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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Jahren hatte sich schmerzhaft in Hannahs Gedächtnis eingebrannt. Damals waren sie nach London gefahren, wo ihr
Vater vor dem Gremium der Medizinischen Fakultät einen Vortrag halten sollte.
Davor hatten sie das Guy's Hospital
besucht, wo Hannah Ärzte mit blut- und eiterbeschmierten Kitteln über den Weg
gelaufen waren.
    Was, wie
sie erfuhr, für die Popularität eines Mediziners sprach: Je verdreckter sein
Kittel, desto größer ganz offensichtlich der Kreis seiner Patienten. Hannahs Vater dagegen vertrat mit Nachdruck die unpopuläre Meinung, dass
derartige Absonderungen, selbst wenn sie eingetrocknet waren, ansteckende Keime
bargen, die sich von einem Patienten auf den nächsten übertragen konnten.
Deshalb plädierte Conroy dafür, dass sich ein Arzt vor der Behandlung eines
Patienten die Hände wusch und auch täglich die Kleidung wechselte.
    »Keiner
weiß, wodurch Fieber verursacht wird«, hatte der sanftmütige Quäker damals zu
seinem Vortrag vor der erlauchten Versammlung der britischen Elite-Mediziner
angehoben. »Keiner weiß, warum der menschliche Körper lodert, wenn eine
Infektion vorliegt. Ich hingegen glaube ...«
    Er hatte
seiner gelehrten Zuhörerschaft dargelegt, dass seiner Meinung nach Krankheit
das Ergebnis von unsichtbaren Wesen ist, die sich im Blutkreislauf einnisteten
und die er als »Mikrobioten«, verkürzt »Mikroben«, bezeichnete, abgeleitet aus
dem griechischen mikro, was
übersetzt winzig klein, und bios, was Leben
hieß. Conroy glaubte, dass Mikroben ein Gift absonderten, das Menschen krank
machte.
    Seine
Zuhörer vermochte er jedoch nicht zu überzeugen. »Immer und immer wieder hat
sich gezeigt, dass Fieber von einem Zuviel an Blut im Körper herrührt, Sir, und
nur durch einen Aderlass gesenkt werden kann!«, hatte einer der Herren aus dem
Auditorium gerufen.
    »Ich habe
persönlich Blutstropfen von gesunden Personen und von solchen mit Fieber unter
dem Mikroskop untersucht«, hatte Conroy entgegnet. »Im Blut von Kranken habe
ich erheblich mehr weiße Zellen festgestellt als im Blut von Gesunden.«
    »Sie
wollten wohl größere Überheblichkeit sagen, hm?«, hatte jemand in der vordersten Reihe eingeworfen, worauf
schallendes Gelächter ausgebrochen war. »Weiße Zellen! Mikroben! Sind Sie
sicher, dass Sie uns da kein Märchen auftischen und alles Ihrer Phantasie
entsprungen ist?«
    Von der
Besuchergalerie aus hatte Hannah miterleben müssen, wie ihr Vater zur
Zielscheibe von Beleidigungen und höhnischem Gespött geworden war, wie man mit
den Füßen getrampelt hatte, bis er sich schließlich genötigt sah, das
Rednerpult zu verlassen. Das hatte er immerhin mit viel Würde getan.
    »Tochter,
meine Tasche«, sagte er jetzt. »Ich fühle mich nicht wohl.«
    Nachdem
Hannah ihm das Gewünschte gebracht hatte, ging sie zur Tür und öffnete sie. Der
Korridor war leer. Was sie sah, waren lediglich verschlossene Türen unter
Tudor-Bögen und zwei stumme Rüstungen. Warum reagierte denn niemand auf ihr
Läuten? »Hallo? Könnte jemand so nett sein und im Kamin Feuer machen? Es ist
schrecklich kalt hier drin.« Sie lauschte. Gedämpfte Stimmen waren von oben zu
vernehmen - männliche, wütende, gebieterische. War der Constable bereits eingetroffen? Unglaublich, wie man sie und ihren Vater
behandelte. Wo er sich trotz des Regens zu Lady Margaret auf den Weg gemacht hatte.
    Sie trat
wieder zu ihm, schob den Leuchter noch näher an ihn heran. Sein verkrampftes
leichenblasses Gesicht deutete auf Perikarditis hin. Die Infektion, der er
sich ausgesetzt hatte, hatte zu einer chronischen Entzündung des Herzbeutels
geführt. Hannah durchsuchte die Arzttasche nach dem ihr wohlbekannten
Fläschchen. »Vater, ich kann deine Medizin nirgends finden.«
    Sein Kopf
sank an die Lehne des Sessels zurück. »Dann muss ich sie wohl zu Hause gelassen haben ...« Er schloss die Augen,
lauschte dem Regen draußen, spürte, wie die Kälte in der kleinen Bibliothek
durch Jacke und Hemd drang und sich zu dem Schmerz gesellte, der sich immer
stärker um das Brustbein ausbreitete. Wie in einen Schraubstock eingezwängt
meinte er zu sein, und er ahnte, dass er ohne seine Medizin diesen Anfall
höchstwahrscheinlich nicht überleben würde. Deshalb wandte er sich Gott zu,
erbat von ihm Schutz, Vergebung und Frieden.
    »Vater.«
Entschlossen stand Hannah auf. »Ich werde nach unserer Kutsche rufen. Meinst
du, du hältst durch, bis wir zu Hause sind?« Ein Schluck Brandy oder Wein wäre
jetzt angebracht, aber in dem

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