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sie nicht allein.
»Klar, Mom. Danke.«
»Bin gleich wieder da.«
Hanna Crowe schloss die Tür, um die künstliche Kühle im Haus zu halten, und Tina blickte auf die grüne Bluthirse und zwei sterbende Pappeln, die kürzlich beim Zaun gepflanzt worden waren. Nein, das hier war nicht Venedig. In den nördlichen Vororten von Austin war Wasser etwas Kostbares, und das Land erstreckte sich weit und leer um sie herum. Die Leute wohnten voneinander getrennt hinter hohen Zäunen. Es war eine völlig andere Welt.
Hanna brachte ihr einen riesigen Plastikbecher Eislimonade und setzte sich neben ihre Tochter in einen Gartenstuhl. Eine Weile starrten sie nur schweigend auf das tote Gras. Hanna wirkte jünger als sechsundfünfzig, und ihre Haut hatte von der texanischen Sonne einen permanenten Rosaton. Oft wünschte sie sich lautstark, mit der natürlichen südlichen Bräune ihres Mannes Miguel geboren worden zu sein, aber genauso häufig pries sie auch den olivfarbenen Teint ihrer Tochter, die das Beste beider Seiten in sich vereinte.
Nach einer Weile fragte Hanna: »Immer noch nichts von ihm gehört?«
»Er ruft nicht mehr an.« »Natürlich ruft er wieder an.«
Es ärgerte Tina, dass ihre Mutter das einfach nicht begreifen wollte. »Er kann nicht, Mom. Die von der CIA glauben, dass er was ausgefressen hat, und er muss ihnen beweisen, dass er unschuldig ist, bevor er sich wieder melden kann.«
»Aber nur ein Anruf ... «
»Nein, Mom. Ein Anruf, und sie wissen, wo er ist. Einfach so.« Sie schnippte mit den Fingern. »Das darf er nicht riskieren.«
Ihr Mutter lächelte traurig. »Du weißt aber schon, wonach das klingt, oder?«
»Ja, nach Paranoia.«
Hanna nickte.
»Aber es ist keine Paranoia. Denk doch an die Limousine drüben vor dem Haus der Sheffields. Ich hab sie dir gezeigt.«
»Ach, das sind bestimmt Freunde der Sheffields.« »Und warum steigen sie dann nicht aus, Mom?«
Seit ihrer Ankunft vor zwei Tagen hatte Tina vergeblich versucht, ihrer Mutter die Situation klarzumachen. Ihr Vater hatte es doch auch kapiert, verdammt.
»Na ja, jedenfalls ist es schön, dass ihr hier seid. Sonst hätten wir Stephanie erst in ein paar Monaten wiedergesehen.«
Tina schloss die Augen. Wie konnte sie Verständnis von ihrer Mutter erwarten? Natürlich wussten ihre Eltern, dass Milo bei der CIA beschäftigt war, aber sie hielten ihn für einen Beamten, der Geheiminformationen irgendwelcher Art auswertete und daher nicht mit seiner Familie über seine Arbeit sprechen durfte. Von der Vorgeschichte ihrer ersten Begegnung hatten sie ebenso wenig erfahren wie von der Tatsache, dass er ein Company-Angestellter war, der manchmal eine Waffe trug und auch die Erlaubnis hatte, sie zu benutzen.
Die Männer in der Limousine vor dem Haus der Sheffields arbeiteten für die Frau, die ihrem Urlaub ein jähes Ende bereitet hatte. Special Agent Janet Simmons. Anfangs hatte sie das Gefühl gehabt, dass ihr noch nie so ein Miststück über den Weg gelaufen war wie diese Frau. Doch aus mehreren Tagen Abstand musste sie diesen Eindruck korrigieren, denn Simmons hatte sich sehr darum bemüht, die Gründe ihres Handelns zu erläutern. »Ja, ich bin überzeugt, dass er Angela Yates und noch einen anderen Menschen ermordet hat. Deswegen will ich ihn festnehmen. Warum ist er geflohen? Können Sie mir das erklären, Tina?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Eben. Wenn er unschuldig ist, dann bin ich absolut dafür, mir seine Fassung der Geschichte anzuhören. Aber dazu muss ich ihn erst vor mir haben.« Sie schüttelte den Kopf, und ihr wanderndes Auge huschte über die Wand. »Diese plötzliche Flucht sieht gar nicht gut aus. Vielleicht haben Sie Kenntnis von etwas, was Sie mir verschwiegen haben? Wo er hinwollte, zum Beispiel?«
In aller Ehrlichkeit hatte Tina darauf beharrt, dass sie nicht eingeweiht war, und in den letzten Tagen ging ihr immer wieder durch den Kopf, wie wenig sie eigentlich wusste. Selbst Patrick tat auf einmal so, als hätte er es schon immer geahnt. Lag das daran, dass er wehleidig und kleinlich war, oder hatte er etwas wahrgenommen, für das sie blind war?
Ihre Mutter hatte gerade eine Bemerkung gemacht, von der sie nur noch das Ende mitbekam. » ... frische Tortillas vom Grill.«
»Was?«
Lächelnd strich Hanna Crowe ihrer Tochter über den Arm. »Das neue Restaurant an der 1-35. Ich dachte, da könnten wir heute Abend hingehen. Was meinst du?«
»Ja, Mom. Klingt gut.«
Miguel Crowe galt als etwas Besond eres, seit er
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