Worte bewegen die Welt
Abgeschiedenheit der Vaucluse zurück. Er setzte seine Arbeit an seinen Werken fort und verfasste zwischen 1346 und 1347 die zwei Bücher »De vita solitaria« (»Vom Leben in der Einsamkeit«), deren Titel das Ideal einer zurückgezogen den Studien gewidmeten Lebensweise zum Programm machte. Doch das geschäftige Treiben der Welt hörte nicht auf jenes Motto – es verschonte auch Petrarca nicht.
IM DIENST DER MÄCHTIGEN
Als sich der junge Notar Cola di Rienzi 1347 in Rom nach antikem Vorbild zum Volkstribun und zum Beschützer der einfachen Leute gegen die Adelstyrannei ausrufen ließ, reagierte Petrarca begeistert. Er sah in dem charismatischen Führer den Retter, der alle Zwangsherrschaft beseitigen und den alten Glanz Roms erneuern würde. Doch Cola scheiterte. Er wurde gewaltsam auf den Kapitolshügel geschleppt, man stieß ihn nieder, und ein Notar hieb ihm, um die Handlung amtlich zu machen, den Kopf ab. Die Sympathie Petrarcas für den Volkstribun bedeutete nicht, dass er Adel und Obrigkeit grundsätzlich ablehnte. Nach dem fürchterlichen Pestjahr 1348 und angesichts des politischen Durcheinanders in Italien glaubte Petrarca, die Mächtigen seiner Zeit zu Reformen auffordern zu müssen. Wiederholt forderte er den in Prag residierenden Kaiser Karl IV. auf, sich in Italien einzumischen und das alte Imperium wiederherzustellen. In Padua schloss er Freundschaft mit dem Stadtherrn Jacopo da Carrara und 1353 trat er sogar in diplomatische Dienste der despotischen Visconti in Mailand. Ab 1362 wohnte er in Venedig. Seine letzten sieben Lebensjahre verbrachte er auf Einladung Francesco da Carraras zumeist in Padua sowie in dem südlich davon gelegenen Arquà, wo ihm da Carrara ein Hausgrundstück schenkte.
EIN GEBILDETER HERRSCHER
Zwar wollte Petrarca nicht in den kalten Norden und an den Prager Hof kommen, wohin Karl IV. den Dichter eingeladen hatte. Doch der persönlichen Ausstrahlung des Kaisers zollte er überall Lob. Nach seiner Unterredung mit Karl in Mantua 1354 beschrieb Petrarca ihn in einem Brief an Zanobi da Strada mit folgenden Worten: »Princeps ille mitissimus, lingua et moribus non minus Italicus quam Germanus« – »ein friedsamer Herrscher, in Sprache und Sitten nicht weniger ein Italiener als ein Deutscher«. Karl war in der Tat ein gebildeter Mann, der Tschechisch, Französisch, Italienisch, Deutsch und Latein beherrschte; er war sogar ein respektabler Autor, dessen lateinisch verfasste Autobiografie im Mittelalter ohne Vergleich dasteht.
TOD UND NACHRUHM
In diesem kleinen Örtchen Arquà starb Francesco Petrarca in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 1374, einen Tag vor seinem 70. Geburtstag. Längst war er zu einer Berühmtheit geworden, weit über die Grenzen Italiens hinaus – als Dichter, Gelehrter und Humanist, der das antike Geistesleben erneuert und die heidnische Welt eines Cicero mit der christlichen eines Augustinus versöhnt hatte, der auch die römischen Autoren Seneca und Vergil wieder populär gemacht hatte, der die italienische Lyrik zu sprachlicher und formaler Meisterschaft emporhob, der mit dem »Canzoniere« einen jahrhundertelang gültigen Bestseller abendländischer Lyrik schuf, der das Loblied auf die schöpferische Einsamkeit sang und die Melancholie fast schon zum romantischen Weltschmerz stilisierte. Nur in einem Punkt hatte er gänzlich Unrecht, als er nämlich schrieb: »Vielleicht hörst du einmal etwas über mich, obwohl ein so kleiner und dunkler Name durch die vielen Jahre und Länder kaum zu dir gelangen mag.«
GIOVANNI BOCCACCIO
»VATER DER ITALIENISCHEN ERZÄHLKUNST«
Giovanni Boccaccio gilt als Begründer der italienischen Novellentradition und zusammen mit Petrarca als Vater der italienischen Renaissance. Für seine Novellen musste er erst eine Dichtersprache erfinden, da es eine Literatursprache zunächst nur für Gedichte gab. Seine Leistung war daher nicht nur in literarischer, sondern vor allem auch in sprachschöpferischer Hinsicht von großer Bedeutung
.
Juni/Juli 1313
Geburt in oder bei Florenz
1327–1340/41
Aufenthalt in Neapel
1340/41
Rückkehr nach Florenz
1348
Pestepidemie in Florenz
1348–1353
Arbeit am Hauptwerk »Das Dekameron«
1373
Dante-Vorlesungen
21. 12. 1375
Tod in Certaldo
Giovanni Boccaccio erblickte vermutlich im Juni/Juli 1313 in Florenz das Licht der Welt, kam dann aber sehr rasch in das etwa 40 Kilometer nordwestlich von Siena gelegene Certaldo in der Valdelsa. Von dort waren seine Vorfahren wohl gegen Ende
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