Word-OleSte-DerTou
uns in einer noch nie dagewesenen Lage befinden? In der ganzen Geschichte hat kein Land je so viel Macht und Verantwortung gehabt wie wir. Wir sind das erste wirklich weltumspannende Imperium. Da ist es doch ganz klar, dass uns auch Fehler unterlaufen!«
Das war eine interessante Sichtweise, auch wenn er nicht mit ihr übereinstimmte. Trotz Graingers Schwäche für den Begriff hielt Milo nicht mehr viel von dem bequemen Schlagwort »Imperium« als Beschreibung für sein Land. Für ihn verbarg sich dahinter nur die Eitelkeit von Amerikanern, die beim Blick in den Spiegel Rom sehen und sich eine mythologische Aura verleihen wollten. Doch er fragte nur: »Machen dir die Franzosen Schwierigkeiten?«
»Hinter den Kulissen, außerhalb der Öffentlichkeit, sind sie äußerst kooperativ. Sogar bei einem Lieblingsprojekt haben sie mir geholfen.«
»Ach?«
Sie lächelte schmallippig. Ihre Wangen hatten sich gerötet. »Könnte zu einem echten Kick für meine Karriere werden. Großer Fisch.«
»Da bin ich aber gespannt.«
Kokett zwinkerte ihm Angela zu. »Ein Tiername.« »Tiername?«
»Knurrr«, hauchte sie verführerisch. Auch er wurde jetzt rot. »Der Tiger.«
12
Es schmerzte ihn, wie stolz sie sich zu ihm neigte, um ihm die Geschichte einer schon seit acht Monaten laufenden geheimen Ermittlung zuzuflüstern. »Seit Nov ember. Damals hat er den Außen minister Michel Bouchard beseitigt. Erinnerst du dich?«
Milo erinnerte sich gut. Grainger hatte Tripplehorn nach Marseille gesandt, um das Attentat zu untersuchen, aber die Franzosen hatten bald nichts mehr von seinen Fragen wissen wollen. »Wir haben jemanden hingeschickt, aber er wurde abgeblockt.«
Sie öffnete die Hand, wie um zu sagen: C'est la vie. »Ich habe einen Freund von mir, Paul, auf den Fall angesetzt. Ich kenne ihn über das Konsulat in Marseille. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hatte er kein Problem damit, meine Hilfe zu akzeptieren. Ich wusste einfach, dass es der Tiger war. Ich wusste es.«
»Ich hab nur gehört, dass ihn die Franzosen nach ein paar Monaten als den Mörder identifiziert haben.«
»Von wegen die Franzosen. Das war ich. Mit Pauls Hilfe, klar.« Sie zwinkerte und trank noch einen Schluck Wein. »Bouchard war mit seiner Geliebten im Hotel Sofitel. Kleiner Urlaub ohne Gattin.« Sie räusperte sich. »Ziemlich kontinental.«
Milo lächelte.
»Jedenfalls, sie waren auf irgendeiner Party - wirklich, diese Leute geben sich nicht mal Mühe, ihre Eskapaden zu verbergen - und sind sturzbesoffen zurückgekommen. Im Hotel haben ihn seine Bodyguards rauf in sein Zimmer gebracht. Es war natürlich vorher durchsucht worden, und sie haben ihn mit seiner Freundin allein gelassen. Dann folgte das Übliche, und am nächsten Morgen ist das Mädchen schreiend aufgewacht.« Angela griff wieder nach dem Glas und musterte es, ohne zu trinken. »Sie hatte nichts gehört. Der Gerichtsmediziner sagt, dass ihm gegen drei Uhr morgens die Kehle durchgeschnitten wurde. Der Täter ist über den Balkon eingedrungen und danach auf dem gleichen Weg wieder verschwunden. Auf dem Dach wurden Spuren gefunden. Von dort aus ist er mit einem Seil runtergeklettert. «
»Und die Frau?«
»Ein totales Nervenbündel. Sie und das Bett waren völlig mit Blut durchtränkt. Paul hat mir erzählt, dass sie geträumt hat, sich vollgepinkelt zu haben. Mehr hat sie von der Sache nicht mitgekriegt.«
Milo schenkte nach, dann war die Karaffe leer.
»Eigentlich gab es keinen Grund für die Vermutung, dass es der Tiger war. Ein Typ wie Michel Bouchard hat viele Feinde. Mann, sogar wir waren froh über seinen Abgang. Hast du seine Rede zum Tag des Waffenstillstands gehört?«
Milo schüttelte den Kopf.
»Er hat uns vorgeworfen, dass wir Afrika an uns reißen wollen. Die Franzosen halten sich für die Hüter des schwarzen Kontinents, und er hat uns bekniet, wir sollen wahllos Aids- Medikamente an alle verteilen.«
»Damit hat er doch nicht so Unrecht.«
Angela bedachte ihn mit einem Blick, den er nicht genau deuten konnte. »Vielleicht. Aber wie die anderen Europäer sieht er in unserer Weigerung eine Verschwörung mit dem Ziel ... was weiß ich, den Kontinent zu entvölkern, damit wir einmarschieren und uns das Öl unter den Nagel reißen können. Oder so was in der Richtung.« Sie genehmigte sich einen Schluck. »Wie auch immer, zehn Tage nach dieser Rede wurde er umgebracht.«
»Glaubst du, wir haben ihn umgelegt?«
Sie lachte auf. »Ich bitte dich. Einen
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