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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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stöhnte.
    Nur in
ihrer Unterwäsche - weißes Baumwollhemd und Baumwollunterhosen - lag sie
zusammengekrümmt auf der Seite, wimmerte und zitterte. Als Erstes sah Hannah
die klaffende Wunde am Kopf und das sich bereits schwarz verfärbende Blut in
Alices hellblondem Haar, dann die roten Striemen und kleinen Schnittwunden am
Körper. Und dass ein Auge blutunterlaufen war und die Lider beängstigend
anschwollen.
    Hannah
kniete neben ihr nieder, und als sie Alice liebevoll an der Schulter berührte,
zuckte das Mädchen zusammen. »Psst, ich bin's doch nur,
Miss Conroy. Was ist denn passiert?«
    Als Alice
schwieg, schaute Hannah zu den anderen auf, die das Lager umstanden, ihrem
Blick jedoch auswichen. »Was ist hier vorgefallen?«
    Eines der
Küchenmädchen räusperte sich und sagte dann: »Sie ist gestürzt.«
    Angesichts
der Kopfwunde untersuchte Hannah zuerst Alices Auge, fragte dann, ob ihr noch
übel sei. Nachdem jedoch keine Gefahr einer Gehirnerschütterung zu bestehen
schien, besah sich Hannah die anderen Verletzungen genauer und kam zu dem
Schluss, dass sie keinesfalls von einem Sturz herrühren konnten. Alice war
geprügelt worden. Und dies nicht nur heute; die gelben und grünen Blutergüsse
zwischen den roten Striemen waren schon ein paar Tage alt.
    Merkwürdige
Blutergüsse. Alle wiesen sie eine ovale Form auf, auch die Narbe einer Wunde,
die mal genäht worden war. Wie ein Blitz durchfuhr Hannah die Erkenntnis, wo
sie dieses Oval gesehen hatte - es entsprach dem eigentümlichen Goldknauf an
Lulu Forchettes Krückstock.
    »Alice ist
nicht gestürzt, hab ich recht?«, fragte sie die Runde.
    »Lulu
wollte, dass sie vor den Männern singt«, kam es von Ida Gilhooley.
    Das Licht
von der Küche her wurde unvermittelt verstellt. Im Türrahmen stand die
ausladende Lulu in einem mit Rüschen besetzten knallroten Morgenrock. Sie
stützte sich auf ihren Stock, ihr Gesichtsausdruck ließ das Schlimmste erahnen.
»Was ist hier los? Lassen Sie von dem Mädchen ab!«
    Hannah
stand auf. »Sie haben sie geschlagen.«
    »Diese
einfältige dumme Gans hat's verdient.«
    Trotz
ihrer Leibesfülle konnte sich Lulu, wie man sah, durchaus fortbewegen. Demnach
diente der Stock, so Hannahs Vermutung,
anderen Zwecken. Während das Küchenpersonal in Schweigen verharrte, fixierte sie
Lulu und Lulu sie. Als die Dame des Hauses einen Schritt auf sie zukam, wich
Hannah nicht zurück. Umso heftiger pochte ihr Herz, genau wie damals, bei dem
Zwischenfall mit dem wilden Dingo. Nur diesmal war da kein Jamie
O'Brien, der ihr zu Hilfe kam.
    So ruhig
wie möglich drehte sie der dreihundert Pfund schweren Bordellbesitzerin den
Rücken zu und kniete sich wieder zu Alice. »Möchtest du mit mir kommen,
Liebes?«
    Angsterfüllt
riss Alice die Augen auf, schaute an Hannah vorbei zu Lulu, schluckte krampfhaft.
Hannah hockte sich so hin, dass sie Alice den Blick auf Lulu versperrte und
fragte nochmals: »Möchtest du mit mir kommen? Bei mir bist du in Sicherheit,
ganz bestimmt. Niemand wird dir etwas antun.«
    Und als
das Mädchen zögerte, fügte sie noch hinzu: »Es steht dir zu, freundlich und
respektvoll behandelt zu werden wie jeder andere auch.«
    Endlich
raffte sich Alice zu einer Antwort auf. »Ja«, kam es ganz leise, »ja, Miss, ich
würde gern mit Ihnen kommen.«
    »Das
Mädchen steht in meiner Schuld«, ereiferte sich Lulu.
    Hannah
ging nicht darauf ein. Sie half Alice aufzustehen, legte ihr eine Decke um. Um
das Wenige zusammenzupacken, was sie besaß, war keine Zeit. Einen Arm schützend
um das Mädchen gelegt, wandte sich Hannah ihrer Gegnerin zu: »Sie sind
ausreichend bezahlt worden, Miss Forchette. Alice wird nicht wiederkommen. Und
ich auch nicht.«
    Lulu sagte
nichts. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Ein paar Mädchen »von oben«
im Nachthemd oder in Unterwäsche hatten sich hinzugesellt. Verschlafen und verstrubbelt,
wie sie waren - ihr Arbeitstag begann erst am Nachmittag -, wollten sie wissen,
was sich hier zugetragen hatte.
    Hannah
blickte sie der Reihe nach an, diese Mädchen, denen sie geholfen, mit denen sie
geplaudert und sogar gelacht hatte - Ready Rita und Easy
Sal, Gertie die Zwergin, die Akrobatin Abby und die
polynesischen Zwillinge. »Wenn eine von euch gehen möchte, kann sie jetzt
mitkommen.«
    Verlegen
starrten sie zu Boden, räusperten sich.
    »Ich wohne
in Mrs. Throckmortons Privatpension in der
Gray Street«, sagte Hannah. »Ihr könnt jederzeit zu mir kommen. Ich werde euch
behilflich sein, eine

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