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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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Strichcode druckte am 1. Juli 1977 die Firma Wichartz aus Wuppertal auf ihre Gewürzmischung.
    Mir war das System auf Anhieb plausibel. Bereits ab 1978 beschäftigten wir uns bei dm intensiv mit den sogenannten Point-of-Sale-, kurz: POS-Systemen. Die erste Pilot-Scannerkasse installierten wir 1979, bis zum Jahr 1982 folgten sechs weitere Testinstallationen mit vier verschiedenen Systemen von drei Herstellern.
    Es ging um eine gewaltige Investition, denn derlei Technik war damals noch irre teuer. Aber ich war sicher: Das hat Perspektive! Ich erinnere mich, wie ich anfangs durch die gesamte Bundesrepublik gereist bin, um die Vorstände und Geschäftsführer unserer Lieferanten davon zu überzeugen, den Strichcode auf ihre Produkte zu bringen. Erst Mitte der 1980er Jahre wurde die Codierung zum Standard. Zeitweise behalfen wir uns mit einer sogenannten »Instore-Auszeichnung«. Das heißt, wir gaben jedem Produkt eine hauseigene achtstellige Nummer und zeichneten mit einem selbstentwickelten Codierungssystem jedes Teil selbst aus, damit wir es über den Scanner ziehen konnten.
    Ende 1982 entschieden wir uns für ein System von IBM. Stolz berichteten wir damals von der Leistungskraft der Kassen, die eine Diskette mit »einer Million Bytes«, kurz 1 MB, fassen konnte. Das würde heutzutage noch nicht einmal für den Kleinstcomputer einer Armbanduhr reichen. Was heute lächerlich klingt, war damals eine Sensation.
    Um die Daten auszuwerten, mussten wir auf einem der damals verfügbaren Computer, der vermutlich ein Tausendstel der Rechenleistung heutiger Mobiltelefone hatte, ein eigenes Programm schreiben, damit am Ende so etwas wie ein Gewinn- und Verlustrechnungsbericht herauskam. Auf diese Weise konnten wir automatisiert nachvollziehen, wann wir etwas ein- und wann wir es wieder verkauft hatten. Das war der Grundstock für unsere gesamte Prozesswirtschaft, die im deutschen Handel bald als vorbildlich galt.
    Professionelles Projektmanagement –
»Demokratie im Betrieb«
    Die Einführung dieser Technik verlief in einer für dm typischen Art und Weise. Es gab noch keine IT- oder, wie man damals sagte, EDV-Abteilung. Es hätte auch keine Experten für dieses Aufgabenfeld gegeben. Also bildeten wir zunächst kleine Projektgruppen, die sich in die jeweiligen Fragestellungen rund um Kassen und Materialwirtschaft einarbeiten mussten. Die Mitarbeiter hatten den Auftrag, gemeinsam eine Lösung zu entwickeln, und mussten sich dafür selbst organisieren. Die ersten Projektgruppen beschäftigten sich ausschließlich mit dm-eigenen IT-Systemen. Erst die Projekte 33–35 hatten nichts mit IT zu tun: »dm 33. Naturkern« drehte sich um die Einführung des Alnatura-Sortiments, »dm 34. Auszubildende« und »dm 35. FL-Ausbildung« beschäftigten sich, wie schon die Namen verraten, mit der Einführung einer systematischen Ausbildung bei dm.
    Nicht nur inhaltlich lernten wir dabei stets hinzu. Auch das Prinzip des Projektmanagements professionalisierten wir mit der Zeit: Aufgaben außerhalb der Tagesroutine – egal ob Veränderungen im Marketing oder Veränderungen im Organisationsablauf – werden bis heute in Projektgruppen bearbeitet. Wenn also jemand eine neue Idee hat, dann sucht er sich Verbündete und gründet ein Projekt. Beteiligt sind immer Menschen zweierlei Couleur: die, welche als Betroffene Sach- und Fachkompetenz mitbringen, und die, welche durch die Projektmitarbeit etwas lernen können.
    Jedes Projekt hat einen definierten Start- und Endpunkt und durchläuft verschiedene Phasen. Anfangs muss in einem sogenannten Projektpflichtenheft die Aufgabenstellung charakterisiert und beschrieben werden, was die Ziele des Projekts sind, was die Prämissen, was verändert werden soll, was in jedem Fall herauskommen sollte. Im Laufe des Prozesses werden diese Punkte immer weiter konkretisiert. Es gibt Protokolle jedes Projekttreffens. Die Arbeitszeit, die in das Projekt fließt, wird genau erfasst, die mit dem Projekt verbundenen Kosten werden kalkuliert und kontrolliert. In bestimmten Phasen ihrer Arbeit, etwa drei- oder viermal im Laufe der Projektarbeit, tritt die Projektgruppe an die Unternehmensöffentlichkeit. Dafür finden prinzipiell einmal im Monat Projektveranstaltungen statt. Die einzelne Projektgruppe meldet an, wann sie ihre Ergebnisse präsentieren will. Zuhören kann, wer interessiert ist, gezielt eingeladen werden mindestens Vertreter von jedem Ressort und aus den Filialen. Dabei gibt es sogenannte »Review-Punkte«,

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