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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Bände)
    Die Elenden (10 Bände, 1862)
    Die Arbeiter des Meeres (3 Bände, 1866)
    Der lachende Mann (4 Bände, 1869)
    Dreiundneunzig (3 Bände, 1874)

ADALBERT STIFTER

    DICHTER DES »SANFTEN GESETZES«
    Für die einen zählt Adalbert Stifter zu den größten Künstlern deutscher Poesie, für die anderen ist er kaum mehr als ein harmloser Blumen- und Käferpoet. In dieser Zwiespältigkeit seiner Außenwirkung spiegelt sich der innerste Antrieb seines künstlerischen Werkes wider: die Sehnsucht nach einer letzten, alle Gegensätze des Innen und Außen, des Großen und Kleinen, des Vergänglichen und Ewigen in sich bergenden, geheimnisvollen Einheit der menschlichen Existenz.
    23. 10. 1805
    Geburt in Oberplan (Südböhmen)
    1832
    Abbruch des Studiums; Tätigkeit als Hauslehrer
    1840–1850
    Veröffentlichung von 24 Erzählungen
    1850
    Ernennung zum Volksschulinspektor und Schulrat
    seit 1853
    Konservator der Denkmalpflege
    28. 1. 1868
    Tod in Linz
    Stifter hatte, wie er des öfteren erwähnte, eine schöne Kindheit: »In meiner Erinnerung ist lauter Sommer, den ich durch das Fenster sah, von einem Winter ist von damals gar nichts in meiner Erinnerung.« Er wurde am 23. Oktober 1805 als Sohn des Leinwebers und Leinwandhändlers Johann Stifter und seiner Frau Magdalena in Oberplan (heute Horní Planá) geboren, einem kleinen, damals deutschsprachigen Marktflecken bei Krumau im südlichen Böhmen, das zur Habsburgermonarchie gehörte. In dieser von Wiesen und Feldern, Hügeln und Tälern durchzogenen und von dunklen Wäldern gesäumten »epischen Landschaft«, wie er sie nannte, durch die sich die junge Moldau in herzförmiger Windung schlängelte (das so genannte »Moldauherz«), liegen die Wurzeln für Stifters tiefe Naturverbundenheit.
    Der kleine »Stifter-Bertl« war ein einfacher Bauernjunge, der mit dem Großvater gerne auf die Felder ging und zu Hause andächtig den Geschichten und Erzählungen seiner Großmutter lauschte. Erst mit dem überraschenden Tod des Vaters, der 1817 verunglückte, fiel ein erster Schatten auf die unbeschwerten Kindertage. Plötzlich war die Erfahrung des Entsetzens und des Grauens in sein Leben eingedrungen, und dies mit solcher Wucht, dass er für mehrere Tage gänzlich verstummte. Auf Drängen seines Großvaters kam Stifter im Alter von 13 Jahren auf das Gymnasium des Benediktinerstifts im nahe gelegenen Kremsmünster, wo sein Interesse für die Naturwissenschaften geweckt und seine Begabung für die musischen Fächer gefördert wurde. Seine ersten poetischen und zeichnerisch-malerischen Versuche stammen bereits aus dieser Zeit. Als er im Jahr 1826 das Gymnasium wieder verließ, hatte er zwar die besten Zeugnisse in der Tasche, aber keineswegs eine klare Vorstellung davon, was er eigentlich werden sollte. Er ging in die Hauptstadt Wien, um dort ein Studium der Rechtswissenschaften zu beginnen, besuchte aber nebenbei auch Vorlesungen in Physik, Mathematik und Astronomie. Die freie Zeit außerhalb der Universität war ganz seinen künstlerischen Neigungen vorbehalten. Er saß in den Literatencafés, wandelte durch die Säle der großen Gemäldegalerien, besuchte Theater- und Musikaufführungen.
    Bald stellte er fest, dass nicht die trockene Jurisprudenz, sondern die wunderbare Welt shakespearescher Dramen, beethovenscher Musik, der holländischen Malerei und der romantischen Erzählungen – von Ludwig Tieck, Joseph von Eichendorff, Clemens Brentano, Heinrich Heine und vor allem Jean Paul – seine eigentliche Berufung war. Diese Vorbilder finden sich besonders in den Urfassungen seiner frühen Schriften, die er später sprachlich glättete und zugunsten einer sachlicheren, teilweise auch harmonisierenden Darstellung überarbeitete.
    In den Sommerferien kehrte er stets in die geliebte Heimat zurück, um »dem ungeheuren Gewimmel von Menschen« zu entfliehen. Dort lernte er 1827 in dem kleinen Städtchen Friedberg Fanny Greipl, seine große Liebe, kennen, die sein weiteres Leben schicksalhaft und wie ein Schatten begleiten sollte. In den folgenden Jahren war er häufig zu Gast bei der wohlhabenden Greipl-Familie, um zusammen mit Fanny, ihrem Bruder und gemeinsamen Freunden Ausflüge in die umliegende Gegend zu machen. Er wusste, dass Fannys Eltern in ihm keine standesgemäße Partie sahen, solange er nur ein einfacher Student war, und dennoch blieb er schwankend und unentschieden zwischen Beruf und Berufung. Als er kurz vor dem Abschluss seines Examens stand, erschien er nicht zu den

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