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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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letzten Stücke dagegen, der erst nach 406 v. Chr. aufgeführten »Iphigenie in Aulis«, lavieren die Akteure nur noch, darunter sogar Achilleus, der größte griechische Held; die Masse aber (das Griechenheer) wird zum politisch entscheidenden Faktor. In den ebenfalls erst nach des Dichters Tod aufgeführten »Bakchen« wird eine vernünftig-verantwortliche Lenkung des Staates durch den dionysischen Rausch völlig ausgeschlossen.
    Wegen vielfacher Anfeindungen folgte Euripides 408 v. Chr. dem Ruf des makedonischen Königs Archelaos nach Pella, wo er 406 v. Chr., zwei Jahre vor Kriegsende, starb. Im Gegensatz zu den Nachrichten über Aischylos und Sophokles ist über ein politisches Hervortreten des Euripides nichts bekannt; die materiellen Voraussetzungen hätte er gehabt, stammte er doch mit größter Wahrscheinlichkeit aus einer wohlhabenden Familie. Seinem grüblerischen Wesen dürften politische Aktivität und eindeutige Stellungnahme jedoch widersprochen haben.
    POLITIK UND THEATER
    Der Proagon, bei dem wenige Tage vor den Aufführungen die Dichter ihre Chöre, ihre Schauspieler (beide ohne Masken) und den für die Finanzierung zuständigen Choregen der athenischen Öffentlichkeit vorstellten und ihre vier Dramen bekannt machten, fand im Odeion des Perikles statt, das unmittelbar neben dem Dionysos-Theater am Südhang der Akropolis lag. Er ist nur ein Glied in einer langen Reihe von Veranstaltungen, die mit den Tragödienaufführungen zusammenhingen – zugleich Kennzeichen für die große Bedeutung des Theaters in der Politik und Gesellschaft Athens.
    Die Vorbereitungen der Aufführungen von Tragödien in Athen dauerten länger als ein halbes Jahr. Zunächst musste ein Archon, also ein politischer Beamter, aus den sich bewerbenden Dichtern – jeder bot eine Tetralogie, nämlich drei Tragödien und ein Satyrspiel, an – drei auswählen. Dann studierten die Dichter selbst oder Regisseure (didaskaloi) den Chor ein. Die beträchtlichen Kosten für den Chor und alles, was für die Aufführung nötig war, trug der Chorege, der zu den begüterten Bürgern gehörte und sich damit in der Öffentlichkeit einen Namen machte.
    Die Jury, die über die Rangfolge der aufgeführten Tragödien zu entscheiden hatte, bestand aus je einem gewählten Vertreter der zehn Phylen, in die die Bürgerschaft Athens eingeteilt war; so war auch dabei die politische Struktur des attischen Staates gegenwärtig.
    FRAUENGESTALTEN BEI EURIPIDES
    Mit besonderem Interesse widmet sich Euripides in seinen Dramen der negativen Darstellung von Frauengestalten. Das hat ihm, der zweimal verheiratet war und drei Söhne hatte, den Spott des Aristophanes und in der Folge den Vorwurf, ein Weiberfeind zu sein, eingetragen. In Aristophanes’ »Weibern am Thesmophorenfest« formuliert eine Griechin dies folgendermaßen: »Mit welcher Lästerung Schmutz besudelt er [Euripides] uns nicht? Wo schwieg denn des Verleumders Zunge?« Schon in »Alkestis« (438 v. Chr.) steht eine Frau im Mittelpunkt, die als Gattin des Admetos, König in Thessalien, stellvertretend für ihren Mann den Tod auf sich nimmt, da dieser mehr wert sei; sie wird schließlich von Herakles aus der Unterwelt gerettet.
    Am stärksten nachgewirkt hat jedoch des Euripides Darstellung der kolchischen Königstochter Medea (431 v. Chr. aufgeführt). In »Medea« sieht man diese von Iason verlassen, der mit der korinthischen Königstochter eine neue Ehe eingehen will. Von dem korinthischen König Kreon aus der Stadt gewiesen, erscheint Medea als rachsüchtige Giftmischerin, als Dienerin der Hekate, der Göttin der Zauberer und Hexen. Doch als Hauptstrang durchzieht das Verhältnis der Medea zu ihren Kindern die ganze Tragödie. Durch die von Kreon ausgesprochene Ausweisung zum Vollzug der Rache an Iason gedrängt, beschließt diese, auch ihre eigenen Kinder zu töten; sie will ja das ganze Haus des Iason vernichten. Vor dem Mord an den Kindern schreckt sie allerdings wieder zurück und will sie auf ihrer Flucht mitnehmen. An diesem in Monologform geschriebenen Gedankengang beweist Euripides, wie auch sonst oft, seine Fähigkeit, seelische Abläufe gerade auch in ihrer Widersprüchlichkeit nachzuzeichnen. Medea ist nun längst Gefangene ihrer Pläne, denn nachdem Iasons Geliebte durch ihre Geschenke umgekommen ist, werden andere, so fürchtet sie, ihre Kinder töten, wenn sie es nicht selber tut. Iason kommt zu spät, findet nur noch Medea mit den toten Kindern im Arm vor.
    In der 428 v. Chr.

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