Worte bewegen die Welt
Europa und Asien einschließlich Libyen, also Afrika – teilte.
Zwar kritisierte Herodot diese Erdkarte, vor allem mit dem Argument, dass die geographischen Kenntnisse für so genaue Darstellungen nicht ausreichten. Anhand der Angaben in Herodots »Historien« lässt sich aber eine Übereinstimmung seiner Vorstellung von der Erde mit der von ihm kritisierten Erdkarte feststellen.
EINE UNBEKANNTE PERSÖNLICHKEIT
Der Krieg zwischen den Griechen und den Persern gehört zu den am besten dokumentierten Ereignissen der antiken Geschichte. In erster Linie ist dies Herodot zu verdanken, der jene Auseinandersetzung zum zentralen Thema seines Werkes gemacht hat. Im Gegensatz dazu ist über den Werdegang und die Lebensumstände des Autors nur sehr wenig überliefert. Seine persönliche Biografie bleibt weitgehend im Dunkeln. Bekannt ist, dass er aus seiner Heimatstadt Halikarnassos fliehen musste, weil er an einem Komplott gegen den dort regierenden Tyrannen Lygdamis beteiligt gewesen war. Um 454 v. Chr. aus dem Exil auf Samos zurückgekehrt, sorgte er für den endgültigen Sturz des Herrschers. Bald jedoch geriet Herodot, der offenbar ein streitbarer Geist war, wieder in politische Schwierigkeiten und kehrte Halikarnassos daraufhin für immer den Rücken. Eine neue Heimat fand er schließlich in Thurioi in Süditalien, das 444 v. Chr. in einem gemeinschaftlichen Unternehmen von mehreren griechischen Städten gegründet worden war. Wahrscheinlich ist er hier auch gestorben, wie man annimmt, um das Jahr 424 v. Chr., also im Alter von etwa 60 Jahren.
DER ARTEMISTEMPEL VON EPHESOS
Auch Kunstwerke waren für Herodot Quellen des historischen Wissens. So beschreibt er die Macht des Krösos anhand der reichen Weihgaben des Königs in Griechenland. Er berichtet, dass dieser dem Artemistempel von Ephesos reiche Geschenke zukommen ließ und eine Reihe von Säulen für das in ionischen Formen errichtete Götterhaus stiftete, das den Heratempel des Tyrannen Polykrates auf Samos übertreffen sollte. Nach einem Jahrhundert fertig gestellt, brannte der ephesische Tempel 356 v. Chr. ab und musste neu errichtet werden. Er galt als eines der sieben Weltwunder.
HERODOT ALS HISTORIKER
Zum Zeitpunkt des Umzugs nach Italien war Herodot bereits ein gefeierter Schriftsteller. Literatur wurde zu dieser Zeit selten gelesen, sondern meistens, am besten vom Autor selbst, mündlich vorgetragen. Und so reiste auch Herodot durch ganz Griechenland und präsentierte einer erstaunten Öffentlichkeit ein Werk, das ganz neue historische Maßstäbe setzte. Was man von Herodot hören konnte, war nicht die trockene Aneinanderreihung von Daten, wie sie die Chronisten sonst vorzunehmen pflegten. Sein Material bestand auch nicht aus den mythologischen Stoffen, wie sie seit Homers Tagen von den Rhapsoden, den fahrenden Sängern, vorgetragen wurden und bei denen alles Geschehen von den Göttern gelenkt wurde. Herodot bot dem Publikum eine spannende und unterhaltsame, zugleich bestens recherchierte und strukturierte Geschichteder Perserkriege, eines historischen Themas, das den Menschen in Griechenland noch sehr gegenwärtig war und ihren patriotischen Nerv traf. Für ihn selbst dürfte die Wahl gerade dieses Themas deswegen nahe gelegen haben, weil seine Heimat Halikarnassos geographisch genau an der Schnittstelle zwischen dem persischen Machtbereich und der griechischen Welt lag. Herodots Erfolg lässt sich daran ermessen, dass seine Lesungen in Athen, dem politischen und kulturellen Mittelpunkt Griechenlands, auf eine besonders positive Resonanz stießen, was sich auch in der Zahlung eines außergewöhnlich hohen Honorars für seine Darbietungen ausdrückte. Herodot gehörte jetzt zur intellektuellen Prominenz, und Größen wie der berühmte Politiker Perikles und der Tragiker Sophokles waren stolz, sich zu seinen Freunden zählen zu dürfen.
Furore machte der »Vater der Geschichtsschreibung« und Ahnherr aller Historiker bei seinen Zeitgenossen aber nicht nur mit der Wahl des sehr populären Stoffes, sondern auch und vor allem mit der Neuartigkeit der Methode, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. In der Vorrede der publizierten Fassung hat Herodot seine historischen Prinzipien kurz und kompakt formuliert. Demnach verfolgte er mit seinen »Historien« (also im ursprünglichen Sinn dieses griechischen Wortes: seinen »Nachforschungen«) drei Ziele. Erstens sollten die Leistungen der Menschen nicht in Vergessenheit geraten. Zweitens sollten sie dazu
Weitere Kostenlose Bücher