Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
»Und wenn das Ganze jetzt ein Trick ist und er sich bloß Savannah sichern will?« –, schluckte meine Befürc h tungen aber hinunter, bevor ich anfing, wilde Anschuld i gungen hervorzustoßen. Lucas ve r traute seinem Vater, wenn dieser sagte, er würde Savannah zu uns bri n gen; also vertraute ich ihm auch.
Lucas rief bei Michelles Eltern an, entschuldigte sich d a für, dass er sie aus dem Bett holte, und erfand eine Story, die glaubwürdig erklärte, weshalb mehrere riesige Männer auftauchen und Savannah abholen würden. Jede n falls nehme ich an, dass er es glaubwürdig erklärte. Ich bekam kein Wort davon mit. Aber ich wusste genug von Lucas, um zu wissen, dass er durchaus in der Lage war, aus dem Stegreif die überzeugendsten Lügen zu fabrizi e ren – auch so etwas, das er von seinem Vater geerbt hatte.
Auf meine Bitte hin sprach Lucas auch mit Savannah. Und erzählte ihr was? Die Wahrheit. Dessen bin ich mir sicher. Wäre ich es gewesen, die mit ihr redete, hätte ich die Situation für sie geschönt. Ich konnte nicht anders. Das Bedürfnis, ihr das Leben leichter zu machen, war einfach zu groß. Also hätte ich ihr eine verharmloste Version erzählt, sie hätte zugehört und mich dann gebeten, ihr Lucas zu geben, um die Wahrheit zu erfahren.
Sobald Benicio fort war, kam Lucas zum Sofa herüber, setzte sich neben mich und griff nach meiner Hand.
»Alles okay?«, murmelte er.
Ich drückte ihm die Hand und brachte ein etwas blässl i ches Lächeln zustande. »Ich werde glücklicher sein, wenn sie erst hier ist, aber ja, alles okay.«
»Was diesen Fall angeht«, sagte er. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du ihn übernehmen willst?«
»Ich will ihn nehmen, aber –«
»Nach dem, was heute Nacht passiert ist, können wir uns den Luxus nicht mehr leisten, uns wegen möglicher Intere s senkonflikte Gedanken zu machen. Jemand muss dieser Sache nachgehen.«
»Du meinst also nicht, dass die Kabalen das erledigen kö n nen?«
»Jede einzelne Kabale wäre meiner Ansicht nach sehr wohl in der Lage, sich mit der Situation zu befassen. Aber gemei n sam? Gemeinsam operieren sie mit einem Bruchteil ihrer üblichen Effizienz.«
»Interne Machtkämpfe?«
Er nickte. »Genau das. Es ist, wie wenn sich zwei ve r feindete Nationen gegen einen gemeinsamen Gegner z u samme n schließen. Jede von ihnen wird den Feldzug leiten wollen. Keine von ihnen teilt alle Informationen, aus Furcht davor, Kontaktpersonen und Methoden prei s zugeben. Jede wird wollen, dass die anderen ihre Leute riskieren. Die Vorg e hensweise wird weniger beschlossen als ausgehandelt we r den.«
»Und währenddessen kommen noch mehr Kinder zu Sch a den.«
»Kollateralschäden. Ich will damit nicht sagen, dass den Kabalen nichts an ihnen liegt; sie sind keine Ungeheuer. Aber sie sind um die Prinzipien des Profitmachens und der Selbs t erhaltung herum aufgebaut. Diese Prioritäten stehen immer ganz oben, ob absichtlich oder nicht.«
»Aber offenbar sieht dein Vater all das voraus, sonst würde er dich nicht immer noch bitten, den Fall zu übe r nehmen. Warum sagt er den anderen Kabalen nicht ei n fach ›Danke für das Angebot, aber wir erledigen das a l lein‹?«
Lucas lehnte sich auf dem Sofa zurück. »Politik. Bei e i nem Problem dieser Größenordnung sind sogar meinem Vater die Hände gebunden. Wenn er die Kooperation ve r weigert, wirkt sich dies nicht nur auf sein Ansehen bei den anderen Kabalen aus, sondern sorgt auch für interne Zwistigkeiten. Seine Angestellten werden sich verständl i cherweise fragen, warum er zusätzliche Unterstützung ablehnt.«
»Dann hängt es jetzt also an uns. In diesem Fall will ich ganz entschieden –« Ich unterbrach mich. »Moment. Was ist mit Savannah? Ich kann sie doch nicht mitschleifen.«
»Ich hätte da einen Vorschlag. Jemanden, der sich um sie kümmern kann.«
Ich schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, wie ich bin. En t weder passe ich selbst auf sie auf, oder ich raste aus vor lauter Sorge. Ich traue einfach niemandem –«
Er teilte mir mit, an wen er gedacht hatte.
»Oh«, sagte ich. »Das könnte funktionieren.«
Benicio rief an, um uns mitzuteilen, dass Savannah im Flugzeug saß und kurz nach sechs Uhr in Miami sein wü r de. Lucas erzählte ihm von unserer Entscheidung – dass ich den Fall mit sofortiger Wirkung übernehmen würde. Was Lucas’ eigene Rolle anging, so hatten wir uns für Aufric h tigkeit und gegen jedes Täuschungsmanöver entschieden. Natürlich würde er mir
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