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Weaver. Mit wem spreche ich?« »Du sprichst mit Milo Weaver.« »Danke für das nette Gespräch.«
»Hör auf«, schrie er, und sie kicherte los. Nachdem ihr Anfall vorbei war, wurde sie wieder zu einer Sechsjährigen, die plappernd über jedes Ereignis an diesem Donnerstag berichtete. Es war faszinierend.
»Was hast du zu ihm gesagt?«
»Sam Aston ist ein Trottel, Dad. Er hat behauptet, ich bin zickig. Da hab ich ihn als dreckige Ratte beschimpft. Das ist doch ganz normal.«
Als ihr nichts mehr einfiel, ging Tina wieder an den Apparat und machte Andeutungen darüber, was ihn erwartete, falls er nicht rechtzeitig zurückkehrte. Milo winselte um Gnade. Als er das Gespräch beendet hatte und nur noch den Verkehrslärm hörte, erschien ihm die Welt auf einmal wie tot. Dann rief er Grainger an.
»Was ist?«, brüllte der Alte.
»Ich bin's, Tom.«
»Ach so. Entschuldige, Milo.« »Was ist denn los?«
»Nichts. Hat alles geklappt? Erledigt?«
Das Tosen unter ihm wurde so laut, dass er vom Fenster zurücktrat. »Ja.«
»Na also, ich hab's dir doch gesagt. Du kannst heute Abend zurückfliegen und verpasst keine Minute von deinem Urlaub.«
»Leitet Einner die Observierung?« »Welche Observierung?«
»Du wartest doch sicher nicht ab, bis der Bericht in Peking auftaucht.«
»Nein, natürlich nicht. Ja, das tut er.«
»Dann werde ich mich n och ein wenig hier rumtreiben.«
Grainger räusperte sich. »Ich versteh nicht, warum du da querschießen musst.«
»Weil sie unschuldig ist.«
»Hat dir Einner schon das Beweismaterial vorgelegt?«
»Da brauche ich keine Beweise, Tom. Wir haben fast zwei Stunden miteinander geredet. Sie ist unschuldig.« »Hundert Prozent sicher?«
»Sagen wir, siebenundneunzig.«
»Drei Prozent reichen für einen Verdacht, das weißt du ganz genau.«
»Aber sie ist gerade an was Wichtigem dran«, beharrte Milo. »Es wäre schade, wenn daraus nichts wird.«
»Sie ist Sicherheitschefin, Milo. Da müssen wir einfach nachhaken. «
»Sie ist dem Tiger auf der Spur.« Schweigen.
»Spiel jetzt nicht den Idioten, Tom. Du hast ihr schon vor ein paar Monaten Fotos von ihm geschickt. Warum hast du mir das nicht erzählt?«
Grainger schlug einen etwas autoritäreren Ton an. »Milo, tu bitte nicht so, als hättest du die Weisheit mit Löffeln gefressen, okay? Ich habe eine Entscheidung getroffen, die ich damals für richtig hielt. Außerdem wollte sie, dass es unter uns bleibt, und das habe ich respektiert.«
»Verstehe. «
»Und? Was hat sie rausgefunden?«
»Auf jeden Fall viel mehr als ich. Sie hat Videoaufnahmen von ihm aus der Bankfiliale in Marseille, die zeigen, wie er sein Honorar für den Mord an Michel Bouchard abhebt. Dreihunderttausend Dollar. Sie hat das Konto nach Zürich zurückverfolgt. Dort wurde es unter dem Namen Rolf Vinterberg eröffnet.«
»Vinterberg«, wiederholte Grainger langsam. Vielleicht schrieb er sich den Namen auf.
»Meiner Meinung nach hätten wir sie von Anfang an auf den Tiger ansetzen sollen. Dann hätten wir ihn schon vor Jahren geschnappt. Verglichen mit ihr, bin ich ein Stümper.« »Ich werd's mir merken, Milo. Aber wenn sie Geheimnisse verrät, möchte ich das erfahren.«
»Okay.«
»Du machst ihm aber keine Scherereien, oder?« »Wem?«
»Einner.«
»Du kennst mich doch, Tom. Ich werde ihm nur ein bisschen unter die Arme greifen.«
14
Kurz nach vier kehrte er in den Park zurück, nachdem er sich weniger auffällige Sachen übergestreift hatte:
T -Shirt und Jeans, die Ohrstöpsel sichtbar unter einem Filzhut, den er in einem Laden in der Nähe des Hotels gekauft hatte. Zusammen mit der Sonnenbrille reichte die Verkleidung, um nicht sofort von den Botschaftskameras entdeckt zu werden, aber einer genauen Prüfung hielt sie natürlich nicht stand. Das war auch nicht nötig.
Einners alte Frau war von einem alten Mann in einer schmuddeligen Members-Only-Jacke ersetzt worden, der mit dem Gesicht in der Sonne auf der Bank lümmelte und eine zusammengeknüllte schmutzige Plastiktüte neben sich hatte. Einners Blumenwagen parkte noch immer auf der Avenue Gabriel.
Bis fünf war nicht viel zu tun, also gab sich Milo seiner iPod-Auswahl hin. Er hoffte, dass ihn die Fortsetzung der französischen sechziger Jahre ein wenig aufheiterte. Wieder France Gall, Chantal Goya vor der Zeit als Interpretin von K inderliedern, Jane Birkin, Franc oise Hardy; Anna Karina und das Duo Brigitte Bardot/Serge Gainsbourg mit dem Song »Comic Strip«: SHEBAM! POW! BLOP!
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