Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)
an denen entschieden wird, ob die entwickelte Lösung tatsächlich umgesetzt und in allen Filialen ausgerollt wird. Bis dahin arbeitet das Projekt vollkommen abgelöst vom dm-Geschäft, sonst gerät das ganze System in Instabilität. Aber wenn der Review-Punkt erreicht ist, wird es ernst.
Die Zahl der Mitarbeiter variiert von Projekt zu Projekt. Einmal sind es vier oder fünf, einmal bis zu zehn Personen, die sich beteiligen, je nach Arbeitsumfang. Wir laden alle Mitarbeiter zur Teilnahme ein. Die Betroffenen, aber bei Bedarf auch Externe, also Lieferanten oder Kooperationspartner. Auf diese Weise lernen wir viel voneinander und entdecken sehr früh, an welchen Schnittstellen es Probleme geben kann.
Die Einführung eines Sortiments für den »Öko-Wasch-, Putz-, Reinigungsschrank« war das Projekt Nr. 81, das Projekt Nr. 191 kümmerte sich um »Bargeldloses Zahlen mit EC-Karte«, und die »Nachhaltigkeitsinitiative 2012« bekam die Projektnummer 536. Das größte Projekt in der dm-Geschichte trug den Titel »dm 286. Errichtung und Inbetriebnahme eines weiteren VZ für den dm-Drogeriemarkt« und beschäftigte sich mit dem 150 Millionen Euro teuren Bau des neuen Logistikzentrums Ende der 1990er Jahre. Dazu später mehr.
An den Scannerprojekten waren Michael Kolodziej und ich selbst beteiligt, sehr bald auch Erich Harsch. Von Michael Kolodziej ging im Wesentlichen die Initiative aus. Er war geradezu vernarrt in die Vorstellung einer vollautomatischen Disposition und verfolgte über Jahre sehr konsequent dieses Ziel, die Wareneingänge und Abverkäufe präzise zu verfolgen. Dabei hatte er immer das ganze Unternehmen und die Bestände im Blick, so dass anhand bestimmter Algorithmen die Filiale mit geringen Beständen bestückt und doch immer maximal lieferfähig war. Kolodziej ist nur wenige Jahre jünger als ich. Er hatte BWL studiert, dann bei Horten im Ruhrgebiet sehr jung Karriere gemacht und kam bereits 1976 als einer der ersten Bezirksleiter zu dm. Er tauschte damals eine führende Position mit Mahagonischreibtisch, schickem Dienstwagen und einer Kündigungsfrist von einem Jahr gegen einen Job mit einem alten Peugeot und anfangs nicht einmal einem eigenen Büro. Und das nur, weil er Lust hatte zu gestalten. Bei Horten wäre er immer nur ausführendes, kleines Kettenglied gewesen, solange er nicht im Vorstand saß. Bei dm hatte er von Anfang an Spiel- und Gestaltungsraum. Auch reizte ihn, der seine Diplomarbeit zu dem Thema »Demokratie im Betrieb« geschrieben hatte, die dm-Unternehmenskultur, die sich ja damals erst entwickelte. Immer wieder erzählt er gern den Dialog aus seinem Bewerbungsgespräch:
»Was soll ich hier bei Ihnen machen?«
»Alles, was zu tun ist. Wann können Sie anfangen?«
»In zwölf Monaten.«
»Gut, dann kommen Sie in zwölf Monaten, dann habe ich immer noch Verwendung für Sie.«
Die Offenheit in der Stellenbeschreibung und die Gelassenheit, mit der ich bereit war, im Zweifel sogar ein Jahr auf einen Mitarbeiter zu warten, haben ihn sehr beeindruckt. Aber in einem Pionierunternehmen gab es jede Menge zu tun, von dem man vorher nicht wusste, dass es zu tun sein würde. Und außerdem war mir klar, dass ich jemanden wie ihn in einem Jahr vielleicht noch dringlicher brauchen würde als an diesem Tag. Es wäre dumm gewesen, ihn deshalb abzulehnen. Und am Ende konnte er dann doch schon früher beginnen und avancierte schnell zum wichtigen Manager und Geschäftsführer. Er engagierte sich im Lauf der Jahre in so ziemlich allen Bereichen von dm, in Rechnungsprüfung, Buchhaltung und Finanzen; er hat die EDV mit aufgebaut, viel im Marketing gemacht und später dann die ganze Logistik entwickelt. Seit Dezember 2010 ist er Mitglied des dm-Aufsichtsrates.
Jungspund trifft Geschäftsführung –
partnerschaftlich ans Ziel
Der dritte im Scannerbunde, Erich Harsch, der 1981 aus Österreich nach Karlsruhe kam, war ein blutjunger Mitarbeiter und damals quasi noch grün hinter den Ohren. Er hatte nach dem Abitur vier Semester Jura studiert, aber angesichts der »Paragrafenreiterei« rebelliert und ohne Berufsausbildung bei dm Österreich angeheuert. Er wollte arbeiten, egal was, und suchte noch nach seiner Berufung. Sein Plan war, nach spätestens zwei Jahren und einer gewissen Einarbeitungszeit wieder nach Österreich zurückzukehren. Doch dann verliebte er sich in eine Karlsruherin, und seither lebt er in der Fächerstadt. Bei dm arbeitete er sich zügig in die EDV ein, wurde 1992
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