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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

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Autoren: Franziska Steinhauer
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helfen.
     
    Wenig später kehrten die beiden Beamten mit der sich sträubenden
Gestalt zu ihrem Einsatzfahrzeug zurück und schoben sie mit gekonntem Griff auf
die Rückbank.
    »Wollen Sie mal sehen, welchen Fisch wir
da im Netz haben? Sie werden’s nicht glauben!«, rief einer der Kollegen Nachtigall
zu.
    Doch der schüttelte den Kopf, bückte sich
und hob mit einer Tüte um die Hand die heruntergefallene Tatwaffe auf.
    Eine Machete.
    »Ich glaub’s nicht nur – ich weiß es schon.«

74
     
    Serafine Marquez hatte nichts von ihrer beeindruckenden
Schönheit eingebüßt.
    Selbst in Jeans und Fleecejacke, von der
Verfolgungsjagd zerzaust und vom Kampf gezeichnet, war sie eine besondere Erscheinung.
    Nachtigall und Wiener nahmen ihr gegenüber
Platz, Serafine hatten sie so in ihrer Mitte.
    »Sie wurden bereits über Ihre Rechte belehrt.
Ich frage nun noch einmal. Möchten Sie nicht einen Anwalt zu unserem Gespräch zuziehen?«
    »Nein!«, antwortete Serafine klar.
    Mit einer raschen Handbewegung legte sie
Claudines Amulett auf den Tisch.
    Gleich einem Geständnis.
    »Sie stehen unter dem dringenden Verdacht,
drei Morde verübt und zwei weitere Mordversuche unternommen zu haben«, eröffnete
Peter Nachtigall die Vernehmung.
    Um Serafines volle Lippen spielte ein mildes
Lächeln.
    »Das sind nur die, von denen Sie Kenntnis
haben. Aber für manche Überfälle benötigte ich mehrere Anläufe, und solche Morde
begeht man nicht von Natur aus perfekt. So etwas muss geübt werden.«
    Nachtigall zuckte zurück vor solch einer
Kälte.
    »Sie haben Claudine Caro getötet!«
    »Ja«, gab sie bereitwillig zu »Es war unumgänglich!«
    »Das müssen Sie mir erklären. Für Menschen
wie mich sind Morde immer zu vermeiden.«
    Sie lächelte nachsichtig.
    »Sie wissen von den Frauen?«
    »Ja.«
    »Nun, dann muss ich doch gar nicht mehr
viel dazu sagen. In dem Geschäft verdient man eine Menge Geld – wenn da jemand die
Kreise stört, sind seine Tage gezählt.«
    »Claudine war Ihre Freundin. Sie sind zusammen
aufgewachsen. Sie kam hierher, um Sie und die anderen Frauen aus dieser verzweifelten
Lage zu retten. Erklären Sie mir, warum sie sterben musste und warum durch Sie!«
    Nachtigall sah die junge Frau an und fragte
sich, ob sie tatsächlich so kaltblütig war, wie sie sich gab. Er spürte, wie sich
die Härchen auf seinen Armen aufstellten.
    »Wäre Claudine nicht so besessen von dieser
Idee gewesen, könnte sie heute noch leben. Glauben Sie nicht, dass es besonders
leicht ist, die eigene Freundin zu töten und zu verstümmeln. Nein, nein! Mehr als
eine halbe Stunde habe ich noch neben ihr im Gebüsch gesessen, weil ich mich nicht
überwinden konnte, ihr die Ohren und alles andere abzuschneiden. Sie war so schön
– und ich musste das zerstören. Aber es war Teil der Abmachung – also habe ich es
getan. Der Typ aus Freiburg kontrollierte das.«
    Nachtigall bemühte sich, die junge Frau
sein schieres Entsetzen nicht spüren zu lassen. Aber vielleicht war das auch gar
nicht notwendig, überlegte er dann. Diese Frau fühlte schon lange nichts mehr –
weder für sich noch für andere.
    »Der Typ aus Freiburg?«, hakte Wiener nach.
Also doch!
    »Ja. In einem schwarzen großen Wagen mit
ineinander verschlungenen Ringen. Dessen Laune wurde bei jedem Mal schlechter. Dabei
war es doch nicht meine Schuld.«
    Nachtigall gab Wiener zu verstehen, er solle
überprüfen, ob er etwas zu einem schwarzen Audi finden konnte.
    »Die Amputationen machten sie also auf Anweisung,
sie sollten beweisen, dass der Mord tatsächlich begangen wurde, und sie wirkten
wie symbolische Handlungen – aber das Loch in Claudines Stirn? Das war nicht gefordert,
nicht wahr?«, Nachtigall warf Serafine einen durchdringenden Blick zu.
    Sie schwieg.
    Nachtigall wartete.
    Schließlich seufzte die junge Frau.
    »Ja, das stimmt. Sie haben recht. Ich sollte
die Augen ausstechen, Ohren und Nase amputieren, die Zunge herausschneiden, damit
die Auftraggeber auf die Zeitungsberichte verweisen konnten und die Frauen in Haiti
erfahren würden, was mit Verrätern passiert. Das Loch in Claudines Stirn diente
dazu, ihr die Erinnerung an den Mörder zu nehmen.«
    Gerade als etwas wie Mitgefühl in Nachtigall
aufsteigen wollte, setzte sie hinzu: »Ein spezieller Service – auch für mich. Ich
wollte nicht von ihr aus dem Reich der Toten belästigt werden.«
    Der Hauptkommissar atmete tief durch.
    »Nachdem Sie Claudine getötet hatten, durchsuchten
Sie ihre Tasche?«, fragte er

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