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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Lippen.
    »Das weiß
ich doch, Miss Conroy«, sagte er. »Aber alle anderen nicht. Wenn Sie nicht
Hebamme wären, wären derartige Unterstellungen nicht weiter schlimm. Das
heißt, man würde Ihnen gar nichts unterstellen, sondern höchstens Ihren
Charakter anzweifeln. Sollte sich das aber herumsprechen, wird das ernsthafte
Konsequenzen für mich und meinen Praxisbetrieb haben. Die Tatsache, dass ich
eine Abtreiberin bei mir eingestellt habe ...« Seine Worte verloren sich.
    Hannah
schloss die Augen. »Das habe ich nicht bedacht.«
    »Das weiß
ich doch, aber der Schaden ist nun mal angerichtet und kann nicht mehr
rückgängig gemacht werden.« Der Blick, mit dem er sie ansah, war so leer, dass
sie erschrak. »Es tut mir leid, aber ich muss Sie
entlassen.«
    Sie konnte
es nicht glauben. »Mich entlassen ...« Ihr Atem stockte. »Aber ich habe die
Verbindung zu jenem Haus abgebrochen.«
    »Das tut
nichts zur Sache. Der Schaden ist angerichtet. Wenn ich Sie nicht entlasse,
riskiere ich, meine Patienten zu verlieren. Und wenn ich meine Praxis schließen muss, laufen diejenigen, die auf mich
angewiesen sind, Gefahr, Ärzten von zweifelhaftem Ruf in die Hände zu fallen.«
    »Es tut
mir so leid«, flüsterte sie.
    Als er die
Tränen in ihren grauen Augen glänzen sah, musste Gonville Davenport den Impuls
zurückdrängen, um den Schreibtisch herumzugehen und sie in die Arme zu
schließen. Wie verletzlich sie ihm
vorkam! Er wollte sie festhalten und ihr sagen, dass sich alles aufklären
würde, dass er nichts darauf gebe, was die Bürger von Adelaide dächten, dass er
sie beschützen und ihr beistehen wolle.
    Aber das
ging nicht, er musste an seine Patienten denken.
    Davenport
machte sich Vorwürfe für diesen Schlamassel. Hannah war erst zwanzig, gerade
aus England hier gelandet, ohne Familie. Ihre Reife und ihr Sachverstand hatten
ihn das im Grunde so arglose Mädchen vergessen lassen. Er hätte sich eingehender
um sie kümmern, sie fragen sollen, was sie in ihrer Freizeit machte, wer ihre
Freunde und Bekannten waren. Dafür war es jetzt zu spät. Ihre Naivität war ihr
zum Verhängnis geworden. Das Pferderennen in Chester
Downs, die Würste und das Bier aus Deutschland und die Franzosen
mit ihrem Flug im Heißluftballon würden ohne ihn auskommen müssen.
    Hannah
ging bereits auf die Tür zu, als Davenport sagte: »Einen Moment noch, Miss
Conroy.« Er griff nach der kleinen Elfenbeinstatue der Hygieia, die seit
seinen Flitterwochen in Athen seinen Schreibtisch zierte. »Ich möchte sie Ihnen
schenken.«
    Nur
undeutlich nahm Hannah auf dem Heimweg den Verkehr auf der Straße und die
Fußgänger wahr. Wie konnte sie nur derart blind gewesen sein? Natürlich dachte man nur an einen einzigen Grund, weshalb
eine Hebamme ein Haus mit zweifelhaftem Ruf aufsuchte. Warum war sie nicht
selbst darauf gekommen? Tränen verschleierten ihr den Blick, als sie sich beim
Überqueren der Straße an Karren und Pferden vorbeischlängeln musste. Adelaide
war nicht Bayfield. Sie
assistierte nicht ihrem Vater, war nicht geschützt durch sein Wissen und seine
Erfahrung. Sie war ein naives junges Mädchen und hatte wahrscheinlich den
größten Fehler ihres Lebens begangen!
    Unten im
Salon wartete bereits Mrs. Throckmorton auf sie,
mit einem Gesicht, das nichts Gutes verhieß. Alice war ebenfalls zugegen,
blass und verängstigt. Und dann entdeckte Hannah auch noch ihren Koffer. »Tut
mir leid, meine Liebe«, sagte die ältliche Pensionsinhaberin, »Sie waren mir
ein angenehmer Gast, und ich bedaure sehr, dass Sie mich verlassen, aber nach
Erhalt dieses Briefs hier ...«
    »Verstehe«,
schnitt Hannah ihr das Wort ab.
    »Alice
braucht nicht zu gehen«, fuhr Mrs. Throckmorton fort. »Ich
habe ihr gesagt, dass sie bleiben darf, und wenn alles verheilt ist, kann sie
bei mir arbeiten und bekommt ein eigenes Zimmer.«
    Alice
jedoch trat neben Hannah. »Ich gehe mit Miss Conroy«, erklärte sie, trotz ihres
dunkel umrandeten Auges und des bandagierten Kopfes bemüht, Selbstbewusstsein
zur Schau zu stellen. Und zu Hannah sagte sie: »Ist alles meine Schuld, Miss.
Ich war es, die Sie zu Lulu geholt hat. Und dann haben Sie mich gerettet. Ich
werd mich dafür erkenntlich zeigen, versprochen. Ich werd zwei Jobs annehmen
und Ihnen alles zurückzahlen.«
    Hannah
wandte sich der Pensionsbesitzerin zu. »Mrs. Throckmorton, dürfte ich den besagten Brief mal sehen?«
    Sie las
das Schreiben durch, las die flammenden Anklagen und Drohungen, die mit Ein tief

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