Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
ich besser
bei meinem nächsten Besuch.« Nachtigall trank seelenruhig das starke Gebräu aus,
zahlte und verschwand.
Bengabo sah dem breiten Rücken nach, der
sich durch die Tür zwängte.
»Probleme?« Die schneidende Stimme von Ramona
Alvarez ließ den Barmann herumfahren.
»Nein«, antwortete er mit gespielter Gelassenheit.
»Alles im grünen Bereich.«
»Und die Polizei?«
Bengabo nahm Nachtigalls Tasse, knüllte
den Papieruntersetzer zusammen und meinte gleichgültig: »Wollte nur einen wirklich
guten Kaffee. Hat sich wohl rumgesprochen in der Stadt, dass ich einen starken braue.«
Er warf das Knäuel in den Mülleimer und begann, die Tasse zu spülen.
Frau Alvarez’ Aufmerksamkeit war schon von
ihrem Angestellten auf einen Stammkunden gewechselt, der gerade die Bar betrat.
Mit wiegenden Hüften ging sie ihm entgegen, um ihn persönlich zu begrüßen.
Der Puls des Barkeepers raste, und seine
Hände zitterten, als er den Papierfetzen wieder aus dem Müll fischte und in seiner
Hosentasche verschwinden ließ. Offensichtlich hatte seine Chefin die handschriftliche
Notiz nicht bemerkt. Der Zettel brannte an seinem Bein. Aufessen oder runterspülen?
Bengabo entschied sich für einen Besuch der Toilette. Den misstrauischen Blick von
Ramona Alvarez spürte er nicht.
Nachtigall informierte die Kollegen.
Für ihn stand fest, dass sie mit der Zerschlagung
der Aktivitäten der Menschenhändler auch der Lösung der Mordfälle einen entscheidenden
Schritt näher kamen.
Das SEK riegelte den frei stehenden Hof
von allen Seiten weiträumig ab.
Mit Ferngläsern kontrollierten sie, ob ihre
Vorbereitungen unbemerkt geblieben waren. Dabei stellten sie fest, dass das Gelände
nicht nur von zwei außerordentlich eifrigen, pflichtbewussten Rottweilern kontrolliert
wurde, sondern auch von einem Sicherheitsdienst, der in Zweiergruppen das Grundstück
vor unerwünschten Gästen schützte.
»Diese Typen da sind bis an die Zähne bewaffnet.
Wenn wir das Haus einnehmen, gibt es für diese Art Wachmänner nur zwei Reaktionsvarianten«,
informierte der Leiter des SEK den Hauptkommissar. »Entweder die ballern los – oder
sie tun so, als hätten sie nicht gewusst, dass sie einem Verbrecher zu Diensten
waren, und halten sich raus.«
»Mir wäre am liebsten, wenn wir unbemerkt
von den Security-Leuten ins Haus kämen. Ohne großen Aufwand, ohne Gebrüll, ohne
Schießerei. Die Frauen sind sicher schon verängstigt genug – wir sollten versuchen,
ihnen wie Retter zu erscheinen, nicht wie eine neue Art des Schreckens«, forderte
Nachtigall.
»Dann werden Sie sich was einfallen lassen
müssen. Meine Männer stehen jedenfalls bereit. Was soll passieren, wenn ein Freier
versucht, zum Haus zu gelangen?«
»Dann setzen Sie ihn fest. Er darf sein
Handy nicht benutzen. Ich habe schon eine Idee«, rasch erläuterte er seinen Plan.
»Genial!«
Nachtigall, der einen Anflug von Hohn zu
registrieren glaubte, fuhr herum »Wenn Ihnen etwas Besseres einfällt dürfen Sie
gerne ›Hier!‹ schreien.«
»Na, ist ja schon gut. Ich kann mir nur
nicht vorstellen, dass so ein simpler Trick funktionieren soll.«
Nachtigall drehte sich um und ließ den Beamten
stehen.
»Albrecht? Wo seid ihr?«, fragte Wiener ins Handy.
»Wir sind bei dieser Adresse, die Peter
von Bengabo bekommen hat. Sieht nicht nach einem Spaziergang aus. Wachmänner und
scharfe Hunde. Peter will, dass alles möglichst ohne Belastung für die Frauen abgeht,
aber das wird nicht leicht.«
»Ich sehe nicht, wie uns das in unseren
Mordfällen weiterbringen soll. Nur weil er glaubt, dort seien Haitianerinnen untergebracht?«
»Nein, Michael. Peter sucht nicht ins Blaue
hinein. Ich denke, er kennt den Täter, hat nur noch keine Beweise. Du weißt doch,
wie er ist. Er verbreitet nicht gerne unausgegorene Theorien – lieber hat er alles
zusammen, bevor er etwas erzählt. Er sucht eine konkrete Person.«
Kirk Damboe tauchte endlich wieder auf und sah Norbert
Grundmann wütend an.
»Jetzt bist du kalkweiß, Norbert. Und warum?
Weil ich recht habe! Du traust mir nicht! Und ich dachte, wir wären Freunde.«
Kristina kehrte mit ihrem Kaffee zurück.
»Ui«, prallte sie zurück. »Geladene Atmosphäre!
Norbert, wie siehst du denn aus?«
Durch die letzten Worte alarmiert, steckte
einer der Beamten seinen Kopf durch die Tür.
»Schwester! Schwester!«, rief er dann und
spurtete über den Gang.
70
Nachtigall setzte sich endlich mit seiner Forderung nach
möglichst
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