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Word-OleSte-DerTou

Word-OleSte-DerTou

Titel: Word-OleSte-DerTou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Scheidung. Der Ort hatte eine magische Anziehung auf sie ausgeübt. Für kurze Zeit war sie erfüllt gewesen von der Idee des Internationalismus und hatte sogar in Erwägung gezogen, für diese Organisation zu arbeiten. Doch wie die meisten Amerikaner hörte sie in den folgenden Jahren mehr von Fehlschlägen als von Erfolgen, und als das Ministerium für Heimatschutz bei ihr anrief und der Personalwerber ihr erklärte, dass der neue Dienst nicht wie so viele andere Einrichtungen unter bürokratischen Zwängen leiden würde, hatte sie ihrem Patriotismus nachgegeben.
    »Schauen Sie nach oben.« Ein alter Mann war neben sie getreten. Sein Akzent war russisch.
    Sie spähte hinauf zum Pendel, in dessen Innerem sich klickend die Zahnräder drehten.
    »Wirklich schön, so was zu haben.« Primakow verschränkte die Hände hinter dem Rücken und blickte mit ihr hinauf. »Es ist der physikalische Beweis, dass der Planet rotiert, auch wenn es sich für uns ganz anders anfühlt. Das erinnert uns daran, dass das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, nicht immer der kompletten Wahrheit entspricht.«
    Aus Höflichkeit betrachtete sie den Mechanismus noch einen Moment, dann streckte sie die Hand aus. »Ich bin Janet Simmons vom Heimatschutz.«
    Statt ihr die Hand zu schütteln, führte er sie an den Mund. »Jewgeni Alexandrowitsch Primakow von den Vereinten Nationen, zu Ihrer Verfügung.«
    Als er ihre Hand freigab, vergrub sie sie in der Blazertasche. »Ich wollte Ihnen ein paar Fragen stellen. Es geht um Ihren Sohn, Milo Weaver.«
    »Milo Weaver?« Er zögerte. »Ich habe zwei wunderbare Töchter - ungefähr in Ihrem Alter wohl. Eine ist Kinderchirurgin in Berlin, die andere Anwältin in London. Aber ein Sohn?« Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Damit kann ich leider nicht dienen.«
    »Ich rede von dem Sohn, den Sie 1970 mit Ellen Perkins hatten.«
    Sein breites, selbstbewusstes Lächeln blieb an seinem Platz. »Haben Sie Hunger? Ich habe mein Frühstück verpasst, was in Amerika schon fast ein Verbrechen ist. Schließlich ist das Restaurantfrühstück Amerikas größter Beitrag zur internationalen Küche.«
    Zusammen überquerten sie wieder den Rasen, und Primakow nickte mehreren Leuten zu, die mit Aktentaschen in die entgegengesetzte Richtung strebten. Er war sichtlich in seinem Element, ein Mann, der mit seiner Position in der Welt zufrieden war, selbst im Angesicht einer Agentin, die alte Geheimnisse ans Tageslicht zu zerren drohte. Allerdings hatte er einen seltsamen Tick: Manchmal hob er einen fleischigen Finger und streifte sich damit über die Wange, als wollte er eine Fliege verscheuchen. Ansonsten strahlte er mit seinem grauen Maßanzug, der blauen Krawatte und dem perfekt sitzenden Gebiss die Eleganz der Alten Welt aus.
    Das Lokal entpuppte sich als überteuertes neoamerikanisches Restaurant mit eigener Frühstückskarte. Als ihm die Wirtin einen Fensterplatz anbot, wischte sich Primakow über die Wange und schlug einen Tisch im hinteren Teil des Lokals vor.
    Er bestellte das Gericht »Hungry Man«, das aus Rührei, Toast, Wurst, Schinken und Bratkartoffeln bestand. Simmons begnügte sich mit Kaffee. In neckischem Ton warf er ihr vor, abnehmen zu wollen. »Was ich allerdings verblüffend finde, denn Sie haben doch eine perfekte Figur, Ms Simmons. Wenn überhaupt, dann sollten Sie ein paar Kilo zulegen.«
    Sie überlegte, wann sie zum letzten Mal solche Bemerkungen von einem Mann gehört hatte. Es schien ziemlich lange her. Sie rief die Kellnerin und bestellte einen englischen Muffin.
    Bevor das Essen kam, gingen sie einige von Primakows Personalien durch. Er gab offen zu, im KGB bis zum Rang eines Obersts aufgestiegen und auch nach der Umwandlung in den FSB geblieben zu sein. Mitte der Neunziger machte sich jedoch Ernüchterung breit. »Wir bringen unsere eigenen Journalisten um, wussten Sie das?«
    »Hab davon gehört.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ein Jammer. Aber von innen lässt sich da kaum was verändern. Also hab ich mich ein bisschen umgeschaut und im Jahr 2000, mit dem Anfang eines neuen Jahrtausends, beschlossen, für die gesamte Welt zu arbeiten und nicht mehr für die kleinlichen Interessen meines Landes.«
    »Klingt vernünftig.« Sie erinnerte sich an ihre eigenen Überlegungen in dieser Richtung. »Aber die UN muss doch frustrierend sein.«
    Er zog die buschigen Augenbrauen hoch und räumte mit einem Nicken ein, dass das zutraf. »Allerdings kommen auch nur die Fehlschläge in die Zeitungen - die

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