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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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erwies. Als ihm jetzt ein medizinisches Rätsel einfiel, das sie
gemeinsam gelöst hatten, musste er unwillkürlich schmunzeln.
    Mr.
Paterson, ein verheirateter Schuster Mitte sechzig, hatte in der Sprechstunde
über Kopfschmerzen geklagt. Und auch darüber, dass er wegen seiner
absonderlichen Hautfarbe von Freunden und Kunden gemieden wurde, aus Angst, sie
könnten sich mit dieser Krankheit, so es denn eine war, anstecken. Selbst seine
Frau lasse ihn nicht an sie ran. Davenport erkannte auf Anhieb, dass eine
derart ausgeprägte Gelbsucht auf einen Leberschaden im fortgeschrittenen
Stadium hinwies; da er jedoch aus Prinzip seine Patienten nicht ihrer Hoffnung
auf Heilung berauben wollte, gab er Mr. Paterson ein »Tonikum« und schickte ihn
nach Hause. Das Tonikum war rosa eingefärbtes harmloses Zuckerwasser, von dem
Mr. Paterson, wie Davenport ihm einschärfte, dreimal täglich einen Löffel voll
einnehmen sollte. Derlei Placebos, die die
meisten Ärzte auf Lager hatten, waren eher eine freundliche Geste dem Patienten
gegenüber. Und da eine falsche Hoffnung besser war als gar keine, erwies sich
ein harmloses Placebo gelegentlich
sogar als wirkungsvoll.
    Nachdem
Mr. Paterson abgezogen war, hatte Miss Conroy Bedenken angemeldet. Der
Flickschuster war ein netter alter Mann, seine Geschäfte gingen schlecht - er
tat ihr einfach leid. Und sie rückte damit heraus, dass sich ihrer Meinung nach
seine Gelbsucht durch eine Hautverfärbung ausdrückte, die anders war als bei
den Fällen von Gelbsucht, die ihr Vater in Bayfield behandelt hatte. »Patersons Hautfarbe ist eher orange als gelb«, hatte
sie gemeint. »Könnte es nicht eher mit seiner Gallenblase zusammenhängen?«
    Davenport,
der nicht gewohnt war, dass seine Diagnose und Behandlungsmethoden angezweifelt
wurden, schon gar nicht von einer Frau, war wie vor den Kopf geschlagen
gewesen. Mittlerweile aber hatte er gelernt, dass Miss Conroys Fragen nicht
Ausdruck ihres mangelndes Vertrauens in seine Fähigkeiten oder ihrer Arroganz
waren, sondern ehrliches Interesse bekundeten. Als er ihr erklärt hatte, dass
eine Entzündung der Gallenblase auszuschließen sei, weil der Patient nicht
über Schmerzen im Bereich des Bauchfells geklagt habe, brachte Miss Conroy Mr.
Patersons Kopfschmerzen zur Sprache, die sich Dr. Davenport allerdings nicht
erklären konnte.
    Nachdem
Miss Conroy gegangen war, gestand sich Gonville Davenport ein, dass Paterson
ein medizinisches Geheimnis für ihn darstellte. Miss Conroy hatte ja recht: Die
orangerote Verfärbung der Haut und dazu die Kopfschmerzen ließen sich nicht
vollends mit Leber- oder Gallenblasenproblemen erklären.
    Was dann
machte Mr. Paterson zu schaffen?
    Diese
Frage hatte Davenport nicht losgelassen. Er hatte seine Fachliteratur gewälzt,
bis ihm schließlich ein Artikel einfiel, der vor nicht allzu langer Zeit in
einer ausländischen Fachzeitschrift erschienen war. Fast die ganze Nacht
hindurch hatte er in seinen Bergen von Zeitschriften und Magazinen gewühlt und
war endlich auf den gesuchten Artikel gestoßen, der seine Vermutung für die
wahre Ursache für Mr. Patersons auffällige Hautverfärbung bestätigte. Gleich am
nächsten Morgen hatte er den Flickschuster in seinem Laden in der Wright Street aufgesucht und sich unter anderem nach seinen Essgewohnheiten
erkundigt.
    »Vor
kurzem habe ich gelesen«, sagte Dr. Davenport bei seiner Rückkehr in die Praxis
zu Hannah, »dass Chemiker an der Sorbonne eine in Gemüse befindliche Substanz
abgesondert und identifiziert haben, eine Substanz, der sie den Namen Carotin gegeben haben, weil sie in besonders konzentrierter Form
in Karotten vorhanden ist. Dieser Artikel hat mich nachdenklich gestimmt. Als
ich dann Mr. Paterson fragte, ob er Karotten isst, nahm er mich mit in seinen
Garten und zeigte mir stolz seine Karottenbeete. Anscheinend liebt er sie so
sehr, dass er kaum etwas anderes isst - gekocht, gedünstet, gebraten oder roh!
Miss Conroy, es sind die Karotten, die seine Haut so orangerot verfärbt haben!«
    »Und die
Kopfschmerzen?«, hatte sie gefragt.
    »Die
rühren daher, dass sein Hut zu eng ist.«
    In der
Folgezeit stellte sich Mr. Paterson auf Kartoffeln um, kaufte sich einen neuen
Hut, der ein paar Nummern größer war - und wurde gesund. Wie hatten sie darüber
gelacht, Gonville Davenport und Hannah Conroy, und auch im Nachhinein
amüsierten sie sich noch immer königlich, wenn sie unter sich waren und darauf
zu sprechen kamen. Davenport hatte seit langem nicht

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