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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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er befand sich im Zentrum des Wirbelsturms. Van Wart? Mardi Van Wart?
    »Sie hat gesagt, daß sie mit dir und Hector zusammen war in der Nacht, als ... äh, als du den Unfall hattest, weißt du? Sie meinte, sie müßte dich dringend mal sprechen.«
    Er spürte, wie es an ihm zerrte, etwas Obszönes, Unheiliges, Unwiderstehliches. »Du ... du kennst sie?«
    Tom Crane war lächerlich. Nackt und triefend, das stinkende Handtuch unter den Arm geklemmt und mit einer lässig heraushängenden Zahnbürste zwischen den Lippen, sah er kurz auf, um Walter einen höchst bedeutsamen, ziegenzähnigen Blick zuzuwerfen. »O ja«, sagte er, mitten im gellenden Geschrei der Unschuldigen, »ich kenne sie.«
    Jessica trug ein Spitzenkleid, das unterernährte Lohnarbeiter am anderen Ende der Welt mühsam geklöppelt hatten, ein Paar schlichter weißer Sandalen und die elfenbeinerne Kameebrosche ihrer Großmutter. In ihrem glänzenden Haar, dessen strahlendes Blond selbst die Wikinger geblendet hätte, blitzten hie und da Träubelhyazinthen und Primelblüten auf. Walter stand neben ihr, inmitten der sorglosen Bienen und Schmetterlinge des Spätvormittags, flankiert von Hesh und Lola und Jessicas rosagesichtigen Eltern, während Tom Crane aus einem Science-fiction-Roman eine Passage über außerirdische Fortpflanzung vorlas und Herbert Pompey mit wahren Blumenmassen im Haar herumtanzte und auf seiner Nasenflöte die verschlungenen Melodien indischer Schlangenbeschwörer interpretierte. Jessica rezitierte ein paar Verse von einem obskuren Poeten zum Thema Liebe und Fisch, und dann trat Hesh vor, um die klimaktischen Sätze der standesamtlichen Zeremonie zu sprechen (»Willst du, Walter Truman Van Brunt, diese Frau ... bis daß der Tod euch scheidet?«). »Ja«, sagte Walter und küßte die Braut in einer Aufwallung der Gefühle – in Liebe und Dankbarkeit und in vollem Begreifen des Lebens und der Jugend –, und vorübergehend entkam er der Gosse der Verwirrung, in die der Unfall ihn gestürzt hatte. In diesem Moment zündete Hector Mantequilla einen Satz Arecibo-Knallfrösche, und die Feier konnte endlich anfangen.
    Jessicas Familie, die Conklins wie auch die Wings, gingen schon früh. Großmutter Conklin, eine steife alte Patrizierin mit leichenbleicher Haut, einer gewaltigen Nase und Schildkrötenaugen, war in eine Decke gewickelt den Hügel hinaufgetragen worden. Sie saß auf einem Klappstuhl im Schatten der Eiche, umringt von ältlichen Nichten aus Connecticut, einen unübersehbaren Klecks von Kuhscheiße auf ihren schwarzen Lackpumps, und musterte die Vorgänge mit sichtlichem Mißfallen. Eine halbe Stunde nach dem Ausschenken des Punsches und dem Anschneiden der Torte war sie verschwunden. Die ältlichen Nichten folgten ihr bald, und dann drückte John Wing höchstpersönlich – mit der Verbindlichkeit und der verlegenen Stattlichkeit des weisen Vaters einer Fernsehserie – Walter zum Abschied die Hand und bat ihn, gut auf sein kleines Mädchen aufzupassen. Am späten Nachmittag hatten sich alle Vertreter der älteren Generation verabschiedet, Insektenstiche kratzend und die sonnenverbrannten Gesichter mit Taschentüchern betupfend. Hesh, Lola und Walters Tante Katrina (voll wie eine Haubitze und mit den Tränen ringend) waren die letzten.
    Das Gewitter begann sich gegen vier zusammenzubrauen. Jessica referierte mit blitzenden Augen und schwerer Zunge für Nancy Fagnoli die detaillierte Biographie von Herbert Axelrod, dem Schutzpatron der Tropenfische, Walter kippte sich bei den Bienenstöcken mit Herbert Pompey billigen Sekt hinter die Binde und rauchte einen Joint, Tom Crane hockte mit Hector und einem halben Dutzend weiterer Hochzeitszelebranten in einer Rauchwolke auf der Veranda. Susie Cats, eine große, überkandidelte Frau mit weichgekochten Augen, war auf Toms Feldbett zusammengeklappt, nachdem sie vierzehn Tassen Tequila-Punsch getrunken und zwei Stunden lang unablässig geflennt hatte. Jetzt lag sie flach, und ihr leises, rhythmisches Schnarchen drang über die Lichtung zu Walter und Pompey. Irgendwo weiter oben im Wald spielte jemand Gitarre.
    Walter musterte den tiefhängenden Bauch der Regenwolke, die sich über die Baumwipfel schob, den Einschnitt des Hügels hinter ihm auffüllte und sich aufblähte, als wollte sie die Sonne ersticken. Innerhalb weniger Minuten war der Himmel schwarz. Mit zum Schutz vor dem Rauch zusammengekniffenen Augen reichte ihm Herbert Pompey den gelbverfärbten Rest des Joints. »Sieht aus,

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