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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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um Hannah, zog
sie an sich. Sie schmiegte sich an ihn. Jamie O'Brien roch nach Staub und
Schweiß, sein Körper war so hart wie der Felsen, der sie beschützte. Als
Hannah spürte, wie seine Körperwärme durch ihr Kleid drang, fielen ihr wieder
die Geschichten am Lagerfeuer ein und was er von den Männern erzählt hatte, die
mit ihm in dieses Ödland gezogen waren, und von dem, was sie zusammengeschweißt
hatte. Dass sich Hannah derart zu diesem Mann hingezogen fühlte, schien
teilweise damit zu tun zu haben, dass er Australier, hier geboren war. Seine
Seele hatte von diesem alten Land ihren zündenden Funken erhalten, der ihn
nachdrücklicher als jedweden Einwanderer fest mit der roten Erde und mit den
Eukalypten verband.
    Hannah
wünschte sich nichts mehr, als bei ihm zu sein, ein Teil von Jamie O'Brien zu
werden, so wie sie sich wünschte, ein Teil von Australien zu werden. Sie wollte
beiden angehören. Ihr Herz indes sehnte sich weiterhin nach dem Mann, der sie
umfangen und geküsst hatte, als es auf Messers Schneide stand, ob die Caprica untergehen würde. Zärtliche Bande und gemeinsam
Überstandenes schweißte sie so mit Neal Scott zusammen, wie das kein anderer
verstehen konnte.
    Sie wollte
mit Neal Zusammensein. Aber gleichzeitig ...
    Jamie
wusste, dass es ein Leichtes sein würde, die Frau, um die er seinen Arm gelegt
hatte, zu küssen, an sich zu ziehen und auf der Stelle zu verführen. Aber
irgendetwas in seinem Inneren, bislang unbekannte Gefühle - Skrupel? - hielten
ihn davon ab.
    Er musste
nachdenken.
    Er entzog
sich Hannahs Wärme, schlüpfte aus der Decke und
begab sich zum Ausgang des Schachts, von wo aus man oben das leise Rauschen des
Regens vernehmen konnte. Noch nie hatte Jamie Betrachtungen über sich selbst
angestellt. Er kannte Australien wie seine Westentasche, aber die Landschaft
in seinem Inneren war ihm fremd. Man tat sich nichts Gutes an, so hatte er
immer geglaubt, den Dingen und vor allem dem, was sich in einem selbst
abspielte, zu sehr auf den Grund zu gehen. Von einem Tag zum anderen leben und
keine Fragen zu stellen, war Jamie O'Briens Devise.
    Jetzt aber
hielt er Rückschau auf sein Leben und sah manches mit anderen Augen. Hatte er
wirklich immer zum Besten seiner Kumpel gehandelt? Als großzügig hatte er sich
erachtet, selbst wenn er beim Kartenspiel schummelte; schließlich pflegte er
seine Gewinne mit den Freunden zu teilen. Andererseits: Wenn er sich auf etwas
versteifte, war die Idee dazu immer auf seinem Mist gewachsen, und seine
Kumpane hatten einfach mitgemacht. Nie war er auf den Gedanken gekommen zu
fragen: »Was hältst du davon,
Bluey?«
    Er dachte
an Hannah, die einen unerklärlichen Einfluss auf ihn ausübte. Sie war ganz
anders als diese aggressiven Bibelverfechter, die einem beim Verlassen der
Kneipen ihre Broschüren in die Hand drückten. Hannah schien weit davon
entfernt, ihm Moral predigen zu wollen. Sie erinnerte ihn an seine Mutter. Wäre
sein Leben anders verlaufen, wenn sie nicht so früh gestorben wäre? Wie weit
hätte er es durch ihren unaufdringlichen Einfluss gebracht? War es nicht das,
was jetzt Hannah Conroy bei ihm bewirkte? Jamie liebte sein Vagabundenleben,
machte Halt, wo es ihm passte, zog weiter, wenn die Ferne lockte, nahm
gelegentlich eine ehrsame Arbeit an, holte ebenso oft eine gewinnbringende
Spielkarte aus dem Ärmel.
    Hannah
hatte ihm keine Vorhaltungen gemacht. Umso kritischer betrachtete er sich
jetzt selbst. Und als er sein Leben Revue passieren ließ und seine
Handlungsweisen und Motive in die Waagschale warf - als sein Gewissen, das all
die Jahre über geschlafen hatte, erwachte -, wurde ihm etwas höchst
Erstaunliches bewusst. Vielleicht stand es ihm nicht unbedingt zu, alle möglichen
auf Geld versessenen Leute abzustrafen, nur weil sein Vater so ein gieriger
Knochen gewesen war.
    Er
räusperte sich. »Ich werd mit meinen Männern reden«, sagte er dann zu Hannah.
»Ich werd ihnen das von dem Skorbut sagen, und wenn sie einverstanden sind,
können wir morgen aufbrechen.«
    Morgen ...
»Noch vor Weihnachten werden wir uns wiedersehen«, hatte Neal im April gesagt.
Inzwischen war es Oktober geworden, bis Weihnachten waren es nur noch Wochen.
War er bereits in Adelaide und suchte sie? Versetzte er Liza Guinness in Angst und Schrecken, wenn jetzt offenkundig wurde, dass
Hannah nicht mit ihm aufgebrochen war?
    »Danke«,
sagte sie leise, während Jamie bereits den Schacht hochkletterte und in die
Nacht

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