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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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dass unter der Woche immer jemand bei den Kindern war für den Fall, dass Barbara wieder in eine manische Phase kam. Jeden Mittag fuhr ich – egal was in der Firma los war – zum Mittagessen nach Hause, so dass ich immer wusste, wie es ihnen und Barbara ging. Und an den Wochenenden war ich ebenfalls konsequent bei der Familie.
    Jedesmal wenn Barbara ins Krankenhaus musste, was immer häufiger vorkam, kümmerte ich mich um die Kinder. Die beiden Großen waren mittlerweile 12 und 13 Jahre alt und sorgten sich rührend um die kleine Bettina. Ich erinnere mich, wie meine Mutter irgendwann zu Cornelia, der Ältesten, gesagt hat: »Du, Cornelia, sei doch nicht immer so streng mit der Bettina!« Cornelia antwortete: »Ja, Omi, weißt du, die Mama kann nicht mehr und den Papa wickelt sie um den Finger. Also muss ich sie erziehen.« Süß war das, aber auch traurig. Als sie 16 Jahre alt war, habe ich Cornelia ein halbes Jahr nach Kanada geschickt, damit sie fern von allen familiären Problemen einfach mal unbeschwert Jugendliche sein konnte.
    In dieser Zeit lernte ich die Schwester von Götz Rehn kennen: Beatrice. Eine schöne, kluge, selbstbewusste Frau, die mich durch ihre Selbstständigkeit, ihre Sensibilität und ihr feines Gespür für Kunst und Musik beeindruckte. Sie hatte damals als Theaterpädagogin mit Waldorf-Schülern ein Theaterstück einstudiert. Es gibt wohl niemanden, der auf so feine, gleichermaßen inspirierende und warmherzige Art vor einen vollen Saal tritt, um ein Klassenspiel anzusagen. Ich war Anfang vierzig, sie Anfang dreißig. Obgleich sie also knapp zehn Jahre jünger ist als ich, war und ist sie mir immer eine ebenbürtige Gesprächspartnerin – und mehr noch: Erst mit ihr zusammen konnte ich die Tiefen der Anthroposophie ausloten, in ihrer Vielschichtigkeit erspüren und wirklich für mich als Erkenntnisquell nutzen.
    Erstmals begegnet war ich ihr schon Anfang der 1980er Jahre bei einer Veranstaltung, zu der sie ihren Bruder begleitet hatte. Es dauerte einige Jahre, bis wir uns näher kennen lernten und ich ihr Weihnachten 1985 den Katalog einer überregional beachteten Ausstellung mit Werken des Malers Carl Spitzweg mit zwei Eintrittskarten für das Münchner Haus der Kunst schenkte – mit dem Hinweis, dass sie sicher einen netten Menschen kenne, der sie begleitet. Im Januar kam sie erfreulicherweise auf mich zu, ob ich dieser nette Mensch sein möchte, und so fuhren wir ein Wochenende im Februar zusammen nach München. Dort entdeckten wir in der Alten Pinakothek bei der Betrachtung von Dürers Bild »Die vier Apostel«, wie nahe wir uns wirklich standen.
    Doch so sehr ich von ihr fasziniert war und mich ihr in Liebe verbunden fühlte, so sehr ließ mich meine gesamte Lebenssituation zögern. Schließlich konnte ich nicht sorglos mit ihr ins Glück starten, sondern musste sie warnen: »Du weißt, es gibt drei Kinder, die im Moment bei der Mutter leben. Aber ich weiß nicht, ob das so bleiben kann. Es kann durchaus sein, dass ich mich komplett um sie kümmern muss.« Beatrice antwortete ruhig und bedacht: »Wenn es so kommt, dann ist es unsere gemeinsame Aufgabe.«
    Einige Monate später ist es genau so gekommen. Plötzlich musste Barbara wieder für längere Zeit ins Krankenhaus, die drei Kinder standen vor der Tür, und in die kleine Wohnung, die Beatrice und ich uns gerade erst gesucht hatten, zog nun eine fünfköpfige Patchwork-Familie. In den nächsten Jahren kamen mit Michaela, Johanna, Sonja und Matthias noch vier gemeinsame Kinder dazu. Beatrice hat alle sieben Kinder gleichermaßen als ihre eigenen ins Herz geschlossen. Ich bin meinem Schicksal zutiefst dankbar, dass ich diese erfüllende Liebe zu ihr erleben und mich an dieser großen, bunten und harmonischen Familie erfreuen darf.

Wir können die Probleme der Welt nicht mit den Denkmustern lösen, die zu ihnen geführt haben.
Albert Einstein
    K APITEL 5  Miteinander-füreinander
oder wie eine »geringfügig Beschäftigte«
dm auf den Kopf stellte
    Eines Abends – es war Winter, schon dunkel, aber erst kurz vor 18:30 Uhr, also noch vor Ladenschluss – fuhr ich auf dem Heimweg mit dem Auto durch den Pfälzer Wald. Damals hatte ich noch das Prinzip, nie an einer offenen dm-Filiale vorbeizufahren. Es war wenig los auf der Straße, also beschloss ich, noch schnell den Umweg in die Filiale in Pirmasens zu machen. Die Stadt war schon ziemlich ausgestorben, die Bürgersteige beinahe hochgeklappt, und so huschte ich noch auf den

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