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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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wild und eiskalt.
    Staats wiederholte den Namen noch zweimal, dann hielt er stockend seine Ansprache. Er hatte eine Axt und ein Messer mitgebracht, und die hielt er Jeremias jetzt hin, zusammen mit dem Korb voll Essen – Brot, geräucherte Alse und Kohl –, den Meintje gepackt hatte. Jeremias antwortete nicht. »Willst du nicht nach Hause kommen?« fragte ihn Staats, beinahe im Flüsterton.
    »Das hier ist mein Zuhause«, sagte Jeremias.
    Es war verrückt. Hoffnungslos. Unverantwortlich. Mitten im Juni, die Saat sollte längst in der Erde sein, und trotzdem wollte Jeremias es versuchen. Ein Krüppel mit einer halb wahnsinnigen Schwester und ihrem kleinen Hosenscheißer, und der wollte die Hütte neu aufbauen, die Felder pflügen, verspätet die Saat aussäen und vor dem Winter noch ernten. Meintje spitzte die Lippen, als sie das hörte, Douw starrte in seine Tasse mit Apfelwein. Doch am nächsten Morgen waren Staats, Douw und der zehnjährige Barent zur Stelle, mit ihren Gerätschaften und einem Essenskorb, der für die ganze englische Flotte gereicht hätte. Jeremias umarmte sie feierlich, einen nach dem anderen. Dann fingen sie mit dem Pflügen an.
    In den kommenden Wochen sprang das ganze Dorf ein. Reinier Oothouse half bei der Zimmermannsarbeit, Hackaliah Crane kam mit seinen Leuten vorbei, Oom Egthuysen verlieh zeitweilig eine Milchkuh, die eigentlich dem patroon gehörte, und Meintje veranstaltete eine Sammlung unter den huisvrouwen , um ein paar Teller und Tassen, Bettzeug und Töpfe zusammenzusuchen. Sogar Jan Pieterse beteiligte sich an der Sache, indem er zwei Fässer ’Sopus-Ale, einen Sack Saatzwiebeln, eine neue Pflugschar und ein Streichblech beisteuerte. Es war nicht viel, aber es reichte aus, um ihnen auf die Beine zu helfen. Anfang Juli hatte Jeremias Mais und Weizen gesät, in einem Beet vor dem Haus sprossen Kürbisse und Rüben, und Katrinchee, die jetzt knapp neunzehn war, herrschte erstmals in ihrem jungen Leben über eine eigene Küche. Die Hütte war in zwei Wochen aufgebaut worden, direkt über den verkohlten Resten der alten, und obwohl sie primitiv, stickig, eng und feucht war, würde sie ihnen im Winter Schutz gewähren. Allmählich sahen die Dinge besser aus.
    Wie der patroon davon Wind bekam, war Staats ein Rätsel (dem alten Van Wart taten nach einer ungestümen Gichtattacke alle Gelenke und Zehen weh, und er war seit über sechs Monaten nicht aus Croton heraufgekommen), jedenfalls bekam er davon Wind. Der patroon tobte. Man nutze ihn aus, während er auf dem Krankenbett leide. Wilde Siedler hätten sich auf Nysen’s Roost niedergelassen, Schnorrer, Landstreicher, die sich dort eingeschlichen hätten wie feige Rothäute und sein Land beanspruchten, ohne seine Hoheitsrechte anzuerkennen oder sich die Mühe zu machen, Vereinbarungen zum Bezahlen der Pacht zu treffen. Das konnte nicht geduldet werden. Es war Frevel gegen die Gesetze Gottes und der Menschen, ein frecher Schlag ins Antlitz der Gesellschaft der Gerechten. Er schickte den schout los, um die Sache zu untersuchen.
    Joost gefiel der Auftrag überhaupt nicht. Und Neeltje wollte er schon gar nicht dabeihaben. Wirklich nicht. Zwar glaubte er nicht, daß es Ärger geben würde – einstweilen jedenfalls noch nicht –, aber er hatte Angst, sie könnte etwas sehen, das sie nicht sehen sollte. Wer wußte denn, was das für Leute waren? Womöglich verluderte Säufer, die in Sünde lebten, Aas fraßen und Austernschalen auslutschten, es konnten Halbindianer oder Yankees oder entlaufene Sklaven sein. Er wußte nur, daß eine Familie – Mann, Frau und Kind – sich auf Nysen’s Roost eingenistet hatte, und daß es seine Aufgabe war, sie entweder ordnungsgemäß als Pächter einzumieten oder sie gewaltsam zu entfernen. Nein, seine Tochter wollte er dazu bestimmt nicht mitnehmen. Nur hatte Neeltje andere Pläne. »Vader«, bettelte sie und sah ihn mit einer Miene an, die selbst den Wächter am Himmelstor erweicht hätte, »nimmst du mich mit? Bitte?« Es wäre doch so einfach, erklärte sie. Er könnte sie bei Jan Pieterse absetzen, seinen Auftrag erledigen und sie danach wieder abholen. Moeder hatte eine lange Liste von dringenden Besorgungen, und warum sollte er nicht etwas Zeit sparen und sie die Sachen einkaufen lassen? Sie könnte auch gleich ein paar Geschenke für die Kleinen mitbringen. »O bitte, bitte«, flehte sie, und Ans und Trijintje, neun und zehn Jahre alt, warfen ihm hoffnungsvolle Blicke zu. »Wir brauchen so viel aus

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