Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)
Geschäftsführer der dm-IT-Tochtergesellschaft Filiadata und zugleich Mitglied der dm-Geschäftsführung. 2004 berief ich ihn zu meinem Stellvertreter. 2008 wurde er zum Vorsitzenden der Geschäftsführung gewählt.
Weil wir 1981 noch nicht wussten, wohin sich der zwanzigjährige Jungspund entwickeln würde, startete er mit einer simplen Arbeit: Es gab damals Beleglesemaschinen, die Formulare selbstständig lesen, erfassen und auf Datenbänder übertragen konnten. Allerdings mussten dafür die Belege mit Bleistift in Schönschrift ausgefüllt werden, was nicht immer hundertprozentig gelang. Die ersten drei Monate saß Erich Harsch darum neben der Maschine und musste jedes Mal, wenn sie stockte, weil sie eine unleserlich notierte Zahl nicht entziffern konnte, manuell nachjustieren. Die Arbeit war langweilig, aber wichtig. Dadurch kam Erich Harsch erstmals in Kontakt mit der Warenwirtschaft. Denn auf den Belegen hatten die Filialen ihren jeweiligen Wareneingang notiert, also Artikelnummern, Mengenangaben und dergleichen, wobei eben unglaublich viele Fehler passierten. Denn diese Listenschreiberei in Schönschrift war eine eher ungeliebte Aufgabe, die man schnell und ohne großes Aufsehens hinter sich brachte. Erich Harsch hatte also ordentlich zu tun.
Später entstand in diesem Zusammenhang übrigens die Idee, dass man nicht mehr die dm-Mitarbeiter den Wareneingang erfassen ließ, sondern die Zahlen von den Lieferanten erfragte. Denn die notierten ihrerseits, was sie geliefert hatten – und zwar sehr präzise, schließlich stellten sie auf dieser Grundlage ihre Rechnungen. Es war also nur die Frage, wie man diese Rechnungsdaten von den Lieferanten beim Wareneingang elektronisch erfassen und automatisch in unser dm-System transferieren konnte. Daraus erwuchs dann – versteht sich – ein Projekt »dm 16. Zentrale WE-Erfassung«. Das war komplexer, als es vielleicht klingt, denn es gab Hunderte von Sonderfällen. Aber das Ergebnis war beeindruckend: Der vorher fehlerhafte Prozess war am Ende umgedreht, vereinfacht und verbessert.
In der Projektarbeit lernte Erich Harsch in kürzester Zeit das ganze Unternehmen kennen; schließlich ging es immer um das Herz des Handels, das Warenwirtschaftssystem. Außerdem konnte er sehr schnell zeigen, was in ihm steckte: Er wurde nämlich Projektleiter. Das war für einen solchen Jungspund eine echte Herausforderung.
Als Teamleiter musste er dafür sorgen, dass sich alle Beteiligten an die vereinbarten Zeitpläne hielten, dass die Teilmaßnahmen wie geplant umgesetzt wurden und dass die Projektarbeit gescheit dokumentiert wurde. Er plante und moderierte die Arbeitstreffen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe also, die auch deswegen nicht ganz einfach war, weil der Berufsanfänger zusammen mit Teammitgliedern aus der Geschäftsführung, inklusive mir, dem Gründer und Inhaber persönlich, also mit erfahrenen und engagierten Managern, am Tisch saß, die wir alle unsere ganz persönlichen Vorstellungen und Überzeugungen hatten.
Erich Harsch war ruhig, zurückhaltend, aber gleichwohl durchsetzungsfähig genug, um uns selbstbewusst in der Sache zu begegnen und diese Feuertaufe souverän zu bestehen. Es war seine erste, aber beileibe nicht die letzte Begegnung mit dieser Art von Zusammenarbeit quer über alle Hierarchiestufen hinweg. Was wir in dieser Pionierzeit erstmals ausprobierten, sollte sich später immer wieder bewähren. Gerade im Bereich IT, wo die Mitarbeiter oftmals in recht kryptische Tiefen abtauchen müssen, ist es wichtig, dass man eine bewusste Zusammenarbeitskultur mit allen anderen Fachabteilungen entwickelt. Denn mit den Jahren wurden alle Prozesse immer mehr von EDV durchdrungen, und da wäre eine Trennung zwischen denen, die denken, und denen, die machen, fatal gewesen. Solche Lösungen muss man zusammen an einem Tisch entwickeln und partnerschaftlich voranbringen.
»Hier gibt’s kein Vertun!«
Bis sich die Scanner- und Strichcodetechnik in Deutschland durchsetzte, dauerte es mehr als zehn Jahre. Vor allem fehlte es an Vertrauen, dass die Maschinen und der Strichcode fehlerfrei arbeiteten. Noch 1989, also 15 Jahre nach der Erfindung der Scannerkassen, erschien im Spiegel ein höchst kritischer Artikel zu den »neuen Computerkassen«. Darin wurde moniert, dass bei Testkäufen Prüfer unterschiedliche Preisangaben auf dem Kassenbon und auf der Auszeichnung am Regal feststellten. Der Fehler beruhte nicht auf einem Defekt der Technik, sondern bestand darin, dass
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