Wood, Barbara
stellte auch
den zu einem guten Teil mit dunklem Blut gefüllten Nachttopf beiseite. »Ich
prüfe nur noch rasch Euren Puls, dann rufe ich die Zofen, damit sie Euch baden
und umziehen können, und danach dürft Ihr Euren Gemahl empfangen.« Zusätzlich
gedachte er, ihr zur Stärkung ein paar arsenhaltige Tabletten zu verabreichen.
Mit Daumen
und Zeigefinger machte er sich an ihrem schlaffen Handgelenk zu schaffen. Er
runzelte die Stirn. Schaute ihr ins Gesicht, aus dem - nach einem Aderlass ganz
normal - alle Farbe gewichen war. Aber dann stellte er fest, dass sich ihr
Brustkasten nicht hob und senkte.
Er ließ
ihren Arm los, drückte mit der Fingerspitze an ihren Hals, tastete erst rechts,
dann links nach der Halsschlagader.
Nichts zu
spüren.
»Lady
Margaret?« Er tätschelte ihr die Wangen. Er neigte den Kopf und presste das Ohr
auf ihre Brust. Keine Herzgeräusche.
Er
richtete sich wieder auf. Die Stirn in Falten gelegt, sah er auf Lady Margaret
hinunter. Dann befühlte er ihren Leib, in dem keine Bewegung zu spüren war.
»Großer Gott«, flüsterte er. Die Baronin und ihr Kind waren tot.
Wie war
das möglich? Sein Blick glitt über Lanzette und Stauschlauch, dann über das
dunkle Blut im Nachttopf. Hunderte Male hatte er diese Prozedur durchgeführt.
Was mochte diesmal schiefgegangen sein? Als schließlich sein Blick auf die
Schüssel mit der ekligen dunkelroten Lösung fiel, durchfuhr es Willoughby: Der
Quäker hat die Luft verpestet!
Er riss
sich zusammen, ging auf die Tür zu, und da er ahnte, dass Falconbridge unten im
Saal aufgeregt hin und her lief, sagte er: »Eure Lordschaft kann jetzt
hereinkommen.«
Als der
Baron das Schlafgemach betrat, schloss Miles Willoughby
die Tür hinter ihm. »Es tut mir leid, Euer Lordschaft. Aber ich habe getan, was
ich konnte.«
Falconbridge
starrte ihn an. »Was reden Sie da?«
»Wenn ich
eher hier gewesen wäre ...«
Falconbridge
stürzte auf das Bett zu und umfasste die Schultern seiner Frau. »Maggie? Wach
auf, mein Liebling!«
Er sah den
gewölbten Leib, in dem sein Kind einst geschlummert hatte und jetzt
eingeschlossen war. Tränenüberströmt blickte er zu Willoughby auf. »Wie konnte
es dazu kommen?«
»Alles
verlief wie erwartet, der Aderlass brachte ihr Erleichterung, bis sie dann
unerwartet verschied.«
»Aber
heute Nachmittag, als ich aufbrach, um Sie zu holen, fühlte sie sich doch noch
wohl. Abgesehen von einer leichten Übelkeit.«
»Ich mache
mir ja selbst Vorwürfe, Euer Lordschaft. Als ich die Schüssel mit der giftigen
Flüssigkeit sah, hätte ich sie sofort aus dem Fenster kippen sollen. Aber
verständlicherweise galt mein Augenmerk in erster Linie Ihrer Ladyschaft ...«
Falconbridge
blinzelte. »Giftige Flüssigkeit?«
Willoughby
deutete auf die Schüssel auf dem kleinen Schreibtisch, woraufhin Falconbridge
im Nachhinein konstatierte, dass ihm ein beißender Geruch aufgefallen war, der
wohl, wie er jetzt folgerte, aus der Schüssel aufstieg. »Was ist das?«, fragte
er und stand vom Bett auf.
»Weiß der
Himmel«, erwiderte Willoughby und hob die Hände. »Der Quäker hat das aus für
mich unbegreiflichen Gründen hingestellt. In der ärztlichen Praxis ist so etwas
nicht üblich, ganz gewiss nicht. Dennoch mache ich mir Vorwürfe, diese Brühe
nicht weggekippt zu haben. Meine Befürchtung ist, dass die Luft vergiftet
wurde, und deshalb dürfte es auch für Eure Lordschaft und mich ratsam sein,
diesen Raum schleunigst zu verlassen.«
Falconbridge
starrte auf den ätzend riechenden Inhalt der Schüssel, spürte, wie die Dämpfe
seine Nasenlöcher reizten und ihm zu Kopfe stiegen, sein Gehirn vernebelten.
Margaret war tot. Das Baby war tot. Alles um ihn herum schien sich zu drehen,
durch die geschlossenen Fenster hörte er den Wind heulen. »Was soll ich nur
tun?«, schluchzte er auf und vergrub das Gesicht in den Händen.
Willoughby
legte ihm begütigend eine Hand auf die Schulter. »Ich kümmere mich um alles,
was zu tun ist, Euer Lordschaft. Und ich schlage vor, dass wir den Quäker und
seine Tochter festnehmen und den Constable rufen.
Heute Nacht ist hier ein Mord verübt worden.«
Luke Keen betrat die Küche. »Bedaure, Sir, aber Seine Lordschaft wünscht, dass
Sie noch bleiben. Hier entlang, wenn ich bitten darf.« Der Gutsverwalter führte
die Conroys in eine kleine Bibliothek abseits des großen Saals. Da im Kamin
kein Feuer brannte und nur eine einzige Kerze angezündet worden war, wirkte
der Raum klamm und düster. »Wenn
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