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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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gewartet, bis John Wing herausgestürmt war und ihm mit der Polizei gedroht hatte.) Auch Tom Crane redete nicht mehr mit ihm. Bis jetzt jedenfalls nicht. Und Hector hatte sich zwar auf ein Bier zu ihm gesetzt, dabei aber ein Gesicht gemacht, als hätte Walter plötzlich eine hochinfektiöse Lepra oder so. Sogar Hesh und Lola verübelten es ihm. Er hatte begonnen, sich wie eine Figur in einem Country & Western-Song zu fühlen – hab das Liebste im Leben verloren, ach was bin ich einsam, und all diese Schnulzen. Jetzt natürlich, wo er sie nicht mehr hatte – sie nicht haben konnte –, jetzt wollte er sie mehr als alles auf der Welt. Oder etwa doch nicht?
    »Und Mordor?« sagte der Schwätzer zu ihm. »Was glaubst du wohl, wofür das steht? Häh?«
    In diesem Augenblick ging die Klotür auf, und Galadriel stolzierte heraus, wobei sie Walter einen vernichtenden Blick zuwarf und die Nase rümpfte, als wäre sie in Hundedreck getreten. Ihr Bruder – falls er tatsächlich ihr Bruder war – war zu aufgeregt, um sie überhaupt wahrzunehmen. Er packte Walters Arm noch fester und drängte sich dicht an ihn heran. »Die guten alten USA«, sagte er. »Dafür steht es nämlich.«
    Eine kleine Pille, halb so groß wie ein Aspirin, und durch Walter rasten Ströme von Licht. Jessica. Ihre Stupsnase, die langen Beine, ihr Märtyrertum in der Küche: wer brauchte sie denn? Er hatte schließlich Mardi, oder nicht? »Erzähl das doch den Schlitzaugen«, sagte er und starrte den Schwätzer durchdringend an. Dann war er im Klo und verriegelte die Tür hinter sich.
    Im Spiegel sah er Augen, die aus nichts als Pupillen bestanden, einen zuckenden Schnurrbart und die um seine Ohren paradierenden Haare. Indem er auf dem gesunden Fuß balancierte, klappte er mit der Spitze des anderen die Brille hoch, verfehlte dann aber sein Ziel, weil das Klobecken unerwarteterweise beiseite rutschte und durch den Raum tanzte. Er zog gerade den Reißverschluß hoch, als er seine Großmutter bemerkte. Sie lag in der Wanne. Auf dem Kopf eine Duschhaube, die mit Fröschen in Rosa, Grün und Blau dekoriert war. Das Badewasser, seifig, dunkel wie der Hudson, umspülte ihre großen, teigigen nackten Brüste, die sie von Zeit zu Zeit mit einem Waschlappen abrubbelte. Sie sprach kein Wort, bis er sich umdrehte, um hinauszugehen. »Walter?« rief sie, als er den Riegel aufschob. »Hast du dir auch brav die Hände gewaschen?«
    Der Korridor war leer, weder der Wehrpflichtige noch seine Schwester waren zu sehen. Die Cowboys hatten die Küche freigegeben. Aus dem Wohnzimmer jedoch erscholl wirres Geschrei und trötendes Partyhupen, und als Walter eintrat, sah er, daß sich alle Fremden des Hauses dort versammelt hatten, grinsend mit Konfetti um sich warfen und einander wie im Delirium in die Arme fielen. »Proosneujaah!« brüllte einer der Cowboys. Strahlend wie ein Engel im Lichterkranz schritt Walter mitten in die Menge hinein, stieß ein schmusendes Pärchen mit der Schulter beiseite und packte einen Burschen mit Spiegelsonnenbrille, der gerade eine Flasche Jack Daniels zum Mund hob, am Arm. »Hey!« schrie er lauter als das Getöse der Rasseln und Blechtuten, »hast du Mardi gesehen?«
    Der Typ trug rosa Hosenträger und eine Armeejacke mit abgeschnittenen Ärmeln über einem Mickymaus-T-Shirt. Er war schon älter, vielleicht sechsundzwanzig, siebenundzwanzig. Er schob die Sonnenbrille zurück und sah Walter an, schwere Tränensäcke unter den Augen. »Wen?«
    Walter wehrte eine Attacke von hinten ab – ein großes Pferd von einer Frau mit verschmiertem Lippenstift und einem kegelförmigen, über die Nase gerutschten Papierhütchen, das sie einem Nashorn ähneln ließ, rammte mit voller Wucht gegen seinen Plastikfuß, rülpste eine Entschuldigung und kreischte ihm dann »Prost Neujaaah!« ins Gesicht – und versuchte es noch einmal. »Mardi Van Wart – du weißt schon, mit der bin ich doch hergekommen.«
    »Scheiße, Mann«, der Kerl zuckte die Achseln und streichelte zärtlich die Flasche, »ich kenn hier überhaupt keinen. Ich bin aus New Jersey.«
    Aber jetzt stand die massige Frau vor ihm, schwankte unsicher hin und her. »Mardi?« wiederholte sie überrascht, als hätte er sich nach Jackie Kennedy oder der Königinmutter erkundigt. »Die is schon weg.«
    Die Hupen dröhnten ihm in den Ohren. Alles drehte sich. Er bemühte sich, mit beherrschter Stimme zu sprechen. »Weg?«
    »Jaja. Muß schon ’ne Stunde her sein. Mit Joey Bisordi – du kennst doch

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