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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Historiendramen orientierte Tragödie: »Boris Godunow«. Daneben verfasst er – neben Lyrischem und Entwürfen für Prosaisches und Dramatisches – die witzige Verserzählung »Graf Nulin«, die gleichermaßen Shakespeare und die Geschichte parodieren will. Diese schreibt er am 25. und 26. Dezember 1825, also am Tage des Putsches der Dekabristen, der durch die ungeklärte Thronfolge nach dem plötzlichen Tod Alexanders I. ausgelöst wurde. Der Aufstand wird blutig niedergeschlagen, und Puschkin schwankt zwischen der Hoffnung auf ein Ende der Verbannung und der Furcht, wegen seiner Verbindung zu den Putschisten ebenfalls zur Rechenschaft gezogen zu werden. Diese Ungewissheit dauert ein Dreivierteljahr, bis der neue Zar, Nikolaus I., ihn Anfang September 1826 nach Moskau beordern lässt. Nach der Unterredung zwischen Zar und Dichter hebt der Herrscher die Verbannung auf und erklärt sich zum künftigen Zensor Puschkins. Die beiden scheinen sich gegenseitig imponiert zu haben, denn Puschkin setzt das Datum ihrer Begegnung unter sein Gedicht »Der Prophet«.
    Während er durch die Verbindung zum Zaren bei den Gesinnungsgenossen in ein falsches Licht gerät, wird er in Moskau von den jüngeren Goethe- und Schelling-Verehrern gefeiert. Nun zeigen sich aber auch die negativen Auswirkungen der zaristischen Gnade: Der Dichter darf nicht ins Ausland reisen, muss jeden Ortswechsel genehmigen lassen und jede Zeile, die er schreibt, dem Herrscher vorlegen. Puschkin gerät mehrfach in peinliche Untersuchungsverfahren, so 1828 wegen der »Gabrieliade«, deren Autorenschaft er leugnet und nur gegenüber dem Zaren zugibt.
    Insgesamt sind die Jahre von 1826 bis 1829 geprägt von ruhelosem Umherreisen zwischen Moskau und Sankt Petersburg sowie Aufenthalten auf den Landgütern befreundeter Adliger. In diesen Jahren des unsteten Junggesellendaseins entstehen zahlreiche vollkommene lyrische Gedichte, darunter programmatische im Sinne einer Kunstreligion wie »Der Dichter und die Menge«. Ferner wird die Arbeit am »Eugen Onegin« fortgeführt. Aber es gibt auch neue Ansätze: mit dem Fragment eines historischen Romans à la Walter Scott über den eigenen Urgroßvater, »Der Mohr Peters des Großen«. Er entwickelt ein zunehmendes Interesse an der Gestalt Peters und damit an der neueren russischen Geschichte, zunächst noch in Form des Poems »Poltawa«, das die romantischen Themen der Liebe eines Mädchens zu einem Greis und des Wahnsinns vereint mit dem patriotischen Pathos eines Schlachtengemäldes.
    HERBST
    Unterdessen versucht der nun bald 30-Jährige sesshaft zu werden, will heißen, einen eigenen Hausstand zu gründen. Nach einigen gescheiterten Anläufen lernt er im Winter 1828 auf einem Moskauer Ball die erst 16-jährige Natalja Gontscharowa kennen und beschließt, bezaubert von ihrer Schönheit, um ihre Hand anzuhalten. Seine Werbung stößt bei der zukünftigen Schwiegermutter zunächst auf ziemlich unverblümte Ablehnung. Erneut durchlebt er eine schwere Krise, der er durch Flucht zu entkommen sucht. Doch weder eine Auslandsreise noch die Teilnahme an einer diplomatischen Pekingmission noch der Eintritt in die Armee, die in Armenien gegen die Türken kämpft, werden ihm gestattet. Also beschließt er, auf eigene Faust in den Kaukasus zu reisen. Dort gelingt es ihm sogar, im Gefolge der russischen Truppen die Grenze zu überschreiten und (als Zivilist) an der Eroberung der Festung Erzurum teilzunehmen, was er später, 1835, in der »Reise nach Arzrum« höchst informativ und amüsant beschreiben wird.
    NIKOLAUS I.
    (* 1796, † 1855)
    Nikolaus I., seit 1825 Kaiser von Russland, war der dritte Sohn Pauls I. 1817 heiratete er Charlotte von Preußen (in Russland Alexandra Fjodorowna), die Tochter Friedrich Wilhelms III. Nach der Niederwerfung des Aufstandes der Dekabristen fühlte sich Nikolaus I. als Hüter des monarchischen Prinzips, das er mit polizeistaatlichen Methoden auch im Innern verteidigte. Die von ihm eingesetzten Kommissionen zur Vorberatung über eine russische Agrarreform kamen über kleine gesetzgeberische Einzelmaßnahmen nicht hinaus. Die Kriege gegen Persien (1826–28) und die Türkei (1828/29) brachten dem Russischen Reich Landgewinn. Als »Gendarm Europas« unterdrückte Nikolaus den polnischen Aufstand 1830/31 und – in einer von Österreich erbetenen Invasion – 1849 auch die nationale Revolution in Ungarn.
    Nach der Rückkehr aus dem Türkenkrieg sieht sich Puschkin einem zunehmend verständnislosen

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