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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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mehr mit so viel
Engagement gearbeitet. Genauso wie ihm seit langem die Gesellschaft einer
jungen Dame nicht mehr so angenehm gewesen war.
    Auch für
seine Patientinnen erwies sich Hannah als Segen. Während ein Arzt einen
männlichen Patienten eingehend untersuchen, das heißt ihn sogar bitten konnte,
sich zu freizumachen, war es undenkbar, sich ein genaues Bild von dem zu
verschaffen, was sich unter der Kleidung einer Dame verbarg; er musste sich auf
das verlassen, was die Patientin vorbrachte. Da Frauen aber häufig zu
schüchtern oder zu verklemmt waren, um genaue Angaben über ihre Beschwerden
verbal vorzubringen, und stattdessen um den Brei herumredeten, konnte der Arzt
nur Vermutungen anstellen. Wenn eine Dame errötend gestand, dass ihre »Regelmäßigkeit«
zu wünschen übrig ließ, wusste er nicht, ob sich das auf ihren
Menstruationszyklus bezog oder auf die Darmtätigkeit. Bei Miss Conroy dagegen
konnten die Frauen ohne erstickendes Schamgefühl frei reden, und sie mit ihrer
beim Vater erworbenen Erfahrung gab dann an Dr. Davenport weiter, was genau die
Patientin quälte. Die Folge war eine umso zielgerichtetere Behandlung.
    Kein
Wunder, dass zusehends mehr Frauen in seine Praxis drängten! Dementsprechend
hatte Davenport seine Sprechstunden bereits von drei auf fünf Vormittage
erweitert und auch Miss Conroys Stunden aufgestockt.
    Als er
seine Wohnung verließ und die Hintertreppe hinunterging, die zu einer Küche,
seiner Praxis und dem Wartezimmer führte, das sich bereits füllte, fasste er
einen Entschluss. Ehe Miss Conroy ihm vor drei Monaten ihren kühnen Vorschlag
unterbreitet hatte, hatte er mit dem Gedanken gespielt, nach England
zurückzugehen und dort eine entfernte Kusine zu heiraten, die ihm durchaus
nicht gleichgültig war. Diesen Plan verwarf er jetzt zugunsten einer anderen
Überlegung. Obwohl sie sich erst drei Monate kannten, erachtete er es nicht als
allzu aufdringlich, Miss Conroy am Sonntag zum Pferderennen in Chester
Downs, eine Meile vor der Stadt, einzuladen. Eine Musikkapelle
würde aufspielen, es sollte ein Buffet mit
deutschen Würsten, Brot und Bier aufgebaut sein, und zwei Franzosen wollten,
wie es hieß, etwas vorführen, was sich »Flug mit dem Heißluftballon« nannte.
    Er betrat
sein Besprechungszimmer, und nachdem er die Vorhänge zurückgezogen hatte, um
die Morgensonne einzulassen, trat er an seinen Schreibtisch, auf dem seine
Haushälterin die Post abgelegt hatte. Davenport überflog die Briefumschläge - Rechnungen,
Reklame, ein Brief von der Kusine in England. Ein Umschlag weckte seine
Aufmerksamkeit. Er öffnete ihn, hob die Brauen, starrte, je weiter er las,
ungläubig auf den Text.
    Dreimal
las Dr. Davenport den Brief durch, dann knickten seine Knie ein, und er sank
schwer auf seinen Schreibtischstuhl.
     
    »Er wird
dir gefallen, dieser Robert«, redete Molly Baker
begeistert auf sie ein. »Und er arbeitet als Buchhalter bei einem Anwalt!« Molly mit ihrem Mondgesicht ging bei einer Schneiderin in der todschicken
Peel Street in die Lehre, was ihr so viel Selbstvertrauen gab, dass sie zu
jedem Thema unverblümt ihre Meinung äußerte. Eine Charaktereigenschaft, die
ihre Freundin stillschweigend ertrug.
    Die beiden
Bewohnerinnen von Mrs. Throckmortons
Privatpension machten sich unten im Salon zum Ausgang bereit. »Er trägt weiße
Kragen und hat saubere Fingernägel«, ergänzte Molly noch und befestigte vor dem Spiegel in der Diele ihre Haube mit einer
Hutnadel.
    Besagter
Robert war Mollys vierter
Versuch, Hannah zu verkuppeln, und ganz gleich, wie oft Hannah erklärte, sie
erwarte den Besuch eines jungen Mannes, eines amerikanischen Wissenschaftlers,
der gegenwärtig auf einem Forschungsschiff außerhalb von Perth arbeite - Molly wollte nichts davon hören. Es gab genügend Mädchen, die sich damit
brüsteten, dass ein junger Mann kommen und sie mit sich nehmen würde, aber wie
selten tauchte ein solcher Bursche dann tatsächlich auf!
    »Hannah,
du bist wirklich weltfremd. Dabei bist du doch schon zwanzig!«
    Molly war einundzwanzig und bildete sich etwas darauf ein, nicht von nur
einem, sondern von sage und schreibe bereits drei jungen Männern geküsst worden
zu sein. Zwar hatte keines dieser Techtelmechtel zu einer dauerhafteren
Bindung geführt, aber sie gab die Hoffnung nicht auf. Mollys Lebensziel war die Ehe. Und nicht irgendein Mann sollte es sein. Er
musste in einem Büro arbeiten und jeden Tag ein frisches Hemd anziehen. »Ich
wette«, sagte sie, »dass

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