Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus
geschildert.
Vom wohltätigen Bischof unterstützt, erlangt Valjean mit der Gründung einer kleinen Industrie rasch Ansehen und Wohlstand, wird Bürgermeister und kümmert sich fürsorglich um ein verwaistes Mädchen. Doch kommt er erneut in Konflikt mit Gesetz und Gesellschaft. Verurteilung, Flucht und ein weiterer Versuch, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen, folgen.
Der vor dem historischen Hintergrund der Restauration, der Julirevolution und der Aufstände der Jahre 1832 bis 1834 vor allem in den Pariser Elendsvierteln spielende Roman vermittelt Hugos Sicht, dass nur eine tief greifende Neuordnung der Gesellschaft die Elenden »befreien« könne, und wird unter dem Einfluss frühsozialistischer Thesen zum Plädoyer für die sozial Unterdrückten.
Hugo war weniger ein Erzähler als vielmehr ein Visionär. Das wird deutlich in den Bemerkungen, die er seinem nächsten Roman »Die Arbeiter des Meeres« (1866) voranstellte. Im Spannungsfeld von rauer Natur und moderner Dampfmaschinentechnik wird hier eine dramatische Liebesgeschichte erzählt. Das Leben spielt sich, so Hugo, zwischen Religion, Gesellschaft und Natur ab, wobei Aberglauben, Vorurteile und Elementargewalten die menschliche Entwicklung behinderten. Der Kampf mit der Gesellschaft stand dann wieder verstärkt im Mittelpunkt seines nächsten Romans, »Der lachende Mann« von 1869. In der Zeit des Exils entstanden auch der herausragende Gedichtband »Les Chansons des rues et des bois« (1865) und sein letzter Roman über den royalistischen Widerstand gegen die Französische Revolution, »Dreiundneunzig« (1874). Bereits 1863 veröffentlichte Adèle Hugo »Victor Hugo spricht mit einem Zeugen über sein Leben«. Im selben Jahr verließ die Familie Guernsey und ließ Hugo dort allein zurück. Am 27. August 1868 erlag Adèle Hugo einem Herzinfarkt – ihr Verlust wurde nur durch die Geburt zweier Enkelkinder gemildert. Als 1870 seine beiden Söhne in Paris verhaftet wurden, machte sich Hugo auf den Weg in die französische Metropole.
TRIUMPH IN PARIS
Nachdem am 2. September Napoleon III. in Sedan von den Deutschen gefangen genommen worden war, wurde am 4. September die Republik ausgerufen. Am nächsten Tag erreichte Hugo die Stadt. Er erhielt einen triumphalen Empfang als unbeugsamer Vertreter der Demokratie und wurde in die in Bordeaux tagende Nationalversammlung gewählt. Der Tod seines Sohnes Charles veranlasste ihn, in das besetzte Paris zu reisen. Vor dem Aufstand der Kommune wich Hugo von dort nach Brüssel aus. Obwohl er die Bewegung nicht billigte, verurteilte er doch ihre gewaltsame Unterdrückung. Seine erklärte Bereitschaft, verfolgte Kommunarden aufzunehmen, führte zu seiner Ausweisung aus Brüssel, woraufhin er wieder nach Paris zurückkehrte. Einige Monate später folgte ihm seine psychisch kranke Tochter, die am 17. Februar in eine Anstalt eingewiesen wurde. Im darauf folgenden Jahr starb François-Victor an Tuberkulose. Zudem kam es zu einem ernsten Zerwürfnis mit Juliette Drouet über Hugos Verhältnis mit seiner neuen Haushälterin. Es gelang ihm jedoch, sich mit ihr zu versöhnen – und sie weiterhin zu betrügen. Daran änderte auch der Schlaganfall nichts, den er am 27. Juni 1878 erlitt. Aber er konnte nicht mehr schreiben; alle weiteren Veröffentlichungen stammten aus der Schublade. Überblickt man sein Leben, erscheint Heinrich Heines Ansicht, ein »Hugoist« sei die gesteigerte Form eines Egoisten, durchaus berechtigt. Der Beginn des 80. Lebensjahres von Hugo wurde in ganz Frankreich gefeiert und ihm zu Ehren die Avenue d’Eylau in Avenue Victor Hugo umbenannt. Im Jahr darauf starb Juliette Drouet am 11. Mai 1883 an Magenkrebs. Victor Hugo folgte ihr am 22. Mai 1885; er erlag einem Herzinfarkt. Er wurde unter dem Arc de Triomphe aufgebahrt, wie 1840 Napoleons Asche, und am 1. Juni im Panthéon beigesetzt.
WICHTIGE WERKE HUGOS
Bug Jargal (1819, Neufassung 1826)
Han von Island (1823)
Cromwell (1827)
Aus dem Morgenland (1829)
Der letzte Tag eines Gerichteten (1829)
Hernani, oder die castilianische Ehre (1830)
Marion De Lorme (1831)
Der Glöckner von Notre-Dame (2 Bände, 1831)
Der König amüsiert sich (1832)
Lucrezia Borgia (1833)
Marie Tudor (1833)
Claude Gueux (1834)
Zur Literatur und Philosophie (2 Bände, 1834)
Ruy Blas (1838)
Notizen von einer Rheinreise (2 Bände, 1842)
Die Burggrafen (1843)
Les châtiments (1853)
Les contemplations (2 Bände, 1856)
Die Legende der Jahrhunderte (1857–83, 3
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