Word-OleSte-DerTou
starrte ihn an. In den letzten acht Monaten hatte Angela sich in eine Ermittlung vertieft - mit beeindruckenden Resultaten, wie er eingestehen musste -, dank deren sie die nächste Stufe der Karriereleiter erklimmen wollte. Und Milo hatte mit wenigen Worten all ihre Hoffnungen zum Einsturz gebracht.
Aber Angela war auch eine Pragmatikerin. In ihrem Leben hatte sie schon so viele Rückschläge einstecken müssen, dass sie auch jetzt nicht in Trübsal verfiel. Sie hob ihr Glas. »Glückwunsch, Milo.«
»Du brauchst mir nicht zu gratulieren. Ich habe praktisch nur die Anweisungen des Tigers befolgt. Er hat eine Spur für mich gelegt, der ich gefolgt bin, damit ich mir seinen letzten Wunsch anhören konnte.«
»Und zwar?«
»Seinen Mörder zu fassen.« Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: »Das heißt, du hast bei dieser Geschichte immer noch die besten Karten. Ich würde gern wissen, wer ihn aus dem Weg geräumt hat.«
Sie nippte von ihrem Wein. »Okay, Milo. Dann lass mal hören.«
In der nächsten Viertelstunde schilderte er im Detail die Geschichte des Tigers und beobachtete das Spektrum von Gefühlen, die sich auf ihrem Gesicht spiegelten, als sie langsam wieder Hoffnung schöpfte.
»Salih Ahmad?«, unterbrach sie ihn. »Im Sudan? Er war das?«
Milo sah ihr an, wie sehr diese Nachricht sie belebte. »Er hat es mir selbst gesagt. Warum? Weißt du was darüber?« »Nein«, antwortete sie ein wenig zu schnell. »Erzähl weiter.«
Als er ihr von J an Klausner alias Herbert Williams berichtete, fiel ihm etwas ein. »Du hast ja sogar eine Aufnahme von ihm. Das ist der, der mit dem Tiger zusammen in Mailand war.«
Sie runzelte die Stirn. »Die von deinem Büro müssen ihn rausgeschnitten haben.«
»Du kriegst das Bild von mir.« »Danke.«
Als er schließlich zum Ende kam, saß sie wieder aufrecht da und biss sich vor freudiger Erwartung auf die Lippe. Es freute Milo, dass er sie so hatte aufmuntern können. Allerdings wurde er den Eindruck nicht los - den er nicht näher begründen konnte -, dass sie ihm etwas verschwieg. Irgendetwas, das sie ihm nicht anvertrauen wollte. Um ihr das Gefühl zu geben, die Kontrolle zu haben, kehrte er wieder zu seinem Ausgangsargument zurück. »Von den Staaten aus kann ich die Sache nicht weiterverfolgen, das heißt, du musst das übernehmen. Ich richte mich nach deinen Anweisungen. Ist das in Ordnung für dich?«
»Aye, aye, Captain.« Sie lächelte, sprach aber nicht weiter.
Offensichtlich wollte sie ihr Geheimnis für sich behalten, zumindest vorerst. Sie hob ihre schlanke Hand. »Genug jetzt von der Arbeit, okay? Reden wir über deine Familie. Stephanie ist jetzt wie alt? Sieben?«
»Sechs.« Er griff nach der Karaffe, doch dann fiel ihm ein, dass sie schon leer war. »Ein Mundwerk wie ein Droschkenkutscher, aber ich geb sie nicht her.«
»Und Tina? Ist sie immer noch so hinreißend?«
»Noch hinreißender. Wahrscheinlich ganz gut, dass ich sie nicht mitgebracht habe.«
»Pass bloß auf.« Sie zwinkerte und setzte ein schiefes Lächeln auf, das ihn daran erinnerte, dass Angela Yates alles andere als dumm war. »Und jetzt verrat mir bitte, was du von mir willst.«
»Warum sollte ich was wollen? «
»Weil du eine Stunde vor der Botschaft auf mich gewartet hast. Du hast mich nicht vorher angerufen, weil dir wichtig war, dass unser Treffen geheim bleibt. Und wie du selbst sagst, du hast Familie. Ich habe ernste Zweifel, dass dich Tina allein in den Urlaub nach Paris fahren lässt.« Ihr Gesicht wurde ernst. »Verstehst du, worauf ich raus will?«
Das Cafe war voller Franzosen, die zu Mittag aßen. Amerikaner waren so gut wie nicht vertreten. Durch das Fenster bemerkte er den hochgewachsenen, attraktiven Mann von vorher, der vor dem Bistro auf einen Tisch wartete. Seine Freundin mit den verquollenen Augen war inzwischen verschwunden.
Milo stützte das Kinn auf die ineinandergeschobenen Finger. »Du hast Recht, ich brauche was. Nur einen kleinen Gefallen.«
»Probleme?«
» Überhaupt nicht. Bl oß eine Unannehmlichkeit. Ich mö chte, dass du bis nächste Woche was für mich aufbewahrst. Am Montag wird dich jemand danach fragen, und du gibst es ihm.«
»Groß? Klein?«
»Sehr klein. Ein USB-Stick.«
Auch sie schaute sich jetzt im Bistro um. Dann flüsterte sie: »Ich muss mehr darüber wissen.« »Klar.«
»Was ist drauf?«
»Nur ein Bericht. Ich kann ihn nicht schicken, weil die Kommunikationskanäle meiner Kontaktperson alle gefährdet sind.«
»Er ist
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