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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Tintenfaß, ein Porzellannippes – und durch das Fenster zu schmettern. Darin war er ein Meister. Als Junge hatte er mit Modelleisenbahnen, Spieldosen und Krocketschlägern um sich geworfen und, als er älter wurde, mit Squash- und Golfschlägern und Whiskygläsern. Er hatte sogar schon etwas in der Hand, irgendeinen blödsinnigen Indianerkitsch – was war das, ein Kalumet? ein Tomahawk? –, ehe er die Beherrschung wiederfand. Er stellte das Ding ab und griff in die Brusttasche, um eine beruhigende Prise Kellerstaub zu sich zu nehmen.
    »Du meinst also«, begann er und drehte sich zu ihr um, »das Grundstück ist nicht zu verkaufen – für niemanden? Du meinst, der alte Scheißer braucht das Geld nicht?«
    »Doch, verkaufen will er schon. Man erzählt, daß er Geld zusammenkratzen will, um seinem Enkel etwas zu hinterlassen.« Marguerite klappte eine Puderdose auf, starrte in den Spiegel wie in einen endlos tiefen Brunnen und betupfte sich dann die Nasenflügel. »Nur, sechstausend findet er eben zuwenig, das ist alles.«
    Natürlich. Dieser Dreckskerl. Dieser Heuchler. Jedem nach seinen Bedürfnissen, jedem das gleiche, Eigentum ist Diebstahl und der ganze Mist. Große Sprüche, sonst nichts. Wenn es darauf ankam, war Peletiah Crane so käuflich wie alle anderen auch. Sechstausend Dollar pro Hektar Land, das schon für die Indianer völlig wertlos gewesen war, sechstausend pro Hektar für ein Grundstück, das er Depeysters Vater für ein Hundertstel dieses Preises praktisch gestohlen hatte. Und die sechstausend reichten ihm noch nicht einmal. »Was will er denn haben?«
    Marguerite blinzelte ihn nochmals geziert an und senkte die Stimme, um den Schlag etwas zu dämpfen. »Eine Zahl hat er genannt.«
    »Wieviel?«
    »Jetzt reg dich nicht gleich auf. Denk dran, wir handeln noch mit ihm.«
    »Ja, ja. Also, wieviel will er?«
    Ihre Stimme war ein Nichts, ein Hauch, eine Stimme, die aus den Tiefen einer Grotte empordrang. »Achttausendfünfhundert.«
    »Achttausendfünfhundert!« echote er. »Achttausendfünfhundert?« Erneut mußte er sich abwenden, um mit zitternden Händen schnell eine frische Prise Dreck zu schnupfen. Wie unfair das alles war! Schwindel und Betrug! Er war ja kein größenwahnsinniger Rinderbaron, kein landgieriger Parvenü: er wollte nichts weiter als ein kleines Stück seines Eigentums zurück.
    »Das handeln wir noch runter, bestimmt.« Marguerites Stimme hob sich zu einem fröhlichen Crescendo, kräftig und voll, gestärkt von der Vorfreude auf das Feilschen. »Ich brauche nur grünes Licht von dir.«
    Depeyster hörte nicht zu. Er grübelte deprimiert darüber nach, wie tief die Van Warts gesunken waren. Seine Vorväter – mächtige, unbeugsame Männer mit Habichtsaugen, die das Land unterworfen, Bären geschossen, Biber abgezogen, Industrie und Agronomie ins Tal geholt hatten, Männer, die Profit gemacht hatten, zum Teufel – waren die Eigentümer von halb Westchester County gewesen. Sie hatten etwas Einmaliges, etwas Großartiges aufgebaut, und jetzt war es alles weg. Stück für Stück weggeknabbert von blinden Gesetzgebern und raffgierigen Einwanderern, von Schwindlern und Pennern und Kommunisten. Zuerst hatten sie überall Ortschaften gegründet, dann ihre Straßen und Chausseen gebaut, und ehe man ihnen hatte Einhalt gebieten können, hatten sie die Rechte der Grundbesitzer niedergestimmt und das Land den Pächtern übereignet. Pah, Demokratie : nichts als eine Farce. Eine Spielart des Kommunismus. Raub an den Reichen, ein Arschtritt für all jene, die die Dinge vorantrieben, für die risikofreudigen Pioniere und Industriekapitäne, und dann durften diese Nullen abstimmen und sich jeder ein Stück vom Kuchen der anderen abschneiden.
    Und als ob die Politiker nicht schon schlimm genug wären, standen ihnen die Gauner und Hochstapler in nichts nach. Sein Urgroßvater war damals beim Quedah-Merchant-Skandal ausgenommen worden, sein Großvater hatte die eine Hälfte seines Vermögens an miese Berater und Tipgeber verloren, die andere an Thespisjüngerinnen in Tournüren und schwarzen Strümpfen, und sein eigener Vater schließlich, ein Mann von Kultur und Geschmack, war wie ein schwer getroffener Toreador unter die trampelnden Hufe der Börsenmakler geraten. Sicherlich, es waren noch vier Hektar übrig, es gab noch das Haus und die Fabrik und diverse Beteiligungen hie und da, aber das war nichts. Eine Farce. Ein winziger Bruchteil von dem, was es einmal gewesen war. Ohne Land und ohne

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