Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
Vom Netzwerk:
geht es: Man muss sich selbst aufmerksam machen – auf die Menschen und die Welt um einen herum. Es braucht Menscheninteresse und Weltinteresse. Und es braucht Wärme und Licht. Zuerst muss man für andere Menschen und für die Welt Interesse entwickeln. Man muss sich für das, was einem entgegenkommt, erwärmen können. Zu der Wärme kommt dann das Licht, indem man die Welt und die Menschen mit seinem Denken beleuchtet – das Geisteslicht, das Denklicht.
    Initiative kommt immer aus der Wärme, Reflektion kommt aus dem Kopf. Initiativ wird man mit dem Herzen, und der Kopf fragt dann: Halt mal, wo führt das hin?, und checkt, ob das auch der richtige Weg ist.
    Man kann nicht sagen: Ich will jetzt was ganz Tolles machen, ich lege mich mal einen Tag in die Tiefkühltruhe. Ein cooler Typ ergreift keine Initiative. Den muss man erst anfeuern. Erst wenn ein Funke überspringt oder die Leidenschaft entflammt, dann schreitet man zur Tat.
    Um sich für Evidenzerlebnisse zu sensibilisieren, sollte man hinaus in die Welt treten, mit Neugier und Offenheit schauen und sich darauf einlassen, wer und was einem begegnet und wofür man sich erwärmt. Jeder Mensch kommt ohne Bewusstsein auf die Welt. Erziehung ist nicht nur dafür da, Wissen zu vermitteln, sondern Erziehung muss ein Feuer entfachen. Gute Eltern, gute Freunde und gute Pädagogen sind in der Lage, die vorhandene Glut zu erahnen und entsprechend anzufachen – das Implizite explizit zu machen. Aber man muss sich auch selbst bemühen. Den roten Faden im Leben findet der Mensch nur, wenn er sich auf die Suche macht. Der Mensch ist ein suchendes Wesen, und das Leben ist ein permanenter Suchvorgang. Wer sich zurückzieht, wird nicht nur einsam, sondern lebt irgendwann nur noch abgekühlt. Irgendwann sitzt er ratlos vor dem Fernseher und weiß gar nicht mehr, was er eigentlich will, was ihm noch Spaß macht, wofür er lebt. Einen solchen Menschen muss man erst wieder hinausführen in die Welt und öffnen für das Funkenfeuer, das uns das Leben bereithält. Irgendwann wird auch er entdecken, welcher der für ihn richtige Weg ist. Der Schlüssel für Evidenz ist also Entwicklung von Weltinteresse und Menscheninteresse. Man muss sich Einlassen auf Welt und Mensch.
    Seelische Offenheit mit
selten harmonischer Begleitmusik
    Ein guter Arzt kommt oft über das Evidenzerlebnis zur Therapie. Zunächst macht er eine ausführliche Anamnese. Vielleicht fragt er den Patienten nach seinen Geschwistern, den Eltern und so weiter. Dadurch macht er sich mit ihm vertraut. Das geht nicht mit Coolness, sondern nur mit Wärme. Anschließend schickt er den Patienten ins Labor. Da werden Blutwerte und ähnliches analysiert. Anschließend betrachtet der Arzt durch die Wärme der Begegnung hindurch die nüchternen Werte und fragt sich, was sich ihm jetzt aufgrund der Anamnese und der Ergebnisse offenbart. Der Arzt sucht das Evidenzerlebnis.
    Dazu muss man die Menschen und die Welt an sich herankommen lassen und schauen: Berührt es mich? Lehne ich es ab? Was macht es mit mir? Das erfordert eine seelische Offenheit. Das ist kein akademischer oder wissenschaftlicher Weg. Es geht nicht darum, Vokabeln oder Grammatik zu lernen oder sich Techniken und Methoden anzueignen, sondern diese seelische Offenheit zu entwickeln und zu trainieren. Wenn man erst hinaustritt in die Welt, dann wirft einem das Leben eine Vielzahl von Bällen zu. Es geht dann nur darum, die richtigen aufzufangen. Es sind Angebote, die das Schicksal einem unterbreitet, und es braucht dann Geistesgegenwart und Evidenz, im entscheidenden Moment zu sagen: »Ja, jetzt greife ich zu!«
    Es ist selten so, dass es nur eine richtige Entscheidung gibt. Je nachdem wie ich mich entscheide, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Mit jeder neuen Möglichkeit, die sich bietet, muss ich mich neu entscheiden, immer auf Basis von Evidenz. Man bekommt eine innere Gewissheit, obwohl es keinen äußerlichen Beweis gibt. Man hat seinen persönlichen Polarstern vor Augen. Und dann weiß man immer ganz genau, wie es weitergeht.
    Man muss sich – wie Christoph Kolumbus oder Heinrich der Seefahrer – ins Ungewisse begeben. Damals war die Erde noch eine Scheibe. Es gab nur Küstenschifffahrt. Trotzdem wagt sich ein Mensch, obwohl er die Scheibe im Bewusstsein hat, immer weiter raus aufs Meer. Er sieht kein Land, nichts mehr. Er segelt einfach im Vertrauen darauf weiterzukommen. Durch dieses »Hinwegschreiten über die Übergänge«, wie es der Philosoph Johann

Weitere Kostenlose Bücher