Word-OleSte-DerTou
wohin? Ein Ort mit angenehmem Klima natürlich, aber auch ein Ort, wo mich das deutsche Finanzamt nicht belästigt. Ich dachte an Ihr Land, aber zu Amerikanern habe ich im Augenblick nicht das beste Verhältnis.«
»Wie wär's mit dem Sudan?«
»Ha!« Ugrimow fand seinen Vorschlag offenbar komisch, und Milo wurde klar, dass der Mann gar keine Informationen von ihm benötigte. Er hatte ihm die Geschichte erzählt, um sich zu rächen, nichts weiter.
»Was ist mit Lewis?«, fragte Milo. » Haben Sie nicht ver sucht rauszufinden, wer er ist?« »Natürlich. Schon vor Jahren.« »Und?«
»Solche Typen hinterlassen keine Spuren. Wir sind nur auf zwei Namen gestoßen. Der eine war Herbert Williams in Paris.«
»Und der andere Jan Klausner.«
Nach kurzem Zögern schüttelte Ugrimow den Kopf. »Nein, Kevin Tripplehorn.«
» Tripplehorn?«
Der Russe nickte. »Wer weiß, wie viele Pseudonyme der Kerl noch hat.«
Tripplehorn. Immer lauter hallte der Name in Milo nach.
Damit war die Sache klar. Noch nicht gänzlich, aber ausreichend. Der Tourist Kevin Tripplehorn. Tripplehorn, der auch Jan Klausner, Herbert Williams und Stephen Lewis war. Tripplehorn, der mit Oberst Yi Lien auf einem Foto posiert und sich in Angela Yates' Nähe herumgetrieben hatte, um ihr nachzuspionieren oder um sie zu belasten. Tripplehorn.
Er erwachte, ohne bemerkt zu haben, dass er in Ohnmacht gefallen war. Über ihn gebeugt, klatschte ihm Ugrimow die Hand ins Gesicht und versuchte, ihm Daiquiri einzuflößen. Das Zeug war furchtbar bitter. In seinem Hinterkopf pochte es.
»Sie müssen besser auf sich aufpassen, Milo. Sie können nicht erwarten, dass die anderen das für Sie tun. Wollen Sie meinen Rat? Verlassen Sie sich auf Ihre Familie, und sonst auf niemanden.« Ugrimow rappelte sich auf und rief nach Nikolai.
Nikolai ließ Milo nicht aus den Augen, während er ihn zurück zum Tor chauffierte. Immer noch benommen, wiederholte Milo im Kopf Ugrimows letzte Worte. Verlassen Sie sich auf Ihre Familie, und sonst auf niemanden. Eine merkwürdige Äußerung.
Einner rauchte am Tor eine von Milos Davidoffs und warf sie auf den Boden, als er den näher kommenden Mercedes bemerkte. Milo stieg aus, allmählich fühlte er sich wieder etwas besser. Nikolai war ihm gefolgt und deutete auf Einner. »Sie!« Seine Stimme war barsch. »Kein Müll hier!«
Auf der Rückfahrt gestand ihm Einner, dass Genf eine seiner Lieblingsstädte war. »Hast du dich mal umgeschaut? Die Frauen hier. Das macht mich voll an.«
»Mmhmm«, sagte Milo zu den vorüberziehenden Bäumen. »Ich kann's dir zeigen. Außer wir müssen irgendwo einbrechen. Müssen wir?«
Milo schüttelte den Kopf.
»Super. Dann können wir uns ins Nachtleben stürzen.« Die Bäume wichen Häusern, als sie sich dem See näherten. »Weißt du, du kannst mir schon erzählen, was da drin passiert ist. Schließlich arbeiten wir zusammen.«
Aber Milo blieb stumm. Es lag an seiner touristischen Schulung, die ihn dazu zwang, jede eingesammelte Information genau abzuwägen, und an der Tatsache, dass der Tourismus sich als Wurzel des Übels entpuppte. Abgesehen davon hatte er die nächste Stufe der Erkenntnis noch immer nicht erklommen. Also log er, was ebenfalls zum Tourismus gehörte. »Ugrimow war eine Sackgasse. Damit war zu rechnen.«
»Und Ugritech?«
»Wenn jemand in seinem Unternehmen Geld wäscht, dann weiß er nichts davon.«
Einner runzelte die Stirn. »Aber wenigstens sind wir in Genf. Und du hast den besten Führer, den du dir wünschen kannst. Also, ziehen wir später noch los?«
»Klar«, antwortete Milo. »Aber zuerst muss ich mich aufs Ohr hauen.«
»Stimmt, du bist ja nicht mehr der Jüngste.«
Um vier kamen sie im Beau-Rivage an. Einner kündigte seine Absicht an, sich ebenfalls etwas Ruhe zu gönnen, und zwar in einem Puff, den er bei seinen Besuchen in der Stadt nie ausließ. »Erstklassiges Haus. Sauber. Und man wird gut behandelt. Bist du sicher, dass du keinen Fick willst?«
Milo wünschte ihm viel Spaß und steuerte mit einer Gratisausgabe der Herald Tribune auf den Aufzug zu. Bei der Fahrt nach oben fiel ihm am unteren Rand der ersten Seite das Foto eines liebenswürdigen alten Mannes mit weißem, über die Glatze gekämmtem Haar und sanftem Lächeln auf. Herr Eduard Stillmann, hieß es in dem dazugehörigen Artikel, seit zehn Jahren Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, war in seinem Büro im siebenundzwanzigsten Stock zu Tode geprügelt worden. Die Polizei hatte noch keine
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