Worldshaker
allein. Also sei still und versuch, dich zu erholen.«
Eine ganze Weile konnte er sich der wohligen Stille hingeben. Ein steter Strom mit Haken, Stangen und Klingen bewehrter Dreckiger marschierte an ihm vorbei, ein regelrechtes Heer. Einige warfen Col neugierige oder feindselige Blicke zu – aber immer waren es nur flüchtige Blicke. Sie hatten Dringlicheres zu tun.
Allmählich fühlte er sich besser. Zwanzig, dreißig Schritte von ihm entfernt wurden Befehle erteilt. Anscheinend entsandte der Revolutionsrat Mannschaften in alle möglichen Richtungen.
»Wie kommt der Angriff voran?«, fragte er nach einer Weile.
Fossie nahm den Stoffstreifen weg. »Hmm. Es hat aufgehört zu bluten«, sagte sie. »Wie der Angriff vorankommt? Ich schätze, wir sind jetzt ein halbes Dutzend Decks weiter nach oben gedrungen. Wir nehmen die Treppenschächte ein, und dann müssen wir sie halten. Sie sind der Schlüssel zu allem.«
»Alles ist so gut organisiert.«
»Kein Wunder. Auf diesen Tag haben wir alle hingelebt. Und davon geträumt. Riff mehr als alle anderen.«
Col dachte an die letzten paar Wochen mit Riff auf dem Oberdeck. Ihre Trainingsrunden waren so wichtig für ihn gewesen, dass er kaum einen Gedanken darauf verwandt hatte, was sie wohl den Rest der Zeit machte. Jetzt erschien sie ihm in einem völlig neuen Licht.
»Sie ist unglaublich.«
»Sehr klug und sehr entschlossen«, stimmte ihm Fossie zu. Ihr Mund malte ein Lächeln. »Allerdings nicht allzu hübsch.«
»Find ich schon.«
»Ja? Tatsächlich?«
Col hörte zwar heraus, dass sie ihn auf die Schippe nahm, konnte aber nicht an sich halten. »Sie ist mehr als hübsch. Mehr als alles. Sie ist … sie ist –«
Fossie lachte. »O je. Dich hat’s ja schwer erwischt, was?«
»Erwischt? Was?«
»Schätze mal, du bist in sie verliebt.«
Col dachte über den Satz nach: War verliebt sein mehr als lieben?
»Da wirst du aber um sie kämpfen müssen«, fuhr Fossie fort. »Es gibt ein paar Dutzend Jungen, die dasselbe für sie empfinden.«
Col wusste, dass er gegen einen Dreckigen keine Chance hatte. Noch nicht. Aber er könnte es lernen, könnte üben. Er könnte gut genug werden. »Wenn’s weiter nichts ist«, sagte er.
»Außer sie liebt dich auch.« Fossie wurde nachdenklich. »Dann würde sie nicht zulassen, dass gekämpft wird. Nicht ganz ausgeschlossen, hä?«
»Meinst du wirklich?«
Die Lachfalten vertieften sich. »Ach, woher soll denn ich das wissen?«
Col biss die Zähne zusammen und setzte sich aufrecht hin. Überall auf seinem Hemd und auf seinem Frack war Blut. Als er seine Kopfhaut betastete, war sein Haar blutverkrustet.
Eine Gruppe Dreckiger stoppte im Vorbeigehen und starrte ihn an.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Fossie. »Er gehört zu uns.«
Sie brummelten etwas und gingen weiter.
»Das liegt an deinen Oberdeck-Klamotten. Du siehst nicht wie wir aus.«
Col betrachtete seine Kleider, die ohnehin blutverschmiert waren.
»Frack und Hemd könnte ich ausziehen.«
»Ja. Das ist besser so.«
Er streifte seinen Frack ab, und Fossie half ihm, das Hemd auszuziehen, das ihm an vielen Stellen am Körper klebte.
»Wolln doch mal sehen, was Riff da so zu erwarten hätte«, sagte sie.
»Au! Autsch!«
Sie lachte, als er plötzlich mit freiem Oberkörper dasaß. »Hey! Hallo, mein gutaussehender junger Held! Ich hätte nie gedacht, dass irgendjemand so weiß sein kann.«
Er musste auch seine Schuhe und Strümpfe ausziehen. Aber sie war immer noch nicht zufrieden.
»Wart mal. Du bist noch zu sauber.«
Sie rieb ihre Handflächen auf dem Boden, so dass sie voller Ruß und Kohlenstaub waren. Dann klopfte sie ihm damit auf Brust und Rücken.
»Nicht bewegen!«
Es schien ihr großes Vergnügen zu bereiten, überall auf seiner Haut schmierige Flecken zu hinterlassen. Zum Abschluss drückte sie ihre Hände auf seine Wangen. Dann trat sie etwas zurück, um ihre Arbeit zu begutachten.
»So, viel besser! Jetzt bist du ein richtiger Dreckiger. Ich könnte fast selber auf dich abfahren.«
Col wusste nicht so recht, wie er mit ihren Neckereien umgehen sollte. »Ich denke, ich kann jetzt aufstehen«, sagte er.
Sie stützte ihn. »Ist dir nicht mehr schwindlig?«
»Nein.«
Sie musterte ihn aufmerksam und nickte zustimmend. Er schwankte nicht im Geringsten.
»Dann lass uns jetzt gehen und gucken, was der Rat macht.«
Vier Mitglieder des Revolutionsrates führten eine angeregte Debatte. Riff war eine von ihnen. Riffs Bruder Padder war noch dabei
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