Word-OleSte-DerTou
Sachen nach Hause bringen sollen. Ist das korrekt?«
Grainger zögerte, und einen Moment lang fürchtete Milo, er würde nicht schnell genug schalten. Doch dann antwortete er: »Ja, das stimmt.«
»Sehr gut. Ihre Adresse haben wir, aber die genaue Lieferzeit wissen wir nicht. Was hatten wir denn ausgemacht? Heute Abend, glaube ich.«
Pause. »Sagen wir sechs Uhr. Passt das?«
»Kein Problem, Mr Grainger. Wir sind pünktlich.«
Milo trat ins Blarney Stone. Es war ein dunkles, tristes Lokal mit Fotos berühmter Iren aus der Literatur-, Film- und Musikgeschichte. Er nahm auf einem Barhocker Platz - gegenüber von Bono und zwei Plätze entfernt von einem dünnen, unrasierten Kerl, der sehr nach Stammgast aussah. Die Barkeeperin - eine abgetakelte Rothaarige - klang eher nach Jersey als nach Dublin. »Was darf's denn sein?«
»Wodka. Smirnoff.«
»Wir haben nur Absolut.« »Dann nehme ich den.«
Als sie ihm einschenkte, drehte er sich um, um das Münztelefon auf der anderen Straßenseite im Auge zu behalten. Zerstreut steckte er sich eine Davidoff zwischen die Lippen. Die Barkeeperin stellte ihm sein Glas hin. »Sie wissen doch, dass Sie das hier nicht dürfen.«
»Was?«
»Das.« Sie deutete auf die Zigarette. »Ach so, klar. Entschuldigung.«
In der nächsten halben Stunde blieb Milo auf seinem Posten an der Bar. Lange genug, um sich zu vergewissern, dass niemand seinen Anruf zurückverfolgt hatte und jetzt forensische Spuren sammeln wollte, und auch lange genug, um ein Smalltalkangebot der Barkeeperin auszuschlagen und sich für sein ungehobeltes Benehmen eine Rüge des Stammgasts einzufangen. Milo war kurz davor, seinen Frust an dem Besoffenen auszulassen, hatte aber Angst, dass es mit Mord und Totschlag enden könnte, daher zahlte er still und verschwand.
Mit der Linie 1 fuhr er zur West Eighty-sixth, wo er zwischen den Apartment-Hochhäusern des alten New York ein unauffälliges französisches Cafe entdeckte, das frisches Brot und Kaffee in winzigen Tassen servierte. Er setzte sich draußen an einen Tisch, um rauchen zu können.
Die Zeitungen schwiegen sich aus. Wenn Simmons handfeste Beweise gegen ihn gehabt hätte, hätte sie vielleicht sein Foto mit der vagen Andeutung eines terroristischen Hintergrunds in die großen Blätter setzen lassen. Oder vielleicht auch nicht. Der Heimatschutz veröffentlichte nur selten Bilder von Terroristen, weil er nicht wollte, dass sie entwischten und irgendwo anders eine neue Front eröffneten.
Solange er nicht wusste, was genau zu diesem Verhaftungsversuch geführt hatte, konnte er unmöglich vorhersagen, was Simmons als Nächstes plante.
Was ihm fehlte, war eine Theorie, die alles umfasste. Bis jetzt wollten sich die Einzelteile einfach nicht zu einem Ganzen fügen. Der Tiger zum Beispiel. Dass er Milo auf seine Fährte gelockt hatte, um sich an dem Auftraggeber zu rächen, der ihn getötet hatte - das leuchtete ihm durchaus ein. Aber wie hatte sich dieser Auftraggeber Zugang zu Milos Akte verschafft? Der Tiger hatte nur von einer »Akte« gesprochen. Von der CIA oder aus dem Ausland?
Dann Angela. Sie hatte keine Geheimnisse an die Chinesen verraten. Aber irgendjemand hatte es getan, wie sonst wären sie an diese Mitteilung gekommen? Und die Chinesen. Hatte der Guoanbu, der Nachrichtendienst der Volksrepublik, erfahren, dass sie observiert wurde? Oder ahnte er, dass sie sich mit ihrem wichtigen Öllieferanten Sudan befasste? War sie ohne ihr Wissen auf eine heiße Spur geraten?
Ihm dr ehte sich der Kopf. Ihre Schlaf tabletten konnte jeder vertauscht haben. Die Franzosen? Wahrscheinlich hatten sie schon bald nach Beginn von Einners Aktion im Floristenlieferwagen mitgekriegt, dass Angela beobachtet wurde. Aber auch hier stellte sich die Frage nach dem Grund. Denn eigentlich stand sie auf gutem Fuß mit dem französischen Geheimdienst.
Eine Antwort - falls er je eine fand - konnte er sich nur von Herbert Williams alias J an Klausner erhoffen, der dem Tiger seine Aufträge übermittelt hatte. Ein Mann mit einem Gesicht, aber ohne Identität, der den Interessen eines großen Unbekannten diente.
Zu viele Variablen, zu viele Lücken. Er griff nach seiner Zigarette und inhalierte tief. Schließlich zog er seine n iPod heraus und bat France Gau , seine Ängste zu vertreiben ... doch diesmal schaffte sie es nicht.
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Tom Graingers rie sige Wohnung in der 424 West End Avenue auf der Höhe der Eighty-first Street war von seiner Frau Terri gekauft worden, ehe sie zwei
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