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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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weniger gefährlichen Themen zu, die zwar immer noch psychische und geistige, auch soziale Verkrüppelungen seiner Umwelt aufspießten, aber nicht mehr politisch einflussreiche Zirkel und Bewegungen zur Zielscheibe hatten. Aus diesem Impuls heraus entstanden die Prosakomödie »George Dandin« (1668) und die Ballettkomödie »Der Bürger als Edelmann« (»Le bourgeois gentilhomme«, 1670).
    KIRCHLICHE WIDERSACHER
    Mit seinem »Tartuffe« geriet Molière zwischen die Fronten der Freigeister, die die Komödie förderten – zum Beispiel der Prinz von Condé – und der Lobby der Klerikalen, die mithilfe des Erzbischofs von Paris die Zweitfassung des »Tartuffe« von 1667 (mit dem Titel »Panulphe oder Der Heuchler«) verbieten ließ und in der »Kabale der Frömmler« den König gegen das Stück einzunehmen suchte. Letzteres gelang ihr zwar nicht, aber auch der König, der innenpolitische Rücksichten nehmen musste, konnte nicht verhindern, dass die Komödie erst nach fünfjähriger Verzögerung für die Öffentlichkeit freigegeben wurde.
    Dahinter stand die »Gesellschaft vom heiligen Sakrament des Altars«, gegründet 1627, eine bis in den Staatsrat und die Hocharistokratie einflussreiche, geheimbündlerische Laien- und Priestergesellschaft zur moralischen Aufrüstung; ihr Programm umfasste Weltmission, Sozialarbeit, Bekämpfung der Ketzerei, des Duells, der Prostitution und des Freidenkertums.
    Was der Aristokratie ganz besonderen Spaß bereitete, war die Art, in der Molière im »Bürger als Edelmann« den überzogenen Anspruch der reichen Bürger auf gehobene adlige Lebensführung karikierte und mit dem exotischen Schabernack einer »Turquerie« umrahmte. Zugleich diente das Stück auf königlichen Wunsch dazu, mit einer Türkenkomödie dem türkischen Botschafter in Paris den Glanz, die Macht und die ironische Herablassung des französischen Königshofes zu demonstrieren. Auch »Der Menschenfeind« (»Le misanthrope«, 1666) gibt ein Bild seiner Zeit, eines fanatisch aufrichtigen Ehrenmannes sowie ein wahrheitsgetreues Abbild des vom höfischen Zeremoniell deformierten Hofschranzentums. Und im »Geizigen« (»L’avare«, 1668), einer farcenhaften Komödie mit sehr bitterem Beigeschmack, prangerte Molière ein moralisch und volkswirtschaftlich gefährliches Laster seiner Zeit an: den Wucher.
    Der zunehmende Erfolg, aber auch die zahlreichen Schwierigkeiten, mit denen Molière jahrelang konfrontiert wurde, erforderten seine ganze Energie. Der unermüdlich schreibende Dramatiker arbeitete zugleich als Intendant, Geschäftsführer, Regisseur und als Schauspieler. Seine Inszenierungen waren zur Bewunderung der Zeitgenossen stets detailliert geplant und umfassend vorbereitet. Molière zeichnete sich darüber hinaus in verschiedensten Rollen aus; seine persönliche schauspielerische Schöpfung war die komische Figur des Sganarelle.
    Diese Mehrfachbelastung zehrte zunehmend an Molières Kräften. Ein weiterer persönlicher Tiefschlag war der Tod seiner ehemaligen Geliebten und langjährigen Weggefährtin Madeleine Béjart im Februar 1672, der es noch gelungen war, die Bedingungen für ein so genanntes christliches Begräbnis zu schaffen, indem sie auf dem Totenbett ihrem Schauspielerberuf entsagte und die Kirche damit zufrieden stellte. Molière sollte ein Jahr später nicht einmal mehr die Zeit bleiben, einen Priester zu finden, geschweige denn die für Schauspieler übliche Exkommunikation rückgängig machen zu lassen.
    Im März 1672 übertrug der an Musik- und Tanzspektakeln interessierte König das Recht, Musiker und Sänger auftreten zu lassen, an seinen Hofkomponisten Jean-Baptiste Lully, was Molières künstlerische Bewegungsfreiheit stark einschränkte und ihm die Wandelbarkeit königlichen Wohlwollens drastisch vor Augen führte.
    JEAN-BAPTISTE LULLY
    (* 1632, † 1687)
    Als Giovanni Battista Lulli in Florenz geboren, stieg der begnadete Musiker – so die Legende – durch sein außerordentliches Geigenspiel vom Küchenjungen der Schwester Ludwigs XIV. zum Leiter des königlichen Streichorchesters auf. Als Komponist erreichte er beim König ein so hohes Ansehen, dass er schließlich zum Hofkomponisten ernannt wurde. In Zusammenarbeit mit den Dichtern Molière, Quinault und de Benserade schuf Lully die französische Oper, die die Bühnen ein Jahrhundert lang beherrschte. Aus seinen Opern entwickelte er die Orchestersuite, die einen großen Einfluss auf die großen deutschen Komponisten wie Bach, Händel und

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