man so lange lebte wie sie. Sie unterhielt mich mit diversen Anekdoten, während wir unser Abendessen beendeten.
    Nach dem Essen wiederholte Adam Paiges Angebot, mich von ihnen zur Legion Hall zurückfahren zu lassen. Auch diesmal wollte ich schon ablehnen, aber Jeremy hatte die Frage gehört und bestand darauf, dass ich mit ihnen fuhr. Wahrscheinlich hoffte er, die beiden jungen Delegierten würden sich entspannter unterhalten, wenn die Älteren nicht in der Nähe waren. Ganz nebenbei

Weitere Kostenlose Bücher