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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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entschwand.
     
    32
     
    Sie
erwachte bei Tagesanbruch. Kaum hatte sie den Stollen verlassen, umfing sie
kühle Luft. Der Regen hatte Pfützen und größere Wasserlachen hinterlassen, in
denen sich flauschige Wolken spiegelten. So frisch und sauber wirkte alles.
    Wie die
blank geputzte Schiefertafel eines Kindes, die darauf wartet, wieder
beschrieben zu werden, dachte Hannah und streckte sich, um die verkrampften
Muskeln zu entspannen. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie sich in
der auf so wundersame Weise verwandelten Landschaft umsah. Sie hatte schon viele
Sonnenaufgänge in dieser Gegend erlebt, der die Männer den Spitznamen Coober
Pedy verpasst hatten und die ihr bislang wie eine unfruchtbare, leb- und
farblose Wüste vorgekommen war. Jetzt aber, da sich goldene Sonnenstrahlen über
die sandige Ebene legten und verwitterte Felsformationen ebenso beleuchteten
wie die vor nicht allzu langer Zeit von den Männern ausgehobenen Krater und
Geröllaufschüttungen, schien alles zu funkeln, wie mit Edelsteinen bedeckt zu
sein. In Salzsiedepfannen glitzerten regenbogenfarbene Ablagerungen von
Mineralien. Der Himmel, an dem Vögel ihrer Bahn folgten, schimmerte wie
Perlmutt. Wie durch Zauberhand bewirkt, sah Hannah kleine Eidechsen und Nagetiere
aus ihrem Unterschlupf auftauchen. Sie wusste, dass bald auch Blumen hier
erblühen würden, wenngleich nur für kurze Zeit. Und der Wind war frisch und
rein, verhieß einen neuen Tag und einen neuen Anfang.
    Unwillkürlich
musste Hannah an einige von denen denken, die sie seit ihrer Ankunft in
Australien kennengelernt hatte: an Lulu Forchette, die im Luxus gelebt und in
Wahrheit bestimmt nicht so geheißen hatte; an Mr. Day, den erfolgreichen Kioskbesitzer auf dem Victoria Square, der, wäre er
in England geblieben, noch immer Pferdeställe ausmisten würde; an Alice Starky,
jetzt Alice Star, die es mit ihrer goldenen Kehle vom Küchenmädchen zum
Publikumsliebling eines Varieté-Theaters gebracht hatte. Auch dieser Mr. Gladstone fiel ihr ein, der in Kirkland's Emporium aufgetaucht
war, ein Bader und Dentist, der sich großspurig »Doktor« nannte und in dessen
Praxis in der Hindley Street die Patienten Schlange standen.
    »Und wer
setzt dir Grenzen?«, hatte Jamie O'Brien im Stollen gefragt.
    Jetzt
vermochte Hannah darauf zu antworten: Ich selbst.
    Im Australia Hotel und auf der Schaffarm Seven Oaks, in Dr. Davenports Praxis und Lulu Forchettes Salon, wo immer Hannah vorstellig geworden
war, hatte sie ihre Visitenkarte überreicht, die sie als Miss Hannah Conroy,
diplomierte Hebamme, auswies.
    Ich habe
den Leuten gesagt, wer ich bin und was ich bin. Und wenn ich nun sagte, ich sei etwas anderes?
    Sie wandte
sich dem Lager zu, in dem nach und nach die anderen eintrudelten, erleichtert,
dass die Zelte noch standen und nur das Dach des Unterstands für die Opale
verbrannt, den Edelsteinen jedoch nichts passiert war. In diesem Unterstand
entdeckte Hannah auch Jamie, der mit Mike Maxberry in der Schlacke
herumstocherte. Als er aufschaute und Hannah bemerkte, ließ er alles stehen und
liegen und eilte auf sie zu. »Ich wollte grade runter und dich holen, Hannah.
Alles in Ordnung mit dir?«
    »Könnte
nicht besser sein, Mr. O'Brien.« Angesichts des kühlen Morgens schlang sie die
Arme um sich, wehrte sich nicht länger dagegen, dass sie diesen faszinierenden
Mann begehrte, sondern gestand sich vielmehr ein, dass sie ihn liebte. Sie
genoss dieses Gefühl, ohne daran zu denken, wohin das führen würde oder was
morgen sein könnte. Sie wusste nur, dass mit einem Mal die Zukunft glitzerte.
    Und wenn ich nun sagte, ich sei etwas anderes ...
    »Hannah«,
sagte Jamie und berührte ihren Arm, »sprich du mit den Männern über den
Skorbut. Frag sie, ob sie umkehren wollen. Wie immer sie sich entscheiden, ich
bin dabei.«
    »Danke«,
erwiderte sie, hingerissen vom Anblick seines dunkelblonden Haars, das in der
Morgensonne glänzte. »Zunächst aber möchte ich nach Mr. Gilchrist schauen.«
    Nachdem
sie sich überzeugt hatte, dass Ralph gut versorgt war, suchte sie ihr eigenes
Zelt auf und stellte erleichtert fest, dass im Inneren alles trocken geblieben
war. Sie machte sich frisch, und als sie wieder herauskam, sah sie, dass einige
der Männer sich mit Tee aus einem Kessel über dem Feuer bedienten und Trockenkekse
futterten. Das vorherrschende Thema war das nächtliche Unwetter, alle sprachen
gleichzeitig. Banger und Tabby trieben
derweil die Pferde zusammen, die - Wunder o

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