World of Warcraft: Jaina Prachtmeer - Gezeiten des Krieges
den Geist des Lebens um einen letzten Gefallen und beschwor zwei Spektralwesen an seine Seite – Geisterwölfe, durchsichtig und nebelhaft, doch nicht minder gefährlich als ihre Verwandten aus Fleisch und Blut. Schon früher hatte er solche Manifestationen erschaffen, doch jetzt, da ihm der Geist des Lebens ganz bewusst seine Kraft lieh, waren die Wölfe stärker als je zuvor. Mit einem Geheul, das die Luft erzittern ließ, sprangen die geisterhaften Raubtiere Jaina an und lenkten sie von ihrer grimmigen Beschwörung ab.
„Du zögerst das Unausweichliche nur hinaus“, zischte die Magierin, während ihre Hände Muster in die Luft malten, und plötzlich explodierte rings um sie lavendelweiße arkane Energie. Während sie nun vor Schmerzen heulten, kehrten die Wölfe in die Existenzebene zurück, aus der Thrall sie herbeigerufen hatte. „Du kannst mich nicht besiegen. Nicht, solange ich die Fokussierende Iris besitze. Sie …“ Ohne Vorwarnung verwandelte sich ihr Zorn in Schmerz. „Du kannst das nicht verstehen. Du hast es nicht gesehen. Du weißt nicht, was sie Theramore angetan haben – und mir …“
Sie so leiden zu sehen war Thrall noch unerträglicher als ihr Zorn. Jaina war eine einzige offene Wunde, die denjenigen wehtun wollte, die ihr dieses Leid zugefügt hatten. Mehr noch, sie wollte all jenen wehtun, die ihr Hoffnung geschenkt hatten. Tiefes Mitgefühl breitete sich in ihm aus, doch an seiner Entschlossenheit konnte sie keinen Augenblick lang rütteln.
„Du hast recht“, sagte er, woraufhin sie überrascht zu ihm hinüberblickte. „Ich war nicht dort. Aber ich kann sehen, was aus dir geworden ist. Was Garrosh dir angetan hat. Kämpfe gegen Garrosh! Ich werde dich nicht aufhalten. Aber lass nicht zu, dass Unschuldige – es sind Kinder, Jaina, Kinder! – den Preis mit ihrem Blut bezahlen! Du würdest nicht nur sie töten; du würdest die ganze Zukunft töten!“
„Für die, die unter Qualen in Theramore gestorben sind, gibt es auch keine Zukunft mehr“, schnappte Jaina zurück. „Warum sollten die Orcs eine Zukunft bekommen, wenn mein Volk keine hat? Wenn Kinndy und Tervosh und all die anderen guten, rechtschaffenen Bewohner von Theramore tot sind?“ Die nächsten Worte schienen mehr ihr selbst zu gelten als Thrall. „Warum sollte irgendjemand dann noch eine Zukunft haben?“
In diesem Augenblick riss sich die Welle los.
Der Orc krümmte den Rücken und warf die Hände über den Kopf. Seine Muskeln schrien gequält, und seine brennenden Lungen rangen um Atem, als er all seine Stärke mobilisierte, um die Woge zurückzuhalten.
Der Kamm der Welle ragte schon gefährlich weit vor, aber dann verharrte sie, ebenso heftig bebend wie Thrall unter den Kräften, die auf sie einwirkten. Luft und Wasser rangen miteinander, in einem Kampf, den keines der Elemente wirklich wollte, und das Beben der Woge nahm noch zu. Thrall konnte keinen Gedanken, keine Handbewegung mehr an seine eigene Verteidigung verschwenden, spürte nur noch, wie sich das Wasser loszureißen versuchte, wie der Wind dagegen anblies und es zurückhielt.
Er selbst war nun auf Gedeih und Verderb einer Frau ausgeliefert, die nur ein paar Meter entfernt stand, die er einst „Freundin“ genannt hatte, die nun aber mit aller Macht versuchte, zur Verkörperung des Todes zu werden.
„Ruf die Luft zurück, Thrall!“, brüllte Jaina. Eine ihrer Hände ruhte noch immer auf der Fokussierenden Iris, die andere zog sie nun an den Körper, und dann begann die arkane Energie auch schon um sie herumzuwirbeln. Ihre Robe und ihr weißes Haar bauschten sich auf. „Oder ich werde dich hier und jetzt töten! Verlieren wirst du so oder so!“
„Dann töte mich!“, keuchte der Schamane. „Streck mich nieder! Kehre allem den Rücken, was dir einst Vertrauen und Mitgefühl schenkte! Denn solange ich noch Atem in mir habe, werde ich nicht zulassen, dass diese Welle Orgrimmar zerstört!“
Einen Moment lang schien es so, als ließe Jainas Entschlossenheit nach. Doch dann verhärtete sich ihr Gesicht.
„So sei es“, murmelte sie und sammelte die Energie in ihrer Hand.
Da fiel ein Schatten über sie beide, und ehe Thrall und Jaina sichs versahen, landete auch schon eine gewaltige reptilienhafte Gestalt im Sand und schob ihren massigen blauen Leib zwischen den Orc und die Menschenfrau. „Jaina! Nicht !“, rief sie.
Thrall konnte es nicht glauben. Kalecgos – hier! Wie hatte er sie nur gefunden? Doch noch im selben Moment fiel ihm die
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