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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Rock nach Norden bis zum Zweifach Gegabelten Baum erstreckte, nach Süden nur bis zum Wildpfad und nach Osten bis zum Murmelnden Bach. So gut wie nichts! Das ganze Gebiet hätte er an einem Nachmittag dreimal der Länge und der Breite nach abschreiten können. Endlich, endlich hatte er sie überlistet. Ja, dachte er, während er an der zeremoniellen Pfeife zog und innerlich frohlockte, was für ein Geschäft!
    Doch seine Freude war von kurzer Dauer. Denn Wasamapah, dem daran gelegen war, den alten Häuptling bloßzustellen, und in dessen Mokassin ein Schuldschein des patroon über zweitausend Gulden steckte, hatte heimlich der Vertragskette drei schartige brüschenfarbige Muscheln hinzugefügt – drei Muscheln, die die Grenzen des vom patroon erworbenen Gebietes dermaßen erweiterten, daß sie auch den letzten Werst, Morgen und Acre des Stammeslandes der Kitchawanken umfaßten. Wo für Sachoes vom Zweifach Gegabelten Baum die Rede gewesen war, hatte Wasamapah, so behauptete er, von dem Zweifach Gegabelten und Zweimal vom Blitz Getroffenen Baum gehört. Und wo Sachoes dem Nahen Wildpfad als Südgrenze zugestimmt hatte, verzeichnete Wasamapahs Muschelkette dafür den Fernen Wildpfad, was etwas ganz anderes hieß; und so war es auch beim Murmelnden Bach, der bei Wasamapah Murmelnder Bach im Winter hieß. Als Wasamapah vor dem Rat der Ältesten die Muscheln des Vertrages erläuterte, legte sich wachsende Empörung auf die zerfurchten, müden Mienen jener erhabenen Körperschaft, und ein anklagendes Blitzen flackerte in ihren uralten Augen.
    Sechs Monate später starb Sachoes. Den alten Häuptling, der seit den Verhandlungen weder essen noch schlafen, weder stehen noch sitzen noch sich zur Ruhe legen konnte, zerfraß der Kummer über das, was er getan hatte. Oder vielmehr über das, was Jan Pieterse, Oloffe Van Wart und Wasamapah ihm angetan hatten. Nicht ein Krieger im ganzen Stamm war für ihn eingetreten – er sei ein seniler Schwätzer, eine Squaw im Lendenschurz, und er habe die Seele seines Stammes verspielt: für eine Handvoll Tand, für Hunde, die längst entlaufen waren, für einen Weißenhut, an dem der Schimmel nagte, für Essen, das verzehrt war, und Perlen, die im Gras verlorengingen. Er war erledigt. Am Ende. Der strenge, selbstgerechte, unversöhnliche Wasamapah, ein Mann von plötzlichem Wohlstand und Vertrauter des großen patroon- Häuptlings, der jetzt die Herrschaft über sie ausübte, sprang in die Bresche, um ihn zu ersetzen. Ausgestoßen, gramgebeugt, als Verräter am eigenen Volk schwand Sachoes dahin, sein Lebensfaden so zart wie der Flaum, der am Löwenzahn haftet. Wahwahtaysee versuchte, ihn zu beschützen, vergeblich. Eines Tages, mitten in dem seltsam fahlen und winterlichen Sommer, der auf den Coup des patroon folgte, blies der Wind. Blies stark. Blies in einem regelrechten Sturm. Und das war das Ende von Sachoes.
    »Tja, der Sachoes«, seufzte Piet, und Walter fuhr hoch und blickte um sich, als wäre er in einer Alptraumwelt. »Einer seiner eigenen Leute hat ihn reingelegt, so war’s doch, oder?« Der Kobold griente ihn jetzt an, sein Grinsen legte breite Flächen Zahnfleisch frei, die Augen waren tief eingesunken in die zwei Ausgußlöcher der runzligen Höhlen. »Verraten, beschissen, und ’n Dolch im Rücken. Stimmt’s?«
    Walter starrte ihn nur an.
    Und dann beugte sich Piet weit über den Abgrund zwischen den Betten, das Gesicht immer noch zu diesem ruchlosen Grinsen verzogen, und versetzte Walter einen Puff, so fest er konnte. »Na, und was hörst du so von deinem Alten?«
    Was er von ihm hörte? Die Frage ließ Verbitterung in ihm aufwallen – beinahe versagte seine Stimme. »Nichts höre ich von ihm. Überhaupt nichts. Das letztemal – da war ich elf.« Er sah zu Boden. »Ich weiß nicht mal, ob er noch am Leben ist.«
    Der Zwerg fiel vor Überraschung – oder gespielter Überraschung – in sein Bett zurück. Seine Augenbrauen zogen sich in die Höhe. Hektisch fächelte er sich mit der Hand Luft zu. »Elf? Teufel auch. Mann, und ich hab grade erst ’ne Postkarte von ihm gekriegt – wann war das? – Scheiße, das muß kurz vor meinem Unfall gewesen sein.«
    Walters gesamtes Wesen bestand nur noch aus dem Pochen seines Herzens. »Woher?« stieß er hervor. »Wo ist er?«
    »Arbeitet als Lehrer«, sagte Piet und ließ einen Moment verstreichen. »In Barrow.«
    »Barrow?«
    »Point Barrow.« Pause, Grinsen, Lippenlecken. »Weißt schon, in Alaska.«
    Am nächsten Morgen war

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