Working Mum
nissenfreien Kopf auf ein niedliches graues Kaschmirkissen zurücksinken. Ich möchte ihr auf den Arm tippen und sie fragen, ob ich nicht ihr Leben kaufen kann.
Als ich sicher bin, dass die Göttin eingeschlafen ist, mache ich verstohlen meine eigene Tasche auf. Inhalt:
Zwei Notfallrationen Aspirin
Ungespülter weißer Medizinlöffel mit krustigem Rand
Ersatzunterhosen für Emily (Schwimmen)
Läusekamm, in NYC für Eigengebrauch erworben
Einsames schmuddeliges Tampon
Widerliches Pokemonspielzeug von Notfalleinkehr bei McDonald’s letztes Wochenende
Oranger Filzstift ohne Kappe
Otto-Fresssack-Pixibuch
Knäuel von Tempos, alle orange vom Filzstift
Packung Bananenkaffee-Rollos limited edition (widerlich, sind aber nur noch drei da)
Coco-Chanel-Eau-de-Toilette-Miniaturfläschchen (Zerstäuber kaputt)
Little-Miss-Busy-Buch, das Emily mir für die Reise aufgedrängt hat
Zwischen meiner Brieftasche und einem Stapel eingetrockneter Pampers-Reinigungstücher finde ich Jack Abelhammers Visitenkarte mit seiner Privatnummer und einer auf die Rückseite gekritzelten Nachricht: «Jederzeit!»
Beim Anblick seiner Handschrift bekomme ich ein Gefühl, als würden Klauen über den Grund meines Magens scharren. Das Gefühl längst vergangener Teenagerschwärmereien, von Sex, als er noch ebenso rätselhaft wie aufregend war. Beim Dinner in New York haben Jack und ich über alles Mögliche geredet – Musik, Filme, Tom Hanks (der neue Jimmy Stewart?), die Gedichte von Emily Dickinson, Kate Blanchett als Elisabeth die Erste, Apollo 13, Jellybeans, Art Tatum, Rom im Vergleich zu Venedig, die mysteriösen Allüren von Alan Greenspan, sogar über die Aktien, die ich für ihn kaufe. Über alles, mit Ausnahme der Kinder. Warum hast du nichts von deinen Kindern gesagt, Kate?
14.07: Zurück aus Heathrow, stürme ich ins Büro, um mein Gesicht zu zeigen. Erwecke den Anschein höchster Aktivität, indem ich Bücher und Finanzzeitschriften auf meinen Schreibtisch türme, dann rufe ich mich selbst von meinem Handy aus an und lasse den Apparat auf dem Schreibtisch klingeln. Nehme ab und führe angeregtes Gespräch mit mir über brandheiße Entwicklungen auf dem Markt, ehe ich wieder auflege. Sage Guy, dass ich wegen wichtiger Recherchen das Büro verlassen muss. Winke mir ein Taxi ran und bringe den Fahrer dazu, mich zu Highbury Corner zu fahren und vor der Bäckerei zu warten, während ich rausspringe und die Teletubbytorte hole. Ist nicht schlecht geworden. Po sieht vielleicht ein bisschen beleidigt aus und La-La eher senffarben als gelb. Zehn Minuten später, als wir in unsere Straße einbiegen, sehe ich einen blauen Luftballon an der Haustür. Als ich ins Haus gehe, kommt Ben in den Flur gewatschelt, stößt ein Erkennungsjaulen aus und fängt an zu weinen. Falle auf die Knie, nehme ihn in die Arme und drücke ihn ganz fest.
Letztes Jahr um diese Zeit war er erst Minuten alt und nackt, bis auf einen butterigen Film. Heute, von Paula angezogen, trägt er ein Arsenal-Trikot mit dem Namenszug Adams auf dem Rücken. Ich zeige nicht, wie sehr mich das ärgert. Stattdessen gebe ich Ben, als sie aus der Küche geht, eine Packung zahnfreundlichen Traubensaft und schaue seelenruhig zu, als er sie umdreht und ihm ein lila Bächlein vom Hals bis zum Nabel rieselt.
«Ach, du meine Güte», sage ich laut. «Du hast doch wohl nicht Saft über dein ganzes hübsches Fußballzeug geschüttet. Da müssen wir wohl schnell mal nach oben gehen und dich umziehen.»
Ja!
16.00: Auf Bens Party wimmelt es von Paulas Kindermädchenfreundinnen mit ihren Schützlingen, von denen ich viele nicht erkenne. Sie sind Teil seines Lebens ohne mich. Wenn diese unbekannten Mädchen seinen Namen sagen und mein Sohn vor Freude strahlt, fühle ich einen Stich von – was? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich es Reue nennen.
Im Wohnzimmer unterhält sich eine Hand voll nicht berufstätiger Frauen angeregt über einen Kindergarten in der Nähe. Sie scheinen ihre Kinder kaum zu beachten, handhaben sie mit einem beineidenswert unsichtbaren Touch, wie geübte Drachenlenkerinnen, während minderwertige Mütter wie ich die brüllende Brut mit Aufmerksamkeit überschütten.
Ein unsicheres Niemandsland erstreckt sich zwischen den beiden Mütterlagern und macht es uns manchmal schwer, miteinander zu reden. Ich habe den Verdacht, dass die nichtberufstätige Mutter die berufstätige mit einer Mischung aus Neid und Furcht betrachtet, weil sie denkt, die
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