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Rolle.
Er rieb sich die Augen und trat auf das Seeufer zu, hinter dem fast unsichtbar das schwarze Wasser lag. Und da stand ihm plötzlich alles glasklar vor Augen. Die Tatsache, die er nicht hatte wahrhaben wollen. Tripplehorn war einer von Graingers Touristen. Grainger hatte von Anfang an alles gesteuert.
In einem Minimarkt nahm er eine Flasche Absolut mit und holte am Empfang den Schlüssel ab. Er fuhr mit dem Aufzug nach oben und stellte fest, dass ihm das elegante Spiegelinterieur allmählich auf die Nerven fiel. Im Zimmer zog er sich aus und überlegte, ob er sich einen Hotelcomputer ausleihen und eine Nachricht an Tina aufsetzen sollte. Nur ein Wort, um ihr zu signalisieren, dass es ihm gutging. Aber ihm war natürlich klar, dass die Company oder zumindest J anet Simmons ihre beiden E-Mail-Konten überwachte. Also schenkte er sich einen Wodka ein und trank ihn in einem Zug leer.
Das langsame, gleichmäßige Pochen im Nacken erinnerte ihn daran, dass er vor allem Verzweiflung empfand.
Man treibt einen Mann in die Flucht, trennt ihn von seiner Familie und lässt ihn dann wissen, dass ihn der Mensch, dem er voll vertraut, ausgenutzt hat: Der Mann wird unweigerlich zusammenbrechen. Oder auch die Frau, wie Angela 2001 bewiesen hatte. Der Verrat lässt ihn verzweifelt nach einem Halt in diesem Sumpf suchen, und das Einzige, was ihm einfällt, sind seine Frau und seine Tochter, die er nicht sehen, sprechen und berühren kann. Und ohne die Familie ist es wieder wie damals 2001, als er vor einem venezianischen Kanal stand und an Selbstmord dachte.
Ohne seine Familie gab es keinen Grund, nicht zu springen.
Trotz seiner Niedergeschlagenheit trank er nur das eine Glas. Einner hatte neue Befehle erhalten, und Milo wusste, was zu tun war.
Erst um drei kehrte J ames ins Hotel zurück. Milo hatte die Zeit genutzt. Er hatte die Tür zwischen ihren Zimmern aufgestemmt, seinen Rucksack gepackt und in den Schrank gestellt, per Telefon Abflugzeiten erfragt und schlaflos auf dem Bett gelegen. Er hörte, wie der Tourist das angrenzende Zimmer betrat und fluchend über etwas stolperte. Dann suchte er die Toilette auf. Die Rolle Klebeband hinter dem Rücken verborgen, schlüpfte Milo hinüber. »Na, bist du zum Schuss gekommen?«
»Was?« Einner hatte die Badtür nur angelehnt. »Ach so, nein. Ich dachte, du schläfst schon längst.«
»Nein.« Milo setzte sich locker auf Einners Bett. Er konnte es gleich tun, solange der Tourist noch auf der Toilette war, aber er mochte ihn und wollte ihn nicht unnötig demütigen. »Hey.«
»Was ist?«
»Wie kommst du in mein Zimmer?« Mist.
Rasch bewegte sich Milo zur Tür, drückte sie auf und trat nach Einners Hand, die mit der kleinen Makarow auf ihn zielen wollte. Mit lautem Krachen ging sie los, und die Kugel bohrte sich in die Fliesen über der Wanne. Als sich Einner, dem die Hose noch um die Knöchel hing, aufrichten wollte, knallte ihm Milo den Ellbogen hart gegen die Schulter. Taumelnd sackte er auf die Toilette zurück. Milo drückte den Handballen an Einners Kinn und drosch seinen Kopf gegen die Wand. Klappernd fiel die Makarow auf den Boden.
Milo hämmerte seinen Kopf noch ein zweites Mal an die Wand, und Einners blutunterlaufene Augen quollen hervor, als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Wieder holte Milo mit dem Ellbogen aus und traf ihn an der Luftröhre. Einner brachte kein Wort mehr heraus.
Milo hob die Pistole auf. Er wusste, dass er dem Touristen wehtat, aber er musste ihn für einige Minuten ruhigstellen. Die Ringe platzten von der Stange, als er den Duschvorhang herunterriss. Dann breitete er ihn auf dem Boden des Schlaf zi mmers aus.
Als er zurückkam, war Einner schwer keuchend dabei, sich hochzurappeln.
»Lass es lieber.« Milo zeigte ihm die Waffe. Einner schien sich ein wenig zu beruhigen in dem Wissen, dass er schon längst tot gewesen wäre, wenn Milo das geplant hätte. Doch er verfiel prompt wieder in Panik, als Milo die um seine Füße zusammengerollte Hose packte und ihn polternd von der Toilette zerrte. Stöhnend schlug er mit den Armen um sich; sein Hemd rollte sich hinauf bis zur Brust, und ein stinkender brauner Streifen markierte seinen Weg.
Milo bedauerte es, den jungen Touristen so beschämen zu müssen. Er riss ein Stück Klebeband herunter und fesselte Einner erst die Hände vor dem Bauch, dann die Füße.
Schließlich wuchtete er ihn hoch und hievte ihn auf den Duschvorhang.
»Was « , ächzte Einner.
»Keine Angst.« Milo faltete
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