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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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einzunehmen. In jener Nacht fertigte
Hannah auf einem kleinen Zettel zwei kurze Notizen an. »Ungeklärte Euphorie
oder Schwindel deutet auf Vergiftung durch Kerosin hin« und »Wenn man
Schädlinge an jungen Pflanzen mit Gift bekämpft, schlägt sich das Gift auch in
den Früchten nieder und macht die, die sie essen, krank.« Sie schob den Zettel
in das Portefeuille ihres Vaters und hoffte, seiner beeindruckenden Sammlung
von Beobachtungen und Schlussfolgerungen neben diesem ersten noch viele weitere
hinzufügen zu können.
    Als sie
jetzt Dr. Davenports Ordination
betrat, fiel ihr sein verstörter Gesichtsausdruck auf. »Um Himmels willen«,
entfuhr es ihr erschrocken, »ist jemand gestorben?« Sie setzte sich ihm gegenüber
auf den den Patienten vorbehaltenen Stuhl. »Etwa Mrs.
Gardener mit ihrem angegriffenen Herzen?«
    Straßenlärm
drang durch das Fenster. Davenport rang nach Worten. »Miss Conroy«, gelang es
ihm zu fragen, »haben Sie Besuche in einem Haus getätigt, das außerhalb der
Stadt liegt und einer Miss Forchette gehört?«
    »fa,
Doktor. Und eigentlich wollte ich heute mit Ihnen darüber sprechen. Es ist
nämlich so ...«
    »Miss
Conroy, welcher Teufel hat Sie
geritten, ein derartiges Etablissement aufzusuchen?«
    Von seiner
unerwarteten Heftigkeit verblüfft, berichtete Hannah von ihrer Begegnung mit
Alice vor drei Monaten vor Dr. Youngs Praxis.
»Und da kein anderer Arzt bereit war, da rauszufahren, bot ich meine Hilfe
an.«
    Davenport
stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ist Ihnen denn nicht klar, dass dies zu
erheblichen Zweifeln an Ihrer Integrität führen würde? Ihrem Ansehen schadet?«
Er hielt einen Briefbogen hoch. »Da ist jemand, der sich empört darüber
geäußert hat und damit droht, Ihre Verbindung zu jenem Haus in Adelaide publik
zu machen.«
    »Wer?«
    Er zeigte
ihr den Brief, der mit Ein tief
betroffener Bürger unterzeichnet war. »Kein Name.
Wahrscheinlich will der Schreiber nicht zugeben, dass er von der Existenz eines
solchen Etablissements überhaupt Kenntnis hat.«
    »Dr.
Davenport, bitte glauben Sie mir, dass ich nicht aus unmoralischen Gründen
dort war, sondern um den Mädchen zu helfen. Sie haben doch wie jeder andere
Anspruch auf medizinische Behandlung.«
    »Das
bestreitet ja niemand. Aber jenes Haus, Miss Conroy, ist nun mal schlecht
beleumundet. Wer immer Beziehungen zu ihm unterhält, macht sich verdächtig. Das
sehen Sie doch ein, ja?«
    Hannah
runzelte die Stirn.
»Dr. Young machte regelmäßig Besuche dort.
Warum hat dieser >tief betroffene Bürger< nicht auch ihn angeprangert?«

»Weil er
sich in seiner Eigenschaft als Arzt um gesundheitliche Belange kümmerte.«
    »So wie
ich. Dr. Davenport, ich wurde gerufen, wenn sich jemand den Knöchel verstaucht
hatte oder um Wunden zu nähen oder Ausschläge zu behandeln. Wieso ist das etwas
anderes als das, was Dr. Young tat?«
    »Weil sich
ein Arzt aller nur denkbaren Gebrechen annimmt, von Verstauchungen über Brüche
bis hin zu Fieber. Eine Hebamme kümmert sich dagegen nur um eine einzige
Funktion des menschlichen Körpers. Wer ahnt denn schon, dass Sie aus anderen
Gründen in jenem Haus vorstellig wurden? Sie sind nun mal kein Arzt. Sie sind Hebamme, und Hebammen begeben sich in derartige Häuser nur
zu einem einzigen Zweck.«
    »Und der
wäre? Der Verfasser jenes Briefes wird doch etwa nicht annehmen, ich hätte dort
Babys auf die Welt geholfen.«
    Er riss
die Augen auf. War sie tatsächlich so naiv? »Miss Conroy«, sagte er, bemüht,
seine Worte sorgfältig zu wählen, »aus welchem Grund könnte eine Hebamme sonst
noch in ein Etablissement wie das von Miss Forchette gerufen werden?«
    »Ich habe
keine Ahnung.«
    Aus ihrem
Blick, aus ihren Gesichtszügen sprach pure Arglosigkeit. Davenport sah das
zarte Pochen des Bluts an ihrem weißen Hals, die verschränkten Hände auf ihrem
Schoß, die nichts von Nervosität erkennen ließen. Eine namenlose Rührung
überkam ihn. »Miss Conroy, es ist bekannt, dass Hebammen gelegentlich illegale
Eingriffe durchführen.« Mehr sagte er nicht, hoffte aber, sie würde endlich
begreifen.
    Jetzt war
es Hannah, die den gut aussehenden Dr. Davenport anstarrte, dem trotz der
Pomade die jungenhaften Locken in die Stirn fielen. Und als sie seine
Verlegenheit bemerkte und wie peinlich ihm dieses Thema war, wurde sie sich der
ganzen Tragweite seiner Worte bewusst.
    Sie
schluckte. »Ich versichere Ihnen, Dr. Davenport, dass ich keine ...« Sie
brachte den Begriff nicht über die

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