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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Patient zu
sich kommt. Ein kleiner Trick, den ich mir in Indien angeeignet habe.«
    Hannah war
verblüfft. Ihr Vater hatte für sein Riechsalz normales Speisesalz verwendet
und es mit einem Dutzend Tropfen Lavendel versetzt. Es wäre bei Weitem nicht
stark genug gewesen, um Donny Ritchie wiederzubeleben.
    Als Hannah
vorschlug, den Jungen nicht länger im Frachtraum zu lassen, stimmte Applewhite
zu. »Lassen Sie ihn in meine Kabine bringen. Die Krankenstube verfügt über
eine Koje und ist mit einem Bullauge ausgestattet, das frische Luft
hereinlässt.« Er händigte ihr das Fläschchen mit dem Riechsalz aus und sagte:
»Klopfen Sie dem Jungen auf die Wangen, bis er wieder ganz zu sich kommt, und
zwingen Sie ihn dann, Wasser zu trinken. So viel er verträgt und solange es ihm
nicht wieder hochkommt. Halten Sie sich daran, Miss Conroy. Sorgen Sie dafür,
dass er wach bleibt, zwingen Sie ihn immer wieder zu trinken. Ich kümmere mich
inzwischen um die neuen Fälle.«
    In diesem
Augenblick sank Agnes in sich zusammen. Neal hob sie auf und bettete sie
behutsam in eine Nische. Als er sich zum Gehen wandte, packte sie ihn
erstaunlich kräftig bei der Hand. »Passen Sie gut auf meinen Jungen auf«,
flüsterte sie. »Er ist alles, was ich habe. Seinetwegen habe ich diese Reise
auf mich genommen. Ohne ihn ist mein Leben sinnlos.« Obwohl der übel riechende
Frachtraum nur schwach erhellt war und das Schiff ächzte und knarrte, war Neal
von Agnes' weit aufgerissenen, flehenden Augen aufs Tiefste beeindruckt. Wie
gebannt stand er da, verspürte unversehens in seinem Inneren ein
unerklärliches Beben, das ihn erschütterte.
    Dr.
Applewhite trat hinzu. »Jetzt, da Ihr Junge in guten Händen ist, Madam, müssen
Sie an sich selbst denken.« Er winkte einen Bootsmann vom Niedergang herbei.
»Sie da! Machen Sie noch ein Fass mit Trinkwasser auf!«
    Als Neal
das Kind auf die Arme nahm, hörte er Mrs. Ritchie mit
schwacher Stimme flehen: »Barmherziger Gott, hol lieber mich als ihn.«
     
    3
     
    In dem
winzigen Abteil, das an die Kabine des Doktors grenzte, füllte die eine Wand
eine schmale Koje aus, auf der anderen befanden sich Schränke und Regale, die
vollgestopft waren mit allem, was für eine medizinische Versorgung benötigt
wurde. Alles in allem war es im Raum derart beengt, dass Neal Mühe hatte, Donny
in die Koje zu betten. Dann machte er Hannah Platz. Sie kauerte sich neben den
Jungen und klopfte ihm, wie von Dr. Applewhite demonstriert, auf die Wangen.
»Ich weiß nicht, wie lange ich das durchhalte«, meinte sie, während sie das
Riechsalz unter Donnys Nase hin und her bewegte. Als Donny unversehens
aufwachte und nach Luft schnappte, setzte sie ihm den Wasserbecher an die
Lippen. Der Junge trank mit geschlossenen Augen, sank dann in ihren Armen
zusammen. »Eigentlich ist das brutal. Aber anders kriege ich kein Wasser in
seinen Körper. Und wenn er nicht genug trinkt, wird er unweigerlich sterben.«
    Sie wandte
sich Neal zu, der sich immer wieder umschaute. »Was ist denn, Mr. Scott?« Und
als er schwieg und weiterhin in den Gang starrte, so als lauerte dort Gefahr,
wiederholte sie: »Mr. Scott, was haben Sie denn?«
    »Entschuldigung«,
stammelte er und riss sich zusammen. »Ich hab nur nachgedacht ... Agnes Ritchie ... über etwas, was sie geäußert hat.«
    »Was
denn?«
    Angestrengt
kräuselte er die Stirn, war nicht in der Lage, seine Gefühle in Worte zu
fassen. Aus für Neal unerklärlichen Gründen hatte die Schottin ihn tief im
Herzen, in seiner Seele berührt.
    Noch nie
war ihm so etwas widerfahren. Er konnte die Erinnerung an ihre großen Augen,
ihre flüsternd vorgebrachte Bitte an Gott einfach nicht abschütteln. »Hol lieber mich als ihn ...«
    »Miss
Conroy«, sagte er unvermittelt, selber verblüfft über das, was ihm da gerade
durch den Kopf schoss. »Ich möchte gern etwas versuchen, allerdings brauche ich
dazu Ihre Hilfe.« Er wunderte sich selbst über das, was er da sagte, über das
gewagte Experiment, auf das er von einer Sekunde zur anderen verfallen war. Es
hatte mit Donny und seiner Mutter zu tun, aber da war noch etwas anderes, ein
bislang unbekanntes Gefühl, das in ihm aufwallte, das er nicht benennen konnte
und das ihm klarmachte, dass er einer spontanen Eingebung folgte. Er musste
einfach so handeln. Den Grund dafür würde er später herauszufinden suchen.
    »Ich würde
gern das Porträt des Jungen fotografisch ablichten.«
    »Porträt!«
    Je klarer
ihm sein Vorhaben vor Augen stand, umso

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