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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Zeit renommiertesten Universität für Zivilrecht nur selten blicken. Stattdessen genoss er das Leben in vollen Zügen. Überdies verreiste er längere Zeit, um erst im Herbst 1322 zu dem Studium zurückzukehren, das er mehr und mehr verabscheute. Als er im Frühjahr 1326 die Nachricht vom Tod des Vaters erhielt, brach er es sofort ab und verzichtete auf die Erlangung des Doktortitels. Sein Leben hatte eine jähe Wendung genommen.
    LAURA: EINE MYSTERIÖSE LIEBE
    Wieder in Avignon, verlebte Petrarca glückliche Jahre. Ungehindert schrieb er nun ein Liebesgedicht nach dem anderen. Adressatin war eine junge Frau namens Laura, der er am 6. April 1327, einem Karfreitag, in der Kirche Saint-Claire in Avignon begegnet sein will. Ihr widmete er bis Anfang der 1340er-Jahre rund 110 Gedichte – später, nach sorgfältiger Auswahl, in die Sammlung »Rerum vulgarium fragmenta« (»Bruchstücke volkssprachlicher Dinge«) aufgenommen. Diese Gedichte waren es, die ihn unsterblich machten. Doch hat sie wirklich existiert, jene mysteriöse Laura, jene so nebulöse Geliebte? Ein Freund Petrarcas zweifelte daran. Wegen der klanglichen Ähnlichkeit ihres Namens, Laura, mit dem Wort für den Dichterlorbeer, »lauro«, vermutete er, die Angebetete sei lediglich eine poetische Erfindung. Petrarca wies das zwar energisch zurück, doch Zweifel sind bis heute geblieben. So oft Laura auch vorkommt, sei es in den Gedichten, sei es in den Anfang der 1340er-Jahre begonnenen »Trionfi« (»Triumphe«) oder in der 1347 geplanten Schrift »Secretum meum« (»Mein Geheimnis«), bleibt sie seltsam leblos. Dass Todestag und -stunde Lauras 1348 angeblich die gleichen waren wie bei ihrer Geburt – der 6. April um acht Uhr früh –, lässt an die Spielereien mittelalterlicher Zahlensymbolik denken. Die Sechs gilt dabei als Symbol für den Tod des alten sowie die Geburt des neuen Menschen, und auch die Morgenstunde steht für mystischen Neubeginn. »Laura« erscheint letztlich als schöner Name, erfunden, um die geheimnisvolle Verwandlung irdischer in himmlische Liebe anklingen zu lassen.
    Derselbe Dichter, der solchen Idealen nachhing, zeugte damals die beiden unehelichen Kinder Giovanni, geboren 1337, und Francesca, geboren 1342 – Sprösslinge einer ganz unpoetischen Affäre mit einer sehr irdischen Frau in Avignon. Ihren Namen hat Petrarca nie verraten.
    MÄZENE UND FREUNDE
    Da Petrarca seinen Lebensunterhalt bestreiten musste, beschloss er, im Schoß der Kirche sein Auskommen zu finden und die niederen Weihen zu empfangen. So traf es sich gut, dass er in den späten 1320er-Jahren Kontakt zur römischen Adelsfamilie der Colonna herstellte. Giacomo Colonna, Bischof von Lombez in der Gascogne, förderte den noch unbekannten Dichter nach Kräften. In seinem Umkreis lernte Petrarca den flämischen Kirchenmusiker Ludwig von Kempen sowie den Römer Lello di Pietro Stefano dei Tosetti kennen, die zu seinen lebenslangen Freunden wurden. Im Dienst Kardinal Giovanni Colonnas, des Bruders Giacomos, machte sich Petrarca als Hauskaplan und Hauslehrer, als Gesandter und Berater nützlich. All das ließ ihm genug Zeit für literarische Interessen. Der Bischof ermöglichte ihm 1333 zudem eine längere Reise. Sie führte über Paris, Gent, Lüttich und Aachen nach Köln, wo Petrarca den noch unvollendeten Dom bewunderte.
    DAS ROMERLEBNIS
    1336 unternahm Petrarca auf Empfehlung Kardinal Giovanni Colonnas eine Fahrt nach Rom. Obwohl in der Ewigen Stadt die antiken Monumente verfallen waren und als Steinbrüche dienten und zwischen den Ruinen in der Hauptstadt des einstigen Imperium Romanum Hirten ihr Vieh weideten und Räuber ihr Unwesen trieben, war Petrarca begeistert. Er erlag der Faszination der Antike. Indem er sich mit der Antike beschäftigte, gelang ihm die Flucht aus der verhassten Gegenwart. In der Antike fand er die Tugend, die er in der Gegenwart vermisste. Im melancholischen Bewusstsein dieses historischen Abstandes bot sich die Antike in idealer Verklärung dar. Petrarca sah sogar das Christentum selbst überschattet von der Trauer über den Fall des Römischen Reiches und seiner Kultur. Er beweinte den Untergang Roms als Urmuster für den Wandel menschlichen und politischen Glücks.
    ANTIKE UND HUMANISMUS
    Allgemein bezeichnet »Humanismus« das Bemühen um eine der Menschenwürde und freien Persönlichkeitsentfaltung entsprechende Gestaltung des Lebens und der Gesellschaft durch Bildung und Erziehung und/oder Schaffung der dafür notwendigen Lebens-

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